Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie

Welche Bedeutung spielt für Sie die deutsche Luftfahrtindustrie bei der Aufgabe, den nationalen aber auch europäischen und internationalen Luftverkehr klimaneutral zu machen?

Der Emissionshandel ist für uns das zentrale Instrument zum Erreichen der Klimaschutzziele. Innereuropäische Flüge werden so bereits erfasst und haben damit einen verlässlichen Pfad zu stetiger CO2-Ersparnis. Mit CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) ist eine weltweite Regelung diesbezüglich bereits gestartet. Den Emissionshandel zu stärken, bedeutet damit langfristige Planungssicherheit für die Zukunftsinvestitionen der Luftfahrtindustrie und der Luftverkehrswirtschaft. Das macht Investitionen in nachhaltige Antriebe, Werkstoffe und weitere Technologien attraktiver und stärkt damit sowohl den Forschungs- und Luftfahrtstandort Deutschland als auch die Nachhaltigkeit insgesamt. Durch einen Hochlauf nachhaltiger Kraftstoffe sehen wir für die Bestandsflotten ein enormes Potential zur CO2-Einsparung. Die Luftverkehrssteuer wollen wir abschaffen, um die Investitionskraft der Luftverkehrswirtschaft zu stärken, damit Fluggesellschaften gezielt und effizient auch in modernes Fluggerät und neue Infrastrukturen investieren können.

Wie wollen Sie die deutsche Luftfahrtindustrie im internationalen Wettbewerb unterstützen, um ihr eine führende Rolle bei der Transformation des Luftverkehrs in Richtung „klimaneutral“ zu spielen? (LuFo stärken, EU-Beihilferechtskonformes und WTO-kompatibles TechDemoProgramm aufbauen)

Wir Freie Demokraten setzen beim Klimaschutz auf Investitionen in nachhaltige Technologien wie synthetische Kraftstoffe, die klimaschonendes Fliegen ermöglichen. Die vorhandenen Forschungsprogramme für klimafreundliches Fliegen wollen wir vorantreiben, damit die Unternehmen mögliche freie Ingenieurskapazitäten auslasten können. Dadurch werden bei den Flugzeugbauern und Turbinenherstellern freie Kapazitäten genutzt, die momentan aufgrund ausfallender Service- und Wartungstätigkeiten verfügbar sind. Außerdem sollten die Antragsverfahren im Zusammenhang mit dem Luftfahrtforschungsprogramm (LuFo) noch weiter beschleunigt sowie Vorauszahlungen ermöglicht werden. Hierzu hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag eine Initiative eingebracht (vgl. „Synthetische Kraftstoffe als integraler Bestandteil einer ökologischen Kraftstoffstrategie“ BT-Drs.-19/27180).

Wir Freie Demokraten setzen uns zudem dafür ein, dass die EU-Kommission in ihren aktuellen Plänen zur Veränderung des Europäischen Emissionshandelssystems die auf die Auswirkung der Corona-Pandemie bezogenen Interessen der Luftverkehrswirtschaft möglichst weit berücksichtigt und eine Besteuerung von Kerosin zurückstellt. Diese würde zu zusätzlichen Belastungen ohne spürbare Klimawirkung führen. Auch hierzu hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag eine Initiative eingebracht (vgl. „Unterstützung für das System Luftverkehr in Zeiten von Corona“ BT-Drs.-19/24356).

Der Aufbau von Erzeugungskapazitäten für nachhaltige Flugkraftstoffe zu wirtschaftlichen Konditionen ist Voraussetzung für „klimaneutralen Luftverkehr“. Wie werden Sie in diesem Kontext Förderung und Regulierung ausgestalten? (Umsetzung der PtL-Roadmap)

Wir Freien Demokraten wollen eine Stärkung des Emissionshandels und eine technologieneutrale Ausgestaltung und Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED-II-Richtlinie) durch eine ambitionierte Treibhausgasquote, bei der alle alternativen Kraftstoffe gleich behandelt werden. Im Gegenzug wollen wir die Energiesteuer reduzieren und die EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) abschaffen, um die Kostenbelastung auch bei der Erzeugung von PtL (Power to Liquid) über die Strompreise zu reduzieren. Hierzu hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag eine Initiative eingebracht (vgl. „Keine Bilanzfälschung beim Klimaschutz im Verkehr – Erneuerbare-EnergienRichtlinie RED II technologieneutral umsetzen“ BT-Drs.-19/28437).

