Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen e. V. (DVSG)

Die Zahl der psychischen Erkrankungen steigt kontinuierlich, durch die Pandemie wird dieser Trend noch verschärft. Welche Maßnahmen werden Sie kurz-, mittel- und langfristig ergreifen, um der stetigen Zunahme psychischer Erkrankungen zu begegnen?

Wir Freie Demokraten wollen die Wartezeiten auf einen Therapieplatz reduzieren, den Ausbau von Therapieplätzen fördern, Prävention und Aufklärung stärken sowie die Ausbildung der psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten weiterentwickeln. Die Anzahl der Kassensitze für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wollen wir deutlich erhöhen. Ebenso wollen wir mehr Studienplätze für Psychologie und Psychotherapie schaffen. Schulpsychologische Beratungsangebote wollen wir ausbauen. Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter sollen an jeder Schule verfügbar sein. Schließlich fordern wir eine bundesweite Aufklärungskampagne zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen, denn die psychische Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung für Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und soziale Teilhabe. Durch die Förderung von psychischer Gesundheit und Prävention wird die Gesellschaft sensibilisiert und Einzelnen kann schnell geholfen werden.

Wir halten es für erforderlich, dass im Kontext der psychiatrischen Arbeit Fachkräfte Sozialer Arbeit in Maßnahmen der Prävention, Akutversorgung, Rehabilitation und Nachsorge flächendeckend beteiligt und rechtlich verankert werden. Wie stehen Sie dazu, wie würden Sie unsere Forderung unterstützen?

Wir wollen eine verstärkte Aufklärung über psychische Gesundheit an Schulen. Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter sollen an jeder Schule verfügbar sein. Außerdem fordern wir eine Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zur Entstigmatisierung psychischer Krankheiten. Die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen führt dazu, dass Menschen zu spät eine Behandlung beginnen, unter Diskriminierung leiden und langsamer genesen. Aufklärung erleichtert es den Betroffenen, sich frühzeitig Hilfe zu holen und so schneller zu genesen. Bei der medizinischen Akutversorgung ist wichtig, dass diese nach dem anerkannten Stand der Wissenschaft erfolgt.

Fachkräfte der Sozialen Arbeit sind notwendig, um die Beratungsbedarfe von Patient*innen abzudecken und lebensweltorientiert (nachstationäre) Lösungen zu entwickeln/organisieren. Wie werden Sie sich für ein verbindliches Fachkräftegebot Sozialer Arbeit (mind. Bachelor) in Krankenhäusern einsetzen?

Wir Freie Demokraten wollen allen Menschen eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung sichern. Um jeder Patientin und jedem Patienten die bestmögliche Versorgung zu garantieren, brauchen Krankenhäuser ausreichend Personal und Ressourcen. Die konkrete Personalplanung der Krankenhäuser sollte aber nicht von der Bundespolitik vorgegeben werden.

Es kommt oft zu Versorgungslücken im ambulanten Bereich, die zu unnötigen Krankenhausaufenthalten führen. Inwiefern werden Sie sich um die Anbindung von Patient*innen an Ambulanzen und Notaufnahmen sowie einen Leistungsanspruch auf Soziale Arbeit im ambulanten Bereich des Gesundheitswesens bemühen?

Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass jede Patientin und jeder Patient die beste Versorgung erhält. Dafür muss die Gesundheitsversorgung künftig umfassend, regional und patientenzentriert gedacht werden. Wir wollen die künstliche Sektorenbarriere zwischen dem ambulanten und dem stationären Versorgungsbereich konsequent abbauen und die Verzahnung und Vernetzung aller Versorgungsbereiche weiterentwickeln. Den Rettungsdienst wollen wir modernisieren und die Notfallversorgungsstrukturen bedarfsgerechter und vernetzter gestalten. Integrierte Gesundheitszentren sollen dabei unterstützen, die regionale Grundversorgung mit ambulanten und kurzstationären Behandlungen zu sichern. Die Bedürfnisse des ländlichen Raums mit seiner besonderen Versorgungsstruktur sollen durch entsprechende Programme berücksichtigt werden. Wir lassen uns weiterhin vom Grundsatz „ambulant vor stationär“ leiten.

Wir setzen uns für die Übernahme von ärztlichen Tätigkeiten durch erfahrenes Pflegepersonal ein. Wir wollen diese Kompetenzen dauerhaft und rechtssicher bei den Pflegefachkräften verankern. Die Substitution und Delegation von definierten ärztlichen Leistungen an Pflegefachkräfte, vor allem mit akademischer Ausbildung, soll unter sicheren Rechts- und Haftungsverhältnissen ermöglicht werden. Damit tragen wir der Situation im Arbeitsalltag Rechnung und werten den Beruf auf.

Es braucht eine bundeseinheitliche, regelhafte Finanzierungsgrundlage der Leistungen Sozialer Arbeit im Krankenhaus, die sich auch auf die Tätigkeit der Anbindung von Pati-ent*innen an Ambulanzen sowie den Bereich der Notaufnahmen bezieht. Welche diesbzgl. Maßnahmen werden Sie ergreifen?

Wir Freie Demokraten fordern eine nachhaltige Verbesserung der Investitionsfinanzierung für maximalversorgende und kleinere spezialisierte Krankenhäuser. Nur so können wir die bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger sicherstellen. Höhere Qualität muss durch das Vergütungssystem belohnt werden. Die Strukturreform im stationären Sektor muss verantwortungsvoll weiterentwickelt und Fehlanreize für eine Überversorgung sowie ein Überangebot an Krankenhausleistungen müssen bereinigt werden. Eine Ungleichbehandlung von privaten, öffentlichen und konfessionellen Trägern lehnen wir genauso entschieden ab wie eine Planungshoheit der Krankenkassen für die Versorgungsstrukturen.

