pro familia Bundesverband

Was planen Sie, um weiterhin digitale und analoge Beratungsangebote wie zum Beispiel die telefonische und videobasierte §219-Beratung nach Ende der Pandemie dauerhaft zu gewährleisten?

Wir treten dafür ein, dass betroffenen Frauen ein flächendeckendes und objektives Beratungsnetzwerk zur Verfügung steht. Die Konfliktberatung sollte unserer Ansicht nach dauerhaft auch online durchgeführt werden können.

Wie wollen Sie mit den Belagerungen der Gegnerschaft sexueller und reproduktiver Selbstbestimmung vor gesetzlich anerkannten §219 Beratungsstellen, vor Arztpraxen und Kliniken umgehen? Was werden Sie unternehmen, um den Zugang ohne Gehsteigbelästigung sicherzustellen?

Wir Freie Demokraten fordern seit langem die ersatzlose Streichung des § 219a StGB. Die Versuche der Großen Koalition, die Vorschrift anzupassen und dadurch zu entschärfen, sind fehlgeschlagen. Frauen werden sachliche Informationen weiterhin verwehrt. Hinzu kommt, dass viele Ärztinnen und Ärzte aus Angst vor öffentlicher Anfeindung von teils militanten Abtreibungsgegnern nicht öffentlich gelistet werden möchten. Dies ist nachvollziehbar, verschärft aber die Situation für Frauen, die unter emotionalem Druck nach seriöser Beratung suchen. Keine Frau, die sich in einer schwierigen Lage und Ausnahmesituation die Frage stellt, ob sie ein Kind austragen möchte oder nicht, wird sich diese Entscheidung leichtmachen. Umso wichtiger ist es, dass Ärztinnen und Ärzte klare Regeln haben, wie sie informieren dürfen und Frauen ein flächendeckendes und objektives Beratungsnetzwerk zur Verfügung steht. Eine Konfliktberatung soll auch online durchgeführt werden können. Ein schneller, einfacher und ungehinderter Zugang zu seriöser Beratung und Information muss sichergestellt werden. Schutzzonen vor bestimmten Einrichtungen oder Auflagen etwa für sog. Mahnwachen können geeignete Mittel sein und sollten im Einzelfall in Erwägung gezogen werden. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte in einer Reihe von Entscheidungen, dass die Gegner von Abtreibungen die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten hätten. 

Die anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen werden derzeit zu 80% von den Bundesländern gefördert. Setzen Sie sich für eine 100% Förderung der Schwangerschaftsberatungsstellen ein und wenn ja, wie?

Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen ein flächendeckendes und objektives Beratungsnetzwerk zur Verfügung steht. Dabei wollen wir auch die Weiterentwicklung der Finanzierungsfragen prüfen.

Welche Reformen würden Sie in einem neuen Reproduktionsmedizingesetz anstreben (z.B. Nachbesserung beim Samenspenderregister, altruistische Eizell- und Embryonenspende)?

Familie ist für uns überall dort, wo Menschen dauerhaft und verbindlich Verantwortung füreinander übernehmen - unabhängig von der Art und Weise des Zusammenlebens oder der Zeugung. 

Die Fortpflanzungsmedizin hat in den letzten Jahren riesige Fortschritte gemacht. Verfahren, die anfangs vielleicht noch risikobehaftet waren, haben sich zwischenzeitlich etabliert. Allerdings ist die Inanspruchnahme von einigen reproduktionsmedizinischen Verfahren für Menschen und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch derzeit nicht möglich. Denn das Embryonenschutzgesetz verbietet die Anwendung und Nutzung solcher Verfahren.  

Wir Freie Demokraten wollen deshalb ein modernes Fortpflanzungsmedizingesetz. Wir fordern die Legalisierung der Eizellspende sowie die Klarstellung, dass die Embryonenspende zulässig ist. Wir wollen außerdem die nichtkommerzielle Leihmutterschaft unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen und fordern hierfür einen klaren Rechtsrahmen. Die Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin sollen allen Menschen unabhängig vom Familienstand und der sexuellen Orientierung zugänglich sein.

