Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e.V. - BIVA -

Was wird Ihre Partei unternehmen, um die Pflegeversicherung weiterzuentwickeln und eine flexible Nutzung von Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege zu ermöglichen?

Wir Freie Demokraten setzen uns für eine nachhaltige, generationengerechte Finanzierung der Pflege ein. An der Pflegeversicherung als Teilleistung ist festzuhalten und sie ist zudem durch Kapitaldeckungselemente zu ergänzen. Wir wollen wir ein Drei-Säulen-Modell für die Pflege einführen – bestehend aus der sozialen Pflegeversicherung sowie aus privater und betrieblicher Vorsorge. Insbesondere der Ausbau von betrieblichen Modellen zur Pflegezusatzvorsorge ist zu unterstützen.

Kurzzeit- und Verhinderungspflege sind wichtige Instrumente, um Pflegebedürftige individuell zu unterstützen und pflegende Angehörige zu entlasten. Dazu fehlt es derzeit an ausreichend Angeboten. Diesem Umstand muss durch eine wirtschaftlich tragfähige Vergütung von Kurzzeitpflegemaßnahmen, die die erhöhten Pflege- und Verwaltungsaufwände berücksichtigt, entgegengewirkt werden. Leistungen der Kurzzeit- und Verhinderungspflege sollten außerdem zusammengeführt werden, um Bürokratie abzubauen und eine flexible Inanspruchnahme zu ermöglichen. Durch ein bundesweites Online-Register sollen verfügbare Kurzzeitpflege-Plätze für pflegende Angehörige leicht einsehbar sein.

Welche Maßnahmen werden Sie umsetzen, um den Personalmangel in der ambulanten und stationären Pflege zu beheben?

Wir müssen mehr Menschen für den Pflegeberuf begeistern. Dazu müssen die Arbeitsbedingungen über eine angemessene Vergütung hinaus verbessert werden. Durch einen umfassenden Bürokratieabbau und die Nutzung digitaler Potentiale entlasten wir Pflegekräfte von Routine- und Dokumentationsaufgaben und ermöglichen wieder mehr Zeit für pflegerische Arbeit und Zuwendung. Eine bedarfsgerechte Personalplanung und die Eröffnung von Karrierechancen machen den Pflegeberuf attraktiver. Außerdem muss die Pflegeausbildung reformiert werden: Mit mehr digitalen Inhalten, der Stärkung der pflegerischen Kompetenzen und unterschiedlichen Ausbildungspfaden mit einer leistungsgerechten Durchlässigkeit modernisieren wir die Pflegeausbildung und machen sie für junge Menschen interessanter.

Wird Ihre Partei sich für eine Verringerung des von Pflegebedürftigen zu tragenden Eigenanteils einsetzen und wenn ja, wie?

Der Eigenanteil wird für Pflegebedürftige eine immer größere Belastung. Eine pauschale Deckelung des Eigenanteils ist aber nicht der richtige Weg, um für eine echte Entlastung zu sorgen. Die entsprechende Reform ist eine Mogelpackung, denn die Übernahme wird durch bisher nicht gegenfinanzierte Steuermittel geleistet. Dieser neue Ausgabenposten wird ohne massive Steuererhöhungen nicht zu finanzieren sein. Statt den Eigenanteil in der aktuellen Höhe zu deckeln und die Differenz mit Steuergeld querzufinanzieren, sollte der Eigenanteil durch Strukturreformen gesenkt werden. Außerdem sollten die Bedingungen für private Alters- und Pflegevorsorge verbessert werden. So bleiben mehr Mittel zur passgenauen Unterstützung derer, die private Vorsorge nicht leisten können.

Durch welche Maßnahmen planen Sie, die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu verbessern?

Neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf müssen wir auch Konzepte zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf vorantreiben. Dazu fordern wir Freie Demokraten mehr Flexibilität im Arbeitszeitgesetz und eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit. Um mobile Arbeit und Home Office leichter zu ermöglichen, soll ein Rechtsanspruch auf Erörterung der Möglichkeiten des mobilen Arbeitens eingeführt werden. Außerdem soll für Home Office das Arbeitsschutzgesetz und nicht die Arbeitsstättenverordnung gelten. Begrenzte berufliche Auszeiten, etwa zur Pflege von Angehörigen, sollen leichter möglich sein.

Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass Kurzzeitpflegeplätze flächendeckend ausgebaut werden, um die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf besser zu fördern. Eine Umwidmung von Krankenhausbetten zu Kurzzeitpflegeplätzen würde gerade pflegende Angehörige für die Kurzzeitpflege entlasten.

Unterstützt Ihre Partei die Einführung einer Lohnersatzleistung, also einer Pflegezeit anlog zur Elternzeit?

Die pflegenden Angehörigen sind mit ihrem Einsatz eine tragende Säule der pflegerischen Versorgung in Deutschland. Dafür müssen sie aktuell auch mit beruflichen Nachteilen rechnen. Die Pflege-Darlehen nach dem Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz gehen angesichts der niedrigen Inanspruchnahme an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbei. Wir müssen die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf durch flexible Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle erleichtern. Außerdem müssen pflegende Angehörige entlastet werden, etwa durch den Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen, niedrigschwellige Beratungsangebote und den Einsatz von telepflegerischen Anwendungen.

Viele Betroffene nehmen eine 24-Stunden-Betreuung durch meist osteuropäische Hilfskräfte in Anspruch, für die es aber bislang keine spezielle gesetzliche Regelung gibt. Welche Gesetzesinitiativen planen Sie zur Verbesserung der Situation in der 24-Stunden-Betreuung?

Viele Pflegebedürftige und pflegende Angehörige nehmen die Hilfe von häuslichen Betreuungskräften in Anspruch, um in der vertrauten Umgebung bleiben und Pflege und Beruf vereinbaren zu können. Die Betreuungskräfte leisten damit einen wichtigen Beitrag zum selbstbestimmten Alltag der Pflegebedürftigen und zur Entlastung der stationären Pflege. Häufig finden die Anstellungen aber im Grau- oder Schwarzbereich statt. Wir wollen Möglichkeiten prüfen, um die Beschäftigungsverhältnisse für die Betreuungskräfte, Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen rechtssicher zu machen.

Mit welchen Maßnahmen wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass Angehörigenvertretungen und Selbsthilfegruppen bei Entscheidungen zur pflegerischen Versorgung mehr Mitspracherechte erhalten?

Angehörigenvertretungen und Selbsthilfegruppen geben wichtige Einblicke in die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen. Bei Entscheidungen zur pflegerischen Versorgung sollten ihren Stimmen in einem angemessen Rahmen Gehör verschafft werden.

Gesundheitliche Krisen, aber auch Naturkatastrophen und andere Notlagen können die nationale Gesundheitssicherheit gefährden. Wie will Ihre Partei den Katastrophenschutz und vor allem das Krisenmanagement in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen verbessern?

Bereits 2012 wurde vom damals FDP-geführten Gesundheitsministerium eine Risikoanalyse zum Bevölkerungsschutz im Falle einer Pandemie durchgeführt. Zu einer Umsetzung der Empfehlungen konnte es durch das Ausscheiden aus der Regierungskoalition nicht mehr kommen. Die Lehren daraus bleiben weiterhin aktuell. Durch eine transparente parlamentarische Aufarbeitung des Pandemiemanagements wollen wir weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Krisenmanagements im Gesundheits- und Pflegebereich anstoßen.

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