Die Covid-19-Pandemie ist eine unbekannte Herausforderung, die unser Land nahezu unvorbereitet getroffen hat. Wir haben unser Land heruntergefahren. Wir haben Grundrechte, Grundfreiheiten eingeschränkt wie zu keinem Zeitpunkt zuvor in der Geschichte unseres Landes. Das alles haben wir Freie Demokraten mitgetragen. Nun sind einige Wochen ins Land gegangen. Nun wissen wir mehr. Nun ist das Land weiter.
Und: Die Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Zustandes insgesamt und die Zweifel an der Geeignetheit einzelner Maßnahmen sind ebenfalls gewachsen. Jetzt muss darüber gesprochen werden, wie wir Gesundheit und Freiheit besser miteinander vereinbaren als in den vergangenen Wochen. Gesundheit und Freiheit müssen auch in Zeiten von Corona keine Gegensätze sein.
Wir brauchen den bestmöglichen Gesundheitsschutz. Der liegt aber nicht darin, alles zu schließen. Die Bekämpfung der Corona-Pandemie muss mit verhältnismäßigen Maßnahmen erfolgen.
Hinzu kommt: Der Bund erwartet für 2020 einen Einbruch des Wirtschaftswachstums um 6,3 Prozent. So stark ist das Bruttoinlandsprodukt in der Nachkriegsgeschichte in keinem Jahr geschrumpft – nicht einmal während der Weltfinanzkrise. Die Corona-Pandemie trifft die Exportnation Deutschland mit voller Wucht. Die Bundesregierung muss nun Gegenmaßnahmen ergreifen, um die Konjunktur synchron mit Lockerungen wieder anzukurbeln: nicht durch Besteuerung der Substanz, sondern durch substantielle Entlastung.
Wir fordern eine alternative Krisenstrategie und eine schnellere Öffnung des Landes:
- Sofortige Liquidität durch negative Gewinnsteuer: Die Finanzämter können Steuervorauszahlungen zurückerstatten und Steuergutschriften überweisen. Nach Ablauf dieses Jahres kann über eine spitze Abrechnung der Verlust des Jahres mit den Gewinnen des letzten Jahres verrechnet werden.
- Substanz unserer Wirtschaft erhalten: Gute Investitionsbedingungen im Inland – z.B. mit verbesserten Abschreibungsbedingungen, Entlastung für Arbeitnehmer und Unternehmen – z.B. durch die vollständige Abschaffung des Soli rückwirkend zum 1.1.2020.
- Verzicht auf die 800-Quadratmeter-Regel: Entscheidend für Handel, Dienstleistung, Gastronomie und Produktion sollten Konzepte für Hygiene und Abstandsregeln sein.
- Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie: War schon vor Corona sinnvoll und überfällig. Allerdings können keine Staatshilfen und keine Entlastung eine dauerhafte Schließung kompensieren.
- Schrittweise Öffnung der Schulen: Gesundheitsschutz und Bildung dürfen sich nicht ausschließen. Es gab Wochen Zeit dafür, praktikable Lösungen zu finden. Es geht hier auch um Bildungsgerechtigkeit.
- Bei Kita-Öffnungen regional unterschiedliche Entwicklungen der Pandemie berücksichtigen: Höhere Infektionszahlen in Bayern oder Baden-Württemberg dürfen andere Länder nicht bei der Öffnung der Kitas bremsen.
- Engere zeitliche Taktung der Beratungen über mögliche Lockerungen der Corona-Auflagen – z.B. wöchentlich - und mehr Verlässlichkeit beim Umsetzen von Ankündigungen.
- Einsetzen eines „interdisziplinären Expertenrates“ bestehend aus Virologen, Ökonomen und Staatsrechtlern.
- ‚Corona-Apps‘: Mehr Tempo beim Entwickeln von freiwilligen Tracing- oder Immun-Apps und anderen digitalen Instrumenten, zentrale Koordinierung und stärkere Einbindung der digitalen Wirtschaft/Start-up-Community.
- Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseinschränkungen permanent überprüfen und hinterfragen: Der Staat bleibt auch in der Krise in der Begründungspflicht, warum er die Freiheit seiner Bürger einschränkt.
Die Infektionsketten zu unterbrechen, ist erforderlich. "Aber irgendwann werden wir auch die Interventionsketten in unserer freiheitlichen Wirtschaftsordnung unterbinden müssen. Denn der Staat ist mit Sicherheit nicht der bessere Unternehmer. An dieser Einsicht hat sich auch nach Corona nichts verändert", sagt Christian Lindner.
Der aktuelle Zustand verlangt uns allen viel ab. Wir wollen frei sein. Er passt nicht zu den Werten einer offenen und freiheitlichen Gesellschaft. Er ist eine Gefahr für den sozialen Frieden, weil schon in der allernächsten Zeit die Akzeptanz der Menschen sinken könnte. Er ist eine Gefahr für unser wirtschaftliches Leben, weil irgendwann der ökonomische Schaden irreparabel sein könnte. Sobald wir bei der Eindämmung Erfolge sehen, muss es deshalb darum gehen, diesen Zustand weiterhin Schritt für Schritt, aber so schnell wie möglich zu überwinden. Für uns als Freie Demokraten ist es wichtig, dass mit aller Kraft an Auswegen aus der akuten Krise gearbeitet wird. Nur in einem freiheitlichen und deshalb marktwirtschaftlichen System gibt es viele Chancen, als Gesellschaft über sich selbst hinauszuwachsen.
Die Weltwirtschaft und die soziale Marktwirtschaft in Deutschland stehen vor großen Aufgaben – von der Nutzung der Chancen der Digitalisierung über die Schaffung von Zugängen zu Aufstieg, Bildung und Vermögen für noch mehr Menschen bis hin zur Veränderung von industriellen Wertschöpfungsketten mit Blick auf den Klimaschutz. Wir müssen um die besten Konzepte für diese Themen ringen.