Planen Sie die Streichung des §218 aus dem Strafgesetzbuch und eine gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs oder können Sie sich vorstellen, eine solche Initiative zu unterstützen?

Die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen wird von der Rechtsordnung unter den Bedingungen der §§ 218a ff. StGB toleriert. Dieser Kompromiss ist das Ergebnis einer langen gesellschaftlichen Diskussion und sollte aus Sicht der Freien Demokraten in seiner Grundkonstruktion auch nicht angetastet werden. Keine Frau, die sich in einer schwierigen Lage und Ausnahmesituation die Frage stellt, ob sie ein Kind austragen möchte oder nicht, wird sich diese Entscheidung leichtmachen. Umso wichtiger ist es, dass Ärztinnen und Ärzte klare Regeln haben, wie sie informieren dürfen und Frauen ein flächendeckendes und objektives Beratungsnetzwerk zur Verfügung steht.

Wie werden Sie den Zugang zu Informationen zum Schwangerschaftsabbruch sicherstellen? Werden Sie sich für eine ersatzlose Streichung des §219a StGB einsetzen?

Wir Freie Demokraten fordern, Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs (StGB) ersatzlos zu streichen. Ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland nach der Maßgabe der Paragrafen 218 ff. StGB straffrei. Die sachliche Information darüber kann daher kein strafbares Unrecht sein. Frauen sind vielmehr in einer schwierigen Lage auf genau diese Informationen angewiesen, um schnell Zugang zu einer seriösen Beratung gerade durch Ärztinnen und Ärzte zu erhalten, die den Eingriff selbst anbieten. Es ist wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte verlässliche Regeln haben, wie sie informieren dürfen und Frauen ein flächendeckendes und objektives Beratungsnetzwerk zur Verfügung steht. Eine Konfliktberatung sollte auch online durchgeführt werden können.

Was werden Sie tun, um zumindest für Menschen mit wenig Einkommen einen kostenfreien Zugang zu allen Verhütungsmitteln zu garantieren?

Wir Freie Demokraten setzen uns für einen qualitäts-, effizienz- und innovationssteigernden Wettbewerb unter den Kassen ein. Diese sollen ihren Versicherten freiwillig zusätzliche Leistungen anbieten können, wie beispielsweise die Kostenübernahme für Verhütungsmethoden über das 22. Lebensjahr hinaus.

Planen Sie eine dauerhafte Reform des Kinderzuschlags, der die Bemessung des Kinderzuschlages auch künftig anhand der gegenwärtigen Einkommenssituation möglich macht und damit der aktuellen Hilfebedürftigkeit der Familien gerecht wird?

Um Kinder in einkommensschwachen Familien zu unterstützen, wollen wir das Kinderchancengeld einführen. Es besteht aus einem Grundbetrag, einem einkommensabhängigen Flexibetrag und dem nichtmateriellen Chancenpaket. Die Angebote für bessere Chancen, Bildung und Teilhabe werden ausgeweitet und können von Kindern und Jugendlichen selbstständig über ein Kinderchancenportal kinderleicht abgerufen werden. Damit der Zugang zu Familienleistungen so einfach und schnell wie möglich wird, sollten die Verwaltungsabläufe bei Beantragung und Berechnung digitalisiert werden. Denn beim Elterngeld und anderen Leistungen dauern die Abläufe derzeit zu lange, was für viele Eltern ein erhebliches finanzielles Risiko bedeutet.  Wir wollen außerdem Familien und Alleinerziehende entlasten, indem wir den Kinder- und Auszubildendenfreibetrag sowie den Freibetrag für Alleinerziehende anheben. Auch die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten, gesetzlichen Unterhaltsleistungen und haushaltsnahen Dienstleistungen wollen wir verbessern.  Im Übrigen muss die Kinderbetreuungsinfrastruktur noch weiter ausgebaut und die Betreuungszeiten flexiblilisiert werden.

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