Verband binationaler Familien und Partnerschaften

Wie stehen Sie zu einem „Verlobten-Visum“, um die Eheschließung in Deutschland mit eine*r Partner*in aus einem Drittstaat zu erleichtern?

Es ist bereits nach der aktuellen Rechtslage möglich, ein Visum zur Eheschließung in Deutschland zu beantragen. Bei dem Verfahren muss das berechtigte Interesse der künftigen Eheleute an einem geringen bürokratischen Aufwand und das Interesse an einer Vermeidung möglichen Missbrauchs in Ausgleich gebracht werden.  Auch während der noch andauernden Pandemie hat sich die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag deshalb mit dem Antrag „Liebe ist kein Tourismus – Für eine faire und europaweite Regelung für binationale Paare” (BT-Drs.: 19/23928) für die Vereinfachung der Einreise binationaler Partnerinnen und Partner trotz pandemiebedingter Einreisebeschränkungen eingesetzt.

Setzen Sie sich für eine erleichterte Einbürgerung und eine Hinnahme von Mehrstaatigkeit ein?

Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht sollte im Fall einer Einbürgerung grundsätzlich auch die Mehrstaatigkeit zulassen. Ab der Enkelgeneration der Ersteingebürgerten sollten sich Menschen dann für eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssen, außer wenn mit dem Verlust der Aufgabe der zweiten Staatsangehörigkeit rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile verbunden sind, sie nicht auf sie verzichten können oder es sich um die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates handelt.

Wir fordern für Einwanderinnen und Einwanderer zudem einen vereinfachten Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit nach insgesamt vier Jahren. Eine Niederlassungserlaubnis soll bereits nach drei Jahren gewährt werden, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller in dieser Zeit mit gültigem Aufenthaltstitel straffrei in Deutschland gelebt hat und Sprachkenntnisse sowie die vollständige Deckung des Lebensunterhaltes auch der Familie nachweisen kann. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit soll unabhängig vom Einwanderungsweg möglich sein, wenn zusätzlich ein Einbürgerungstest absolviert und das Bekenntnis zur Rechtsordnung unseres Grundgesetzes abgelegt werden. 

Setzen Sie sich für die Abschaffung des Sprachnachweises vor Einreise ein?

Den Nachweis von Kenntnissen der deutschen Sprache vor der Einreise zu verlangen, ist grundsätzlich richtig, denn Sprache ist das zentrale Element der Integration. Bereits jetzt gibt es zahlreiche Ausnahmen, wann auf einen Nachweis deutscher Sprachkenntnisse verzichtet werden kann.  Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, bürokratische Hürden beim Einwanderungs- und Integrationsprozess sowie bei der Arbeitsaufnahme in Deutschland abzubauen.

Befürworten Sie eine Priorisierung der Visavergabe im Familiennachzug und Besuchsvisa für unverheirate Partner:innen und Familienangehörige aus Drittstaaten?

Wir Freie Demokraten wollen ein Einwanderungs­recht aus einem Guss in Form eines zusammenhängenden Einwanderungsgesetzbuches schaffen und darin auch das Aufenthalts- und Asylrecht umfassend neu regeln. So sollen die bisherigen Rechtsunsicherheiten beseitigt werden. Darüber hinaus setzen wir uns allgemein für die Erleichterung von Visa-Verfahren und eine Digitalisierung aller möglichen Teilphasen des Visa-Vergabe-Prozesses ein. Insbesondere im Zusammenhang mit den weitreichenden pandemiebedingten Einreiserestriktionen hat sich unsere Bundestagsfraktion wiederholt für eine faire und europaweite Regelung für binationale Paare eingesetzt. (BT-Drucksache 19/23928).

Planen Sie Quoten, affirmative Maßnahmen oder z.B. anonymisierte Bewerbungsverfahren, um in Verwaltung, Politik und Wirtschaft, die Vielfalt adäquat zu repräsentieren?

Wir Freie Demokraten setzen uns für mehr Vielfalt in Unternehmen sowie im öffentlichen Dienst und in der Politik ein. Gesetzliche Quoten lehnen wir jedoch ab. Für uns steht hier der gleiche Zugang zu öffentlichen Ämtern nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung im Vordergrund. Stattdessen fordern wir für die Arbeitswelt ein ganzheitliches Diversity Management (Management der Vielfalt) als Teil der ökonomischen Modernisierung. So schaffen wir gleiche Chancen für Aufstieg durch Leistung – unabhängig von Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, Behinderung, sexueller Orientierung oder Religion. Gerade der Mittelstand soll bei der Entwicklung von Konzepten unterstützt werden. Im öffentlichen Dienst sind die Strukturen der Gleichstellungs- und Behindertenbeauftragten in ein ganzheitliches Diversity Management einzubinden. Auch Transparenz der Maßnahmen für mehr Diversität und Talentmanagement in Gleichstellungsberichten erhöht den öffentlichen Druck hin zu einem Kulturwandel in Unternehmen, Wissenschaft und Verwaltung.

