TU München, FAU Erlangen-Nürnberg

Sollte öffentlich geförderte Forschung generell öffentlich zugänglich sein, z. B. durch Open Access? Wie soll bei Open Access mit Urheber- und Verwertungsrechten umgegangen werden?

Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass Ergebnisse staatlich finanzierter Forschung grundsätzlich öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Dabei müssen Datenschutz und -sicherheit gewährleistet sein. Bei der Bereitstellung hochwertiger Daten für die kommerzielle Nutzung ist ein Lizenzsystem denkbar.

Welche Formen des Austauschs zwischen Wissenschaft und Gesellschaft sind hervorzuheben, wie kann Wissenschaftskommunikation gestärkt werden?

Wir Freie Demokraten werden darauf hinwirken, dass Wissenschaftskommunikation bei den Mitgliedern der Allianz der Wissenschaften und auch im Zusammenwirken mit den Ländern bei den Hochschulen zu einer prioritären Aufgabe wird. Einen konkreten Vorschlag hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag  vorgelegt (vgl. „Echte Wissenschaftskommunikation – Glaubwürdig und beteiligungsstark“ BT-Drs.-19/17517). Zur Verankerung tragfähiger Strukturen für die Wissenschaftskommunikation gehört, ihr in den einzelnen Instituten ausreichend Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Es gilt, durch Kooperationen zwischen Lehrstühlen und professionellen Kommunikationsagenturen zusätzliches Know-how in Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie deren Führungsakademien zu tragen, Wissenschaftskommunikation in Aufbaustudiengänge sowie promotionsbegleitend zu integrieren und damit Qualifizierungsangebote sicherzustellen. In Ausschreibungen von Forschungsvorhaben soll der Konzeption begleitender bzw. anschließender Wissenschaftskommunikation genügend zeitlicher und finanzieller Raum gegeben werden. Wir wollen die Forschung über Wissenschaftskommunikation fördern und gemeinsam mit den Ländern Forschungsstandorte für Wissenschaftskommunikation entwickeln. Daraus sollen – ebenso wie aus den Evaluationsergebnissen der laufenden Wissenschaftskommunikationsformate heraus – Qualitätskriterien für die Wissenschaftskommunikation entwickelt werden.

Welchen Einfluss sollen wissenschaftliche Erkenntnisse auf politische Entscheidungen haben, welche Rolle haben Wissenschaftler*innen dabei?

Wir Freie Demokraten stärken die Bedeutung der Wissenschaften für eine sachliche Meinungsbildung in der Öffentlichkeit. Wir bekennen uns zum wichtigen Beitrag der Wissenschaften in demokratischen Beratungsprozessen, um faktenbasierte, redliche und vernünftige Entscheidungen zu ermöglichen. In unserer lernenden Demokratie sind wissenschaftliche Erkenntnisse eine unverzichtbare Grundlage, aber niemals ein Ersatz von politischer Debatte, Entscheidung und politischem Interessenausgleich. Technokratische Vorstellungen von einer Herrschaft der Expertinnen und Experten sind zutiefst undemokratisch. Wir lehnen sie ab. Vielmehr dienen wissenschaftliche Beiträge der demokratischen Aufklärung von Fakten, Optionen und Szenarien. Fortschritt entsteht gerade auch aus Widerspruch, Zweifeln und kritischer Diskussion. Deshalb müssen wir die Wissenschaften vor Vermachtung und (Selbst-)Politisierung schützen. Als Beitrag zur Versachlichung öffentlicher Meinungsbildung schlagen wir vor, Expertinnen- und Experten-Anhörungen in Parlamenten regelmäßig öffentlich zu übertragen. Das gilt auch für Anhörungen von Enquete-Kommissionen. Die Vielfalt der Beiräte in der Bundespolitik wollen wir auf den Prüfstand stellen, um sie neu und sinnvoll an Kriterien der Versachlichung, der Transparenz und der Priorität der Beratung von Parlamenten, nicht von Regierungen, ausrichten zu können. In umstrittenen Fragen sollten verstärkt Verfahren der gemeinsamen Faktenklärung („Joint Fact Finding“) durchgeführt werden.

Für wie wichtig erachten Sie die Weiterentwicklung des europäischen Forschungsraums und des europäischen Hochschulraums? Wie stehen Sie zu europäischen Austauschprogrammen für Promovierende und in welcher Form wollen Sie diese gegebenenfalls fördern?

Wir Freie Demokraten wollen die existierenden exzellenten Forschungszentren in der EU stärker vernetzen. Denn wissenschaftliche Erkenntnisse haben keine Staatsbürgerschaft, sondern fördern den Fortschritt überall in unserer Gesellschaft und der Welt, wenn wir sie teilen. Im Haushalt der EU soll Forschung künftig ein stärkerer Förderungsschwerpunkt sein. Außerdem soll die EU bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit der Forschungszentren verstärkt unterstützen. Zudem fordern wir die Gründung einer European Digital University (EDU). In vorrangig digitalen Lehrformaten soll diese Dachorganisation in europäischer Trägerschaft Menschen in ganz Europa einen ortsunabhängigen Zugang zu den besten Lehrangeboten ermöglichen.

Wir wollen ein Europa des wissenschaftlichen Austausches schaffen. Im zunehmenden internationalen Wettbewerb können die Mitgliedstaaten der EU nur gemeinsam Spitzenreiter in Forschung und Innovation sein. Der Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern untereinander sowie mit Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Universitäten muss erleichtert werden. Die digitale Revolution schafft auch in der Wissenschaft neue Möglichkeiten. Auf Basis des europäischen Forschungs-Rahmen-Programms „Horizont Europa“ muss ein digitaler Austausch unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern jederzeit gewährleistet werden. Hierzu gehören die dezentrale Bereitstellung von Materialien für Open Data und die digitale Durchführbarkeit von PhD- oder anderen Forschungsprojekten. In diesem digitalen europäischen Netzwerk für Wissenschaft und Forschung muss der Schutz des geistigen Eigentums gewahrt bleiben. Gleichzeitig wollen wir die Verfügbarkeit von wissenschaftlichen Ergebnissen, die mehr als 50 Prozent durch europäische Forschungsförderung finanziert wurden, durch Open Access zum Standard machen. Schutz von geistigem Eigentum und Nutzungsrechten der Forscher, Institute und forschenden Wirtschaft bleiben hiervon unberührt. Dies verbessert die stark begrenzte Verfügbarkeit, besonders die zu hohe Schwelle zwischen Wissenschaft und wirtschaftlicher Innovation und macht die europäische Forschungsförderung zu einem Beschleuniger im internationalen Wettbewerb.

Welche weltweiten Kollaborationen im Bereich der Forschung und Hochschulbildung halten Sie für förderungswürdig?

Wir Freie Demokraten fordern mehr Anstrengungen für Innovationen bei Arzneimitteln, Medizintechnik und Digitalisierung, denn das benötigen wir für ein gutes Leben und für zukunftsfähige Arbeitsplätze. Sie müssen ein Schwerpunkt in der Forschungsförderung sein, mit unbürokratischer Vergabe von Fördergeldern, gerade an Start-ups.

Die Grundlagenforschung sehen wir als Basis für Innovation an. Daher wollen wir sie neben der angewandten Forschung weiter ausbauen. Zur Diversifikation unserer Innovationsstruktur müssen wir eine breit angelegte Grundlagenforschungsinitiative starten und neue Kompetenzen im Bereich der Spitzentechnologie aufbauen.

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