Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V.

Auf EU-Ebene wird über eine europäische Einlagensicherung diskutiert. Als BVR sehen wir die Gefahr, dass bewährte Systeme, wie die Institutssicherung der deutschen Genossenschaftsbanken, ausgehöhlt werden. Wie positioniert sich Ihre Partei zu EDIS und der Reform der Abwicklungssystematik?

Wir Freie Demokraten wollen, dass die EU-Vorschriften zu Aufbau und Stärkung nationaler Einlagensicherungssysteme eingehalten werden, damit Risiken in den Bilanzen der Banken dort abgebaut werden, wo sie eingegangen werden. Solange die Banken Europas nicht stabilisiert sind, wären ansonsten die Sparerinnen und Sparer in Ländern mit stabileren Bankensystemen die Leidtragenden. Die Schaffung einer einheitlichen europäischen Einlagensicherung (EDIS) lehnen wir Freie Demokraten ab. Nach unserer festen Überzeugung würde EDIS keinen Zusatznutzen für die Finanzstabilität bringen, sondern vielmehr die bewährten Sicherungssysteme der Sparkassen und Volksbanken in Deutschland gefährden.

Finanzmarktregulierung, die sich nicht am Prinzip der Proportionalität ausrichtet, belastet kleinere Institute deutlich stärker als Großbanken. Wo sieht Ihre Partei die Schwerpunkte der Finanzmarktregulierung in der nächsten Wahlperiode und wie soll eine proportionale Regulierung umgesetzt werden?

Wir Freie Demokraten unterstützen den durch das Bankenpaket auf EU-Ebene eingeschlagenen Weg der Entlastung insbesondere kleinerer und mittlerer Banken und wollen diesen konsequent weiter beschreiten. In einem ersten Schritt braucht es auf nationaler Ebene nicht nur den politischen Konsens über das Unterlassen der „Übererfüllung“ von EU-Richtlinien („Gold-Plating"), sondern muss im Regierungshandeln auch beachtet und eingehalten werden. Daneben wollen wir darauf drängen, dass der der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority, EBA) übertragene Auftrag, den Meldeaufwand für kleinere und mittlere Banken um 20 Prozent zu senken, best- und schnellstmöglich erfüllt und umgesetzt. Weiter sollte geprüft werden, welche unter dem Eindruck der Corona-Pandemie aufsichtlich erlassenen Regulierungserleichterungen sich zur Bürokratieentlastung der Finanzinstitute besonders bewährt haben.

Das Drei-Säulen-Bankensystem bestehend aus Privatbanken, öffentlich-rechtlichen Banken und Genossenschaftsbanken ist Garant für Stabilität und einer leistungsfähigen Versorgung mit Finanzdienstleistungen in der Breite des Landes. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um dieses System zu erhalten?

Wir Freie Demokraten wollen die historisch gewachsene und bewährte Drei-Säulen-Struktur des deutschen Bankensystems erhalten und stärken. Wir treten für eine risikoorientierte Finanzaufsicht ein, die einerseits systemische Krisen verhindert, aber andererseits den Banken größtmöglichen Freiraum bei ihren geschäftspolitischen Entscheidungen belässt. Außerdem lehnen wir die „Übererfüllung“ von EU-Richtlinien(„Gold-Plating“) ab, da wir die heimischen Banken im europäischen und globalen Wettbewerb nicht schlechter stellen wollen.

Nachhaltigkeit gehört zum Geschäftsmodell der Genossenschaftsbanken. Wir unterstützen daher das Vorhaben, die Rahmenbedingungen für Sustainable Finance (SF) zu verbessern. Wie sollte SF regulatorisch umgesetzt werden, ohne KMU und besonders regionale Banken administrativ zu überfordern?

Wir Freie Demokraten wollen die von der EU festgelegten einheitlichen Kriterien für Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft, die Taxonomie, zu einem rein freiwilligen, dynamischen Ansatz von Nachhaltigkeit weiterentwickeln. So sorgen wir für mehr Tempo bei Innovationen. Anleger sollen gemäß ihren Vorstellungen in nachhaltige Anlageformen investieren können. Dazu wollen wir die Anlagemöglichkeiten für Kapitalsammelstellen in Wagniskapital und Infrastruktur öffnen, um den Weg hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu finanzieren. Ob und wie weit jede Anlegerin und jeder Anleger die weiterentwickelten „Environmental, Social and Governance“-Faktoren bei der Kapitalanlage berücksichtigen will, muss jeder oder jedem selbst überlassen bleiben. Vor dem traditionell starken Mittelstand in unserem Land liegen herausfordernde Zeiten mit viel Investitionsbedarf. Die Finanzinstitute spielen bei der Finanzierung dieser Modelle eine wichtige Rolle. In der Finanzaufsicht müssen langfristige Risiken konsequent berücksichtigt werden. Die Vergabe von Krediten darf aber nicht an eine politische Einteilung von Geschäftsfeldern gekoppelt werden. Die bürokratische und umstrittene Taxonomie der EU-Kommission, die den Status quo zementiert und in einem Streit über einen technokratischen Ansatz versinkt, lehnen wir in dieser Form ab. Sie würde zu einer weitreichenden, granularen industriepolitischen Steuerung führen, die einer marktwirtschaftlichen Ordnung wesensfremd ist. Daher muss sie insbesondere mit Blick auf ihre Mittelstandstauglichkeit weiterentwickelt werden.

