FSI - Forum Soziale Inklusion e. V.

Politik und Zivilgesellschaft In Deutschland ist eine zunehmende Kluft zwischen Politik und Zivilgesellschaft wahrnehmbar. Werden Sie sich zukünftig für eine konsequente Einbindung der Zivilgesellschaft in den politischen Prozess durch ausgewogene Einladung von Betroffenenverbänden einsetzen?

Wir Freie Demokraten bekennen uns zur repräsentativen Demokratie. Die zentralen Orte der Diskussion und Entscheidung sind unsere Parlamente. Auch die repräsentative Demokratie gewinnt aber durch neue Instrumente der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger außerhalb von Wahlen. Entscheidender Adressat und Auftraggeber für mehr Bürgerbeteiligung sind für uns daher die Parlamente, etwa durch die Möglichkeit der Bürgerberatung durch Hausparlamente, die Erweiterung des Petitionsrechts um das „Bürgerplenarverfahren“ oder durch per Zufallsauswahl besetzte Bürgerräte. Stets muss dabei unmissverständlich klargestellt sein, dass nur das Parlament legitimierte Entscheidungen trifft, der Beratungsauftrag klar eingegrenzt und die Erwartungen klar definiert sind. Der Deutsche Bundestag sollte zudem auf Open-Source-Basis eine digitale Plattform mit einer Vorhabenliste einrichten, die staatliche Behörden und Einrichtungen verpflichtet, ihre Pläne und Abwägungen künftig im Sinne echter Informationsfreiheit zu dokumentieren sowie der öffentlichen Kommentierung zugänglich zu machen.

Wir Freie Demokraten stärken die Bedeutung der Wissenschaften für eine sachliche Meinungsbildung in der Öffentlichkeit. Wir bekennen uns zum wichtigen Beitrag der Wissenschaften in demokratischen Beratungsprozessen, um faktenbasierte, redliche und vernünftige Entscheidungen zu ermöglichen. In unserer lernenden Demokratie sind wissenschaftliche Erkenntnisse eine unverzichtbare Grundlage, aber niemals ein Ersatz von politischer Debatte, Entscheidung und politischem Interessenausgleich. Als Beitrag zur Versachlichung öffentlicher Meinungsbildung schlagen wir vor, Expertinnen- und Experten-Anhörungen in Parlamenten regelmäßig öffentlich zu übertragen. Das gilt auch für Anhörungen von Enquete-Kommissionen.

 

Zeitgemäße Geschlechterpolitik „Zeitgemäße Geschlechterpolitik legt den Fokus gleichberechtigt auf die Belange von Frauen UND Männern sowie von (getrennt erziehenden) Müttern UND Vätern.“ Wird Ihre Partei sich für diesen zeitgemäßen Politikansatz einsetzen?

Selbstverwirklichung muss für alle Menschen möglich sein – unabhängig vom Geschlecht. Die Realität sieht leider viel zu oft anders aus. Wir wollen, dass alle Eltern frei entscheiden können, welches Arbeitsmodell sie wählen. Damit Väter und Mütter Beruf und Familie besser vereinbaren können, wollen wir flexible Angebote zur Kinderbetreuung fördern. Ebenso fordern wir gleiche Rechte für beide Geschlechter für getrennt erziehende Mütter und Väter. Wir fordern außerdem gleiche Bezahlung für gleiche und gleichwertige Leistung von Frauen und Männern. Ebenso setzen wir uns für mehr Frauen in Führungspositionen ein.

Die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf wollen wir ebenfalls verbessern. Dazu wollen wir Betriebskindergärten auch steuerlich fördern, den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung auch in der Praxis und perspektivisch ab dem Ende des Mutterschutzes garantieren, die Betreuungszeiten flexibilisieren und die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten ermöglichen.

Zeitgemäßes Familienrecht Junge Familien wünschen sich Partnerschaftlichkeit in der Aufteilung von Betreuung und Unterhalt für ihre Kinder – auch in Trennungsfamilien. Wird Ihre Partei im Familienrecht „Beide betreuen - beide bezahlen“, nach jeweiliger Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit,verankern?

Wir Freie Demokraten wollen das sogenannte „Wechselmodell“ zum gesetzlichen Leitbild bei der Betreuung minderjähriger Kinder nach einer Trennung der Eltern machen. Beide Eltern sollten berechtigt und verpflichtet sein, sowohl für den Unterhalt als auch für die Betreuung mit einem substantiellen Anteil zu sorgen. Viele Eltern möchten die Kinder auch nach der Trennung gemeinsam erziehen. Die Politik muss die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfür schaffen und insbesondere vorsehen, dass Erziehungs- und Unterhaltsverantwortung gemeinschaftlich ausgeübt werden, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegensteht. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat darüber hinaus einen “10-Punkte-Plan für ein modernes Familienrecht” mit weiteren Forderungen formuliert.

 

 

Zeitgemäße Statistikerhebung Aktuell kann das Statistische Bundesamt Trennungsfamilien nur zur Hälfte erfassen: den Haushalt, in dem das Kind gemeldet ist. Wird Ihre Partei das Microzensusgesetz dahingehend verändern, dass zukünftig beide Haushalte der Trennungseltern statistisch erfasst werden?