Die Förderung sozialer Teilhabe muss stärker auch ältere Menschen einbeziehen. Die Soziale Arbeit kann hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten. Was werden Sie unternehmen, um die Tätigkeit Sozialer Arbeit für diese Zielgruppe stärker rechtlich als Leistungsanspruch zu verankern?

Die soziale Teilhabe älterer Menschen ist für uns als Freie Demokraten für ein gutes gesellschaftliches Miteinander unabdingbar. Älteren Menschen muss Teilhabe in allen Bereichen des sozialen Lebens ermöglicht werden.

Deshalb fordern wir die vollständige und umfassende Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, denn barrierefreie Mobilität ist Bewegungsfreiheit. Von ihr profitieren ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Familien mit Kindern und letztlich wir alle, denn Einschränkungen der Mobilität erfährt zeitweise jede und jeder Einzelne. Darüber hinaus fordern wir mehr barrierefreien oder -armen Wohnraum in Bestand und Neubau. So wollen wir Menschen ermöglichen, möglichst lange selbstbestimmt in ihrem gewohnten Umfeld leben zu können.

Außerdem wollen wir ein zweites Bildungssystem schaffen, mit dem sich Menschen auch im Ruhestand unbürokratisch weiterbilden können. Ältere Menschen sollen auch in Alten- oder Seniorenwohnheimen Zugang zum schnellen Internet haben. Um digitale Teilhabe für alle Altersgruppen und eine intuitive Bedienbarkeit für alle Internetnutzenden gleichermaßen zu ermöglichen, wollen wir öffentliche Stellen verpflichten, ihre digitalen Angebote standardmäßig barrierearm und idealerweise barrierefrei anzubieten.

Bislang wurde Pflegebedürftigkeit vorrangig im Kontext von Medizin und Pflege betrachtet. Zunehmend rücken auch soziale Aspekte von Pflegebedürftigkeit in den Fokus. Inwiefern planen Sie die rechtliche Verankerung und Finanzierung von Fachkräften der Sozialen Arbeit für diese Zielgruppe?

Pflegebedürftigkeit kann jede und jeden treffen – ob durch Unfall, Krankheit oder im Alter. Dann vertrauen wir auf eine menschliche und qualitativ hochwertige Pflege. Allerdings haben wir in Deutschland einen dramatischen Mangel an Pflegefachkräften, die dadurch oftmals überlastet sind und den eigenen Ansprüchen an ihre Arbeit nicht gerecht werden können. Das ist frustrierend und führt nicht selten zu Burn-out und zur Berufsaufgabe. Wir Freie Demokraten wollen dem entgegenwirken und wieder mehr Zeit für Zuwendung ermöglichen – durch einen umfassenden Bürokratieabbau, bessere Arbeitsbedingungen und die Nutzung digitaler Potentiale im Pflegebereich. Wichtig ist uns dabei vor allem eines: Die beruflich Pflegenden an zentraler Stelle in die Erarbeitung der nötigen Reformen einzubinden und so ihre fachliche Expertise zu nutzen.

Inwiefern Fachkräfte der Sozialen Arbeit hier eingebunden werden können, ist zu prüfen. Wichtig ist, dass die Rahmenbedingungen in der Pflege dem anerkannten Stand der Wissenschaft entsprechen.

In der Asylverfahrensberatung werden strenge Vorgaben an freie Träger gerichtet. Die Fehlerquote von Entscheidungen des BAMF liegt z. T. nachweislich bei über 50% und z.T. übernimmt das BAMF selbst die sog. unabhängige Asylverfahrensberatung. Wie planen Sie die unabhängige Asylverfahrensberatung?

Wichtig ist, dass jeder Asylsuchende den optimalen Zugang zu entsprechenden Informationen hat. Für uns Freie Demokraten ist das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte unantastbar. Dazu gehört auch die politische Verfolgung aus religiösen Gründen oder aufgrund der sexuellen Identität. Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, sollten keine langwierigen Verfahren durchlaufen. Wir wollen weniger Bürokratie, schnellere Verfahren und klarere Regeln. Dabei wollen wir zwischen politisch Verfolgten, Kriegsflüchtlingen und dauerhaften Einwanderern unterscheiden. Für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge wollen wir einen eigenen unbürokratischen Status schaffen - einen vorübergehenden humanitären Schutz, der auf die Dauer des Krieges begrenzt ist. Nach Identitätsfeststellung soll dieser Status unkompliziert verliehen und damit das Asylsystem massiv entlastet werden. Kriegsflüchtlinge sollen dabei nach Beendigung des Krieges in der Regel in ihr Heimatland zurückkehren. Die Kompetenzen von Bund und Ländern sollten klar getrennt werden. Der Bund sollte für alle Fragen des Schutzstatus und der Beendigung des Aufenthaltes einschließlich der Abschiebung zuständig sein, damit sich die Länder auf die Aufgabe der Integration konzentrieren können. Besonders vulnerable Gruppen, zum Beispiel Verfolgte aus religiösen Gründen oder aufgrund sexueller Identität, brauchen sichere Verfahren und eine sichere Unterbringung sowie im Fall sogenannter sicherer Herkunftsländer eine besondere Rechtsberatung, um Anträge form- und fristgerecht stellen zu können.

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