Zu einem höchstmöglichen Qualitätsniveau in der Wertpapierberatung gehört auch, möglichst vielen Anlegern Zugang zu persönlicher Beratung zu eröffnen. Durch Provisionen halten die Banken dieses Angebot auch in den ländlichen Regionen aufrecht. Wie stehen Sie zur provisionsbasierten Beratung?

Wir Freie Demokraten wollen es den Anlegerinnen und Anlegern sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern überlassen, welche Form der Finanzberatung – die provisionsgestützte Beratung oder die Honorar-Beratung – sie bevorzugen. Die provisionsgestützte Beratung ist in Deutschland weit verbreitet und wird von den Anlegerinnen und Anlegern sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern weiterhin gut angenommen.

Der Aufschwung nach der Corona-Krise wird eine starke Kreditvergabe an Unternehmen erfordern. Wir plädieren für eine maßvolle und proportionale Umsetzung von Basel IV. Wie positioniert sich Ihre Partei zur Umsetzung von Basel IV?

Wir Freie Demokraten wollen die Kreditversorgung der europäischen und deutschen Unternehmen sowie der Bürgerinnen und Bürger erhalten und die Gefahr einer Kreditklemme für die Realwirtschaft oder im Privatbereich vermeiden. Daher sprechen wir uns dafür aus, im Zuge der – corona-bedingt aufgeschobenen – Finalisierung von Basel III final (Basel IV) die politische Zusage einzuhalten, die Kapitalanforderungen für die Banken nicht signifikant ansteigen zu lassen. Nach unserer Überzeugung bedarf es einer Anpassung des sogenannten output floor, aber auch der Fortgeltung bestehender und bewährter Regelungen (zum Beispiel Erhalt des KMU-Unterstützungsfaktors), um angemessen auf die Bedürfnisse der europäischen Bankenlandschaft einzugehen. 

Wichtige Staaten haben in den letzten Jahren ihre Unternehmensteuern gesenkt. In Deutschland liegt die letzte große Unternehmensteuer-Reform über zehn Jahre zurück. Will Ihre Partei die steuerlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern? Wenn ja, wie soll das aussehen?

Wir Freie Demokraten wollen die steuerliche Belastung von Unternehmen auf den OECD-Durchschnitt von rund 25 Prozent senken. Unser Ziel ist es, im Zuge der angestrebten Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa den deutschen Sonderweg der Gewerbesteuer zu beenden. Das heißt zugleich, dass die Finanzierung der Kommunen auf eine neue Grundlage gestellt werden muss – etwa durch einen kommunalen Zuschlag mit eigenem Hebesatzrecht auf die Körperschaftsteuer und auf die zuvor abgesenkte Einkommensteuer sowie einen höheren Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer. Zudem unterstützen wir Initiativen auf OECD- und G20-Ebene für eine globale Mindestbesteuerung für Unternehmen einsetzen. So sorgen wir für mehr Fairness im Wettbewerb zwischen großen internationalen Konzernen, die aggressive Steuervermeidung betreiben, und Mittelständlern.

Die Digitalisierung erfasst auch unser Währungssystem. Die EZB treibt Überlegungen zum digitalen Euro voran. Wie positioniert sich Ihre Partei zu einem digitalen Euro, der von der Europäischen Zentralbank herausgegeben wird? Welche Rolle soll dabei Banken zukommen?

Wir Freie Demokraten begrüßen Weiterentwicklungen und Innovationen im Bereich von Kryptowährungen. Mit dieser Entwicklungen werden auch die Notenbanken Schritt halten müssen.  Das hohe Interesse am öffentlichen Konsultationsverfahren der EZB zum digitalen Euro ist ein Beleg hierfür.

Wir Freie Demokraten setzen uns für die uneingeschränkte Nutzbarkeit von Bargeld als Zahlungsmittel ein. Daher wollen wir am Bargeld festhalten. Ein potentieller digitaler Euro sollte das Bargeld daher ergänzen, nicht jedoch ersetzen. Im Übrigen bleibt die endgültige Konzeption des digitalen Euro abzuwarten.

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