Bundesarbeitsgemeinschaft der LEADER-Aktionsgruppen (BAG LAG e.V.)
Welche Schwerpunkte sehen Sie in der Politik für die ländlichen Räume in der Bundesrepublik Deutschland in der kommenden Legislatur?
Für uns bedeutet die Schaffung von Bleibe-, Rückkehr- und Zuzugsperspektiven für Menschen in ländlichen Räumen ein wesentlicher Politikbereich, denn viel zu oft werden Schlüsselthemen wie etwa Mobilität, Wohnen und digitale Infrastruktur zu stark aus der urbanen Perspektive betrachtet. Wir Freie Demokraten sehen in der Schaffung von Perspektiven im ländlichen Raum mehr als nur eine schlichte Verteilung von Fördermitteln. Durch vielfältige Instrumente und moderne Ansätze wollen wir die Lebensqualität der Menschen verbessern. Wir wollen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen von der Industrie, der Landwirtschaft über das Handwerk bis zum Handel auch in ländlichen Regionen Perspektiven schaffen. Voraussetzungen hierfür sind eine flächendeckend zukunftstaugliche digitale Infrastruktur, leistungsfähige Verkehrswege und ein starkes duales Bildungssystem. Innovative Mobilitätsformen wie das autonome Fahren können insbesondere für den ländlichen Raum eine schnellere und kostengünstigere Versorgung bedeuten. Mit Gigabit-Gutscheinen wollen wir den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen beschleunigen. Die Kommunen in Deutschland brauchen zudem mehr Freiräume. Ehrenamt und Sport wollen wir durch gute Rahmenbedingungen unterstützen.
Welchen Stellenwert messen Sie den nicht landwirtschaftlichen Maßnahmen zur Entwicklung der ländlichen Räume innerhalb der 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union zu?
Die Erreichung einer ausgewogenen räumlichen Entwicklung, starken Wirtschaft und die Stärkung der ländlichen Gemeinschaften – unter anderem durch eine starke, mittelständisch geprägte Wirtschaft – ist für uns von hoher Bedeutung. Die oftmals sehr kleinteiligen Agrarumweltmaßnahmen im Rahmen der zweiten Säule sind aus unserer Sicht oftmals wenig ergebnisorientiert und führen zu einer Extensivierung der landwirtschaftlichen Produktion bei zugleich wenig Nutzen für den Umweltschutz. Umweltschutz wollen wir mit unbürokratischeren Maßnahmen und eigentumsfreundlichem Vertragsnaturschutz erreichen.
Mit welcher Zielsetzung werden Sie die „Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ zu einer "Gemeinschaftsaufgabe ländliche Entwicklung/ ländliche Räume”, wie vom Sachverständigenrat Ländliche Entwicklung empfohlen, weiterentwickeln?
Wir Freie Demokraten wollen die Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) gemeinsam mit den Ländern weiterentwickeln, denn die derzeitige Förderstruktur für braucht ein Update. Die Ausschöpfung der in der GAK bereitgestellten Bundesmittel ist stets nur sehr niedrig und der starre Rahmenplan führt dazu, dass die Regelungen zur Kontrolle von Förderungsbestimmungen und -auflagen zu bürokratisch sind. Zudem muss der GAK-Rahmenplan weiterentwickelt werden, damit in Zukunft mehr auch die ländliche Entwicklung mit diesem Instrument gestärkt werden kann.
Welche Ansätze für eine Entbürokratisierung und Digitalisierung der nationalen Förderung für die ländlichen Räume wollen Sie in der nächsten Legislatur umsetzen?
Wir Freie Demokraten wollen echte „Virtuelle Verwaltungen“. Wir wollen das Once-Only-Prinzip einführen: Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Institutionen müssen bestimmte Daten der öffentlichen Verwaltung nur noch einmal und nicht jeder Behörde einzeln mitteilen und einsehen können. Alle notwendigen Vorgänge sollen virtuell und barrierefrei möglich und alle Dienstleistungen mit digitalen, medienbruchfreien Verfahren durchführbar sein. Dazu wollen wir alle Planungen zur Einführung von Bürgerkonten oder Cockpits zu einer einheitlichen digitalen Plattform zusammenführen: dem Deutschlandportal. Das Deutschlandportal gewährt den Bürgerinnen und Bürgern Einblick in alle sie betreffenden personenbezogenen Daten, die der Staat gespeichert hat. Alle Zugriffe auf die Daten werden über einen externen Kontroll-Server geloggt, und der behördenseitige Zugriff löst automatisch eine Benachrichtigung aus. Im Fall eines laufenden Verfahrens kann die Benachrichtigung auch nach Verfahrensabschluss erfolgen. Die Bürgerinnen und Bürger haben auf Nachfrage ein Recht, den Grund für den Datenzugriff zu erfahren. Auch in die nächste technologische Innovation in den Behörden wollen wir einsteigen: die Entwicklung von künstlicher Intelligenz, Virtual Reality beziehungsweise Augmented Reality in der Verwaltung. So wollen wir vom Nachzügler beim E-Government zum Vorreiter beim „Virtual Government“ werden. Die IT-Systeme der öffentlichen Hand sollen stärker als bislang auf Open-Source-Lösungen bauen, um die Abhängigkeit von einzelnen Anbieterinnen und Anbietern proprietärer Software zu verringern.
Wie können sich Ihrer Meinung nach die EU-Strukturfonds EFRE, ESF und ELER zu einer effektiven nachhaltigen Förderpolitik für ländliche Räume weiterentwickeln?
Wir Freie Demokraten wollen die EU-Strukturfonds für nachhaltiges Wachstum, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit für Kommunen und Unternehmen niedrigschwellig zugänglich machen.
Wie wird Ihre Bundestagsfraktion den LEADER-Prozess in Deutschland in der kommenden Legislaturperiode unterstützen?
Wir Freie Demokraten sehen es als große Stärke, dass die Lokale Aktionsgruppe (LAG) als Zusammenschluss von engagierten Privatpersonen, Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft, öffentlichen Verwaltungen und Einrichtungen sowie Wirtschafts- und Sozialpartnern gemeinsam agieren. Dieser "bottom-up"-Ansatz ist für uns der richtige Weg, um auf die jeweiligen Herausforderungen und Ansprüche vor Ort bestmöglich reagieren zu können, weshalb wir dieses Verfahren unterstützen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der LEADER-Aktionsgruppen ist die einzige sektorübergreifende, von Interessen einzelner Institutionen unabhängige zivilgesellschaftliche Vertretung der ländl. Räume auf nationaler und europ. Ebene. Welche Möglichkeiten sehen Sie, diese Aktivitäten zu unterstützen?
Wir Freie Demokraten stehen für zielgenaue und effiziente Förderpolitik der ländlichen Räume, um bestmögliche Zukunftsperspektiven zu schaffen. Den sektorenübergreifenden Ansatz und die Vernetzung der verschiedenen Akteure ist besonders für die passgenaue Förderung des ländlichen Raumes ein wichtiger Impulsgeber.