Wir verstehen Vielfalt als Bereicherung und setzen uns für eine lebendige Partei- und Diskussionskultur innerhalb der Freien Demokraten ein. Uns ist es daher wichtig, die Vielfalt in unserer Partei zu stärken: Bei uns soll jedes Mitglied faire Chancen haben, seine Talente in die Partei einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Dafür wollen wir die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Parteiarbeit vereinfachen, die Nutzung von geeigneten Online-Beteiligungsmöglichkeiten erproben, moderne und ansprechende Veranstaltungsformate entwickeln, sowie bestehende Formate attraktiver und effizienter gestalten. 

Was tun Sie, damit alle Familien Familienleistungen (Kindergeld, Kinderzuschlag, Elterngeld, etc.) in Anspruch nehmen, migrantische Familien besser erreicht werden können?

Wir Freie Demokraten wollen ein Kinderchancengeld. Es besteht aus: Grundbetrag, Flexibetrag und nichtmateriellem Chancenpaket. Die Angebote für bessere Chancen, Bildung und Teilhabe werden ausgeweitet und können von Kindern und Jugendlichen selbstständig über ein Kinderchancenportal kinderleicht abgerufen werden. Das Kinderchancengeld ist einfach, digital und ermöglicht echte Aufstiegschancen.

Die Berechnung aller familienpolitischen Leistungen soll digitalisiert werden wie auch die Beantragung von Elterngeld und anderen Leistungen. Wir wollen den Eltern den Zugang zu Familienleistungen so einfach und schnell wie möglich machen. Eine vollständig digital arbeitende Verwaltung und Bearbeitung der Anträge stellen eine schnelle Auszahlung sicher.

Wir Freie Demokraten wollen eine Integrationspolitik, die Vielfalt begrüßt und daher Einwanderinnen und Einwanderer einlädt, Teil unserer Gesellschaft zu werden, ihnen aber auch eine eigene Integrationsleistung abverlangt. Wir wollen die Chancen der Einwanderung für Deutschland nutzen, denn unser Land ist auf Einwanderung angewiesen. Integration ist der Schlüssel dafür, dass Einwanderinnen und Einwanderer zu einem Teil unserer Gesellschaft werden und zu ihrem Gelingen beitragen. Deshalb wollen wir Integration – auch von Familien - fördern: durch Angebote zum Erlernen unserer Sprache und unserer Gesellschaftsordnung, Integrationspaten nach kanadischem Vorbild sowie zusätzliche Integrationsmaßnahmen, die sich gezielt an Frauen, Kinder und Senioren, aber auch an besonders schutzbedürftige Personengruppen richten.  

Welche bildungspolitischen Maßnahmen planen Sie, um gesellschaftliche Vielfalt sowohl personell als auch inhaltlich (Curricula) abzubilden?

Wir Freie Demokraten fordern, dass jedes Kind mindestens ein Jahr vor der Einschulung an einem Deutschtest teilnimmt. Werden Sprachdefizite zum Beispiel durch Erzieherinnen oder Erzieher in Kitas und bei kinderärztlichen Untersuchungen früh erkannt, können sie auch frühzeitig durch zielgerichtete Fördermaßnahmen ausgeglichen werden. So können wir jedem Kind gerechtere Startchancen verschaffen. Zudem fördern wir die altersgerechte Vermittlung von Fremdsprachen im Kindesalter durch entsprechende pädagogische Konzepte. Das Potential von Kindern, spielerisch Sprachen zu erlernen, wollen wir stärker fördern.

Auch wollen wir die Autonomie der Schulen stärken und den Schulen mehr pädagogische, personelle und finanzielle Freiheiten geben. Jede Schule soll ein eigenes Budget erhalten, über dessen Verwendung sie autonom entscheidet. Im Rahmen der Schulautonomie kann der Unterricht zum Beispiel in einem modularen System organisiert und so individuell auf die einzelne Schülerin oder den einzelnen Schüler zugeschnitten werden. Durch die pädagogische Freiheit können Schulen eigene Profile und Schwerpunkte als Musik- und Sportleistungsschulen oder Vorreiterschulen für Digitalisierung, Mädchenförderung, Inklusion und Integration oder demokratische Beteiligung entwickeln. Schulen vor Ort wissen am besten, wie sie die Talente ihrer Schülerinnen und Schüler entfalten.

Mit welchen Maßnahmen würden Sie Mehrsprachigkeit in der sprachlichen Bildung und darüber hinaus unterstützen?

Wir Freie Demokraten wollen den herkunftssprachlichen Unterricht an Schulen besser fördern. Darin sehen wir eine große Chance für die Verbesserung der Sprachkenntnisse von Migrantinnen und Migranten. Deshalb ermutigen wir die Schulen und Schulträger, verstärkt herkunftssprachlichen Unterricht anzubieten. Von den Ländern fordern wir klare und attraktive Rahmenbedingungen für die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Dabei ist auch das Engagement Ehrenamtlicher besser zu nutzen und sind Lehr- und Lernwillige auch außerhalb des Schulbetriebs in Sprachkursen zusammenzubringen. Herkunftssprachlicher Unterricht hilft auch beim Erlernen der deutschen Sprache und ist damit ein Motor der Integrationspolitik.

zur Übersicht der Wahlprüfsteine