Gesellschaft für Informatik e.V.

Wie stehen Sie zur Umsetzung eines neuen nationalen Weiterbildungsgesetzes wie von der OECD angeregt, das den Rahmen für einen vereinfachten Zugang, für Anerkennung, Finanzierung und Vergleichbarkeit schafft sowie Mindeststandards für Anbieter*innen setzt?

Die Weiterbildung wird in den nächsten Jahrzehnten der entscheidende Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben sein. Deshalb wollen wir Freie Demokraten ein zweites Bildungssystem für das ganze Leben schaffen. Hierfür wollen wir auf Bundesebene die nötigen (gesetzlichen) Voraussetzungen schaffen. Der rechtliche Rahmen darf aber nicht so eng ausfallen, dass neue Weiterbildungsformate und -themen, die nicht in das enge Korsett staatlicher Zulassungsmuster fallen, keine Chance erhalten. Denn Weiterbildung muss flexibel gestaltbar sein und sich der individuellen Lebenssituation anpassen. Schon bisher besteht die größere Herausforderung darin, aktuelle Förderrichtlinien endlich besser an die Voraussetzungen digitaler Bildungsformate anzupassen. Ein gesetzlicher Rahmen ist gut, wenn er mehr Weiterbildung ermöglicht und incentiviert.

Wie wollen Sie den Zugang zu Weiterbildungsangeboten vereinfachen, Qualität der Angebote sicherstellen und die dauerhafte Sicherung und Nachhaltigkeit der Maßnahmen gewährleisten?

Für private Nutzerinnen und Nutzer ist der Weiterbildungsmarkt derzeit aufgrund der großen Vielfalt an Weiterbildungsthemen,-formaten und -anbietern nur schwer zu überblicken. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Vielzahl von Bildungsangeboten für das lebenslange Lernen von öffentlichen wie privaten Anbieterinnen und Anbietern transparent und strukturiert in einer digitalen Bildungsarena zugänglich gemacht wird. Diese bundesweite Onlineplattform soll den Zugang zu Weiterbildungsangeboten erleichtern und den derzeitigen „Weiterbildungsdschungel“ übersichtlicher gestalten. Um die große Vielfalt teils auch unkonventioneller Angebote zu stärken, lehnen wir allzu enge zentrale Zugangshürden ab. Insbesondere eine datenbasierte Auswertung des Nutzerfeedbacks kann eine transparente Qualitätseinschätzung jenseits rechtlicher Mindestvoraussetzungen geförderter Bildungsangebote erleichtern.

Wie wollen Sie die Transparenz über bestehende Angebote für Arbeitnehmer*innen erhöhen? Streben Sie eine Vereinheitlichung der Angebotsstrukturen an und wie wollen Sie diese erreichen?

Auch für kleine und mittlere Unternehmen, die Weiterbildungsangebote für ihre Beschäftigten suchen, ist der Weiterbildungsmarkt derzeit aufgrund der großen Vielfalt an Weiterbildungsthemen, -formaten und -anbietern nur schwer zu überblicken. Hinzu kommen bürokratische Antrags- und Genehmigungsverfahren, die die Nutzung der bestehenden Angebote zusätzlich erschweren bzw. unattraktiv machen. Deshalb setzen wir uns für die Entwicklung einer Digitalen Bildungsarena ein, in der Weiterbildungs- und Beratungsangebote aller Bildungsniveaus und Branchen transparent und strukturiert eingesehen und gebucht werden können wie in einem Online-Shop. Um die große Vielfalt teils auch unkonventioneller Angebote zu stärken, lehnen wir allzu enge zentrale Zugangshürden ab.

Welche Maßnahmen wollen Sie umsetzen, damit der Bildungsurlaub in Zukunft stärker für die Entwicklung digitaler Kompetenzen genutzt wird und wie wollen Sie ein Recht auf Weiterbildung umsetzen?

Die Digitalisierung verändert unsere Arbeits-, aber auch Lebenswelt immer schneller und gleichzeitig nehmen insbesondere Geringqualifizierte und Geringverdiener kaum an Weiterbildungen teil. Das wollen wir ändern. Der Zugang zu Weiterbildung darf nicht an finanziellen Hürden scheitern. Wir Freie Demokraten wollen ein zweites Bildungssystem für das ganze Leben schaffen. Für Menschen mit geringem Einkommen wollen wir ein „Midlife-BAföG“ von bis zu 1.000 Euro im Jahr einführen, das über mehrere Jahre angespart und auch zur Finanzierung von Bildungszeiten genutzt werden kann. Darüber hinaus soll in einem persönlichen Freiraumkonto unabhängig vom Arbeitgeber das steuer- und abgabenfreie Ansparen für Weiterbildungsangebote und Bildungsauszeiten für alle Menschen ermöglicht werden. Landesgesetzliche Regelungen zum Bildungsurlaub bleiben davon unberührt.

Wie stehen Sie zur Förderung eines breiten, bundesweiten Angebots zum Erwerb von Teilqualifikationen im Bereich der Digitalisierung und wie sollte aus Ihrer Sicht deren Anerkennung auf dem Arbeitsmarkt geregelt werden?

Wir Freie Demokraten wollen neben Bachelor- und Masterabschlüssen auch Mini-Abschlüsse („Micro Degrees“) im Hochschulrahmengesetz verankern. In der beruflichen Bildung wollen wir Teilqualifizierungen und Bildungsbausteine auf allen Fortbildungsstufen ausbauen. Zur verbesserten Anerkennung und Vergleichbarkeit informell erworbener Kompetenzen fordern wir einen bundesweiten Orientierungsrahmen. Weiterbildung muss flexibel gestaltbar sein und sich der individuellen Lebenssituation anpassen. Die Nachfrage nach Bildungsbausteinen, die man berufsbegleitend absolvieren kann, steigt. Sie ermöglichen schrittweise Bildungsaufstiege, aber auch den Erwerb interdisziplinärer Kompetenzen auf demselben Qualifikationsniveau. Damit fördern wir die Bildungsmobilität.