Ein hoher Investitionsbedarf in der Entwicklung von langfristigen Hightech-Programmen setzt finanzielle Planungssicherheit voraus. Wie steht Ihre Partei zu einem nachhaltig alimentierten Verteidigungshaushalt – besonders im Sinne eines Verteidigungsplanungsgesetzes?

Wir Freie Demokraten wollen, dass Deutschland seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen kann. Dazu benötigt die Bundeswehr auskömmliche Finanzmittel, um ihre Modernisierung -insbesondere im Bereich der materiellen Ausstattung- sicherstellen zu können. Im Bereich der Investitionen ist der Bedarf im Verteidigungshaushalt besonders hoch. Daher fordern wir, dass Deutschland im Sinne eines vernetzten Ansatzes drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in internationale Sicherheit („3D – defence, development and diplomacy“) investiert. So kann auch die Finanzierung von kostenintensiven Vorhaben der Bundeswehr im Finanzplan gelingen, ohne parlamentarische Rechte bei der Haushaltsaufstellung zu tangieren.

Wie steht ihre Partei zur Entwicklung einer ganzheitlichen nationalen industriepolitischen Position mit Fokus auf die wehrtechnische Industrie? Ist ein eindeutiges Bekenntnis zum Konzept der Schlüsseltechnologien zu erwarten? Z.B. Einstufung von Wirksystemen als nationale Schlüsseltechnologie?

Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat sich dafür eingesetzt, das Beschaffungswesen der Bundeswehr zu reformieren (vgl. Beschluss Moderne Ausrüstung, effiziente Verwaltung - Beschaffungsprozess der Bundeswehr reformieren). Ziel muss es sein, dass die Bundeswehr künftig verstärkt kauft, was am Markt existiert und nicht was alles an Zusatzfunktionen noch wünschenswert wäre. Dabei können marktverfügbare Produkte praktikabler sein und sollten in Betracht gezogen werden. Bei Großvorhaben sollte im Wege des „wettbewerblichen Dialoges“ und einer funktionalen Anfrage zeitig der Einfallsreichtum der Hersteller einbezogen werden, anstatt einer schon ausgearbeiteten und detaillierten Spezifikation seitens des Beschaffers. Durch die Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit sollen unnötige Duplizierungen der europäischen industriellen und technologischen Fähigkeiten vermieden werden. Ziel ist es, europäische Antworten zu finden und zeitgleich die strategischen Schlüsseltechnologien der deutschen wehrtechnischen Industrie zu berücksichtigen. Für diese Schritte ist eine Voraussetzung, Rechtssicherheit für die wehrtechnische Industrie zu gewährleisten. Aktuelle Entwicklungen, deutsche Anteile bei der Entwicklung und Produktion von Waffensystemen wegzulassen ("German free"), dürfen keine negativen Folgen für die Umsetzung gemeinsamer europäischer Rüstungsprojekte haben.

Wie steht Ihre Partei vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Resilienz durch digitale Infrastrukturen und Anwendungen zum Ausbau unabhängiger Hochtechnologien im All, z.B. zur geplanten europäischen Satellitenkonstellation für sichere Breitband-Konnektivität?

Satellitengestütztes Breitband kann als Komplementärtechnologie den terrestrischen Ausbau der digitalen Infrastruktur unterstützen. Satelliten-Internet könnte für eine wachsende Anzahl von Menschen im ländlichen Raum eine echte Alternative zu stationärem oder mobilfunkbasiertem Internet werden. In einer kleinen Anfrage hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag die Bundesregierung daher gefragt, welche Anstrengungen unternommen werden, um die Satellitentechnologie als Komplementärtechnologie zu etablieren und so Breitbandanschlüsse in entlegenen Gebieten innerhalb Deutschlands zu ermöglichen (vgl. „Möglichkeiten von Satellitenbreitbandtechnologie in Deutschland“ BT-Drs.-19/7052). Darüber hinaus achten wir Freie Demokraten auf fairen Wettbewerb beim Aufbau eines satellitengestützten Breitbandinternets. Zudem bietet