Bundesregierung tut viel zu wenig für Vorbereitung auf harten Brexit

Die Brexit-Verhandlungen stocken seit Monaten
Die Brexit-Verhandlungen stocken seit Monaten
Seit fast zwei Jahren läuft der Brexit-Prozess –  der 29. März, der Tag des EU-Austritts rückt näher. Die Debatte darüber treibt immer wildere Blüten. Nun will das Unterhaus in London nachverhandeln. Die EU bekräftigte umgehend ihre bisherige Haltung: Nachverhandlungen sind ausgeschlossen. Für den FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff ist das Ganze nur noch ein Debakel mit Ansage. May und das britische Parlament befänden sich auf dem Holzweg. „Die Bundesregierung muss Deutschland jetzt endlich so umfassend auf den harten Brexit vorzubereiten wie Frankreich das schon lange tut“, mahnt der FDP-Fraktionsvize.

Forderungen nach Nachverhandlungen mit der EU sieht er skeptisch — und nennt Bedingungen: „Für einen möglichen Aufschub des Brexits muss Großbritannien deutlich kommunizieren, ob es noch Teil der Zollunion sein will, ob es noch eine Chance für das mit der EU ausverhandelte Abkommen gibt oder ob es vielleicht sogar doch noch Vollmitglied der EU bleiben will“, reagiert er auf lautgewordene Vorschläge aus London. Die Bundesregierung müsse klarmachen, dass eine Fristverlängerung nur unter diesen Voraussetzungen möglich sei. „Andernfalls müsste auf der Insel eine Europawahl stattfinden, ohne dass es Klarheit gibt. Das wäre eine abwegige Situation, die keinem in den anderen 27 Mitgliedstaaten zugemutet werden darf.“

Bundesregierung lässt Unternehmen im Regen stehen

Zugleich signalisiert er die Bereitschaft, den Briten entgegenkommen zu wollen: „Die FDP-Fraktion befürwortet eine gewisse zeitliche Flexibilität, wenn es etwas Neues und Zielführendes zu verhandeln gibt.“ Das von den Tories angerichtete parlamentarische Chaos könne und dürfe nicht der einzige Grund für eine Verschiebung sein. Lambsdorff geht aber schon heute fest von einem ungeordneten Brexit aus.

Er kritisiert, dass die Bundesregierung dafür keinen Notfallplan hat - ähnlich wie in Frankreich: „Die Bundesregierung muss sagen: Was ist geplant, was passiert in Bezug auf Aufenthaltstitel, binationale Ehen, Rentenzahlungen und so weiter.“ Großbritannien sei möglicherweise ab dem 30. März ein Drittland und damit würden Zollformalitäten fällig. Viele Unternehmen, die im Binnenmarkt tätig sind, haben gar keine Abteilung mehr dafür. Die Bundesregierung lässt sie im Regen stehen.

Auch Chancen im Brexit

Man müsse den Briten nun einerseits signalisieren: „Ihr seid uns willkommen, wenn ihr den Antrag auf Austritt zurückzieht.“ Das sei die beste Lösung. Die zweitbeste Lösung wäre, Großbritannien bewege seine rote Linien, bleibe zum Beispiel in der Zollunion. Und die dritte Lösung, das ist der harte Brexit, der kann tatsächlich kommen und auf den müssen wir uns parallel vorbereiten.

Lambsdorff sieht aber durchaus auch Chancen im Brexit, gerade was Fragen der Sicherheit angeht: „Großbritannien war immer ein Bremser bei Fragen der gemeinsamen Sicherheit in der Europäischen Union. Wir können mit Europol mehr machen gegen den Terrorismus, wir können mit FRONTEX unsere Außengrenzen besser schützen, wir können sogar in der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Fortschritte machen.“