Wie stehen Sie zu einem Ausbau und zur Finanzierung regionaler Weiterbildungsangebote zur Vermittlung digitaler Kompetenzen in Kooperation von wissenschaftlicher und unternehmensinitiierter Weiterbildung und was planen Sie auf Bundesebene, um dies zu fördern?

Wir Freie Demokraten setzen auf Wahlmöglichkeiten der Menschen: durch ein „Midlife-Bafög“ und ein persönliches Freiraumkonto wollen wir jedem die Finanzierung von Weiterbildung und Bildungszeiten ermöglichen. Weiterbildungsangebote – regionale, bundesweite, digitale und Weiterbildungen in Präsenz – sollen auf einer digitalen Plattform leicht zugänglich gemacht werden werden. Die Inanspruchnahme dieser Finanzierungsangebote durch regionale Weiterbildungskooperationen aus Wissenschaft und Wirtschaft würden wir sehr begrüßen. Zudem wollen wir Hochschulen stärker für die akademische Weiterbildung und für Lehrangebote jenseits der Erstausbildung öffnen. Insbesondere an den Fachhochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften sehen wir dabei große Potentiale für Kooperationen mit der regionalen Wirtschaft.

Wie stehen Sie zu einem bundesweiten Angebot zur gezielten Vermittlung digitaler Grundkompetenzen an Personen in Beschäftigungsbereichen mit hoher Digitalisierungsdynamik sowie an Personengruppen, die bisher wenig/kaum von Weiterbildungsangeboten erreicht wurden?

Wir Freie Demokraten setzen uns für die Schaffung einer Bundeszentrale für digitale Bildung ein. Diese soll in drei Säulen Aufgaben der Koordination, Qualitätssicherung und Vermittlung digitaler Bildung in Deutschland übernehmen. Die erste Säule stellt Informationen, Materialien und Kurse bereit, um bei Menschen aller Altersklassen das Verständnis über die Grundlagen der Digitalisierung, aktuelle technische Entwicklungen und gesellschaftliche Debatten zu fördern, damit sie als aufgeklärte und verantwortungsvolle Bürgerinnen und Bürger in einer digitalisierten Welt agieren können. Dabei sollen insbesondere Themen wie Desinformation, IT-Sicherheit, Datenschutz und künstliche Intelligenz, aber auch Hatespeech, Cybermobbing und Online-Sucht abgedeckt werden. Die zweite Säule ist die Beurteilung und Zertifizierung von digitalen Lehr- und Lernmitteln hinsichtlich rechtlicher und pädagogischer Mindeststandards. Die Ergebnisse werden in einer Positivliste (Weißliste) für Bildungssoftware zusammengefasst und in einer digitalen Bibliothek bereitgestellt. Bildungsinstitutionen können Anfragen zur Prüfung an die Bundeszentrale richten, die sie zügig bearbeitet. Die dritte Säule befasst sich mit der digitalen Transformation des Bildungswesens und hierbei konkret mit digitaler Didaktik und der Aus- sowie Fortbildung von Lehrenden aller Bildungsinstitutionen zur Implementierung digitaler Lernstrategien. Dabei sollen sowohl konkrete Angebote für Lehrende zur Weiterbildung angeboten als auch Konzepte der Lehre und Schule der Zukunft erarbeitet und in Zusammenarbeit mit den Kultusministerien der Länder umgesetzt werden.

Wie werden Sie einen Angebotsrahmen und Zugang für digitale Weiterbildungsangebote gestalten, die bisher wenig erreichte Zielgruppen einbinden könnten wie z.B. Frauen, ältere Menschen, Teilzeitbeschäftigte oder Migrant*innen?

Wir wollen vor allem Menschen zielgenau unterstützen, die bisher nicht ausreichend erreicht wurden, wie Geringqualifizierte und Geringverdiener. Durch das Midlife-Bafög für Menschen mit geringem Einkommen von bis zu 1.000 Euro im Jahr, das über mehrere Jahre angespart werden kann, und die Möglichkeit auf einem Freiraumkonto steuer- und abgabenfrei für Weiterbildungsangebote und Bildungsauszeiten zu sparen, wollen wir allen Menschen ermöglichen, Weiterbildung zu finanzieren. Mit dem zweiten Bildungssystem sollen sich auch Menschen im Ruhestand unbürokratisch weiterbilden können. Ältere Menschen sollen auch in Alten- oder Seniorenwohnheimen Zugang zum schnellen Internet haben. Um digitale Teilhabe für alle Altersgruppen und eine intuitive Bedienbarkeit für alle Internetnutzenden gleichermaßen zu ermöglichen, wollen wir öffentliche Stellen verpflichten, ihre digitalen Angebote standardmäßig barrierearm und idealerweise barrierefrei anzubieten. Den digitalen Zugang zu einer bundesweiten Übersicht passender Weiterbildungsangebote wollen wir durch eine Stärkung der persönlichen Weiterbildungsberatung ergänzen. Zudem wollen wir bessere Voraussetzungen für die Vereinbarung von Weiterbildung und Familie schaffen. Familienfreundliche Weiterbildungen steigern die Karrierechancen insbesondere für Frauen.

 

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