Gemäß dem sogenannten „Wechselmodell“, das wir zum gesetzlichen Leitbild bei der Betreuung minderjähriger Kinder nach einer Trennung der Eltern machen wollen, können Kinder zwei Lebensmittelpunkte haben. Politik muss die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfür schaffen. Es erscheint daher auch sinnvoll, diese Realität im Rahmen statistischer Erhebungen zu berücksichtigen, um eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage für politische Entscheidungen zu schaffen.

 

 

 

Zeitgemäßes Melderecht Heute können Kinder in Trennungsfamilien melderechtlich nur in einem Haushalt angemeldet sein. Wird Ihre Partei das Melderecht dahingehend anpassen, dass zukünftig Kinder in Trennungsfamilien in beiden Haushalten gemeldet sein werden?

Das deutsche Melderecht kennt nur einen Hauptwohnsitz. Denkt man unsere Familienrechtspolitik jedoch zu Ende, stellt das Melderecht eine faktische Beeinträchtigung dar. Insbesondere im Falle des Wechselmodells kann ein Kind zwei Hauptwohnsitze haben. Für uns Freie Demokraten ist wichtig, dass unsere Projekte in der Praxis bestmöglich umgesetzt werden können. Deshalb müssen auch die Auswirkungen des Wechselmodells im Recht abgebildet werden. Dementsprechend bedarf es einer genauen Überprüfung aller Bereiche, die durch die Einführung des Wechselmodells als Leitbild tangiert werden; auch des Melderechts. Weitere Bereiche hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag in einer Initiative festgehalten (vgl. Getrennt leben ‒ Gemeinsam erziehen: Familienrechtliches Wechselmodell als Regelfall einführen BT-Drs.-191175).

Staatliche Leistungen und Trennungsfamilien Aktuell fokussiert das Steuer- und Sozialrecht nur auf einen Haushalt in Trennungsfamilien. Wird Ihre Partei zukünftig staatliche Leistungen (Kindergeld, Betreuungsfreibetrag u. ä.) auf beide Haushalte in Trennungsfamilien aufteilen?

Im Zuge der Einführung des „Wechselmodells“ ist zu prüfen, inwieweit die Mehrbedarfe multilokaler Trennungsfamilien sowohl steuerlich als auch bei dem Bezug von Sozialleistungen berücksichtigt werden könnten (vgl. BT-Drs.-19/1175). Zudem wollen wir Freie Demokraten ein Kinderchancengeld. Es besteht aus: Grundbetrag, Flexibetrag und nichtmateriellem Chancenpaket. Die Angebote für bessere Chancen, Bildung und Teilhabe werden ausgeweitet und können von Kindern und Jugendlichen selbstständig über ein Kinderchancenportal kinderleicht abgerufen werden. Das Kinderchancengeld ist einfach, digital und ermöglicht echte Aufstiegschancen. Familien und Alleinerziehende wollen wir entlasten. Dazu wollen wir den Kinder- und Auszubildendenfreibetrag sowie den Freibetrag für Alleinerziehende anheben. Auch die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten, gesetzlichen Unterhaltsleistungen und haushaltsnahen Dienstleistungen wollen wir verbessern.

Zeitgemäßes Abstammungsrecht Wird Ihre Partei sich für ein zeitgemäßes Abstammungsrecht einsetzen, das sich an Abstammung orientiert und dabei nicht eine Erwachsenen-, sondern die Kindersicht priorisiert? Werden Sie dabei Mutterschaft und Vaterschaft über biologische Abstammung gleichbehandeln?

Wir Freie Demokraten setzen uns für ein zeitgemäßes Abstammungsrecht ein, dass die vielfältigen Arten des familiären Zusammenlebens respektiert. Für uns ist Familie nicht nur eine klassische Vater, Mutter, Kind-Konstellation, sondern überall dort wo Menschen dauerhaft und verbindlich Verantwortung füreinander übernehmen. Natürlich muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass kein leiblicher Elternteil auf dem Rücken der Kinder qua Gesetz benachteiligt wird. Dennoch treten wir dafür ein, dass bereits gelebte mehrelternschaftliche Konstellationen rechtlich abgebildet werden. Ebenso die Mit-Mutterschaft. Deshalb wollen wir Freie Demokraten die Mehrelternschaften rechtlich anerkennen und rechtswirksame Elternschaftsvereinbarungen bereits vor der Empfängnis ermöglichen. Bis zu vier Elternteile sollen im Interesse des Kindeswohls rechtliche Eltern sein können. Eine Überforderung des Kindes im Erwachsenenalter kann durch Quotierungen von unterhaltsrechtlichen Ansprüchen vermieden werden. Die Ehefrau der leiblichen Mutter soll von Geburt an automatisch rechtlich zweite Mutter sein, wenn das Kind mit Hilfe einer nicht-gerichteten Samenspende gezeugt wurde oder der leibliche Vater anderweitig Einvernehmen erklärt hat.

Faire Aufteilung Fördergelder Aktuell fördert der Staat vor allem Frauen- und Mütterverbände finanziell; authentische Männer- und Väterverbände erhalten keine Förderung. Werden Sie sich zukünftig für eine faire und paritätische Aufteilung der Zuwendungen an Frauen- UND Männerverbände einsetzen?

Wir Freie Demokraten stehen für eine Politik der Gleichberechtigung für Frauen und Männer. Eine faire Verteilung der Zuwendungsmittel bedeutet aber in erster Linie nicht, dass jeder gleich vom Haushalt profitiert, sondern dass dort mehr Geld hinfließt, wo der meiste Bedarf besteht und die Probleme am akutesten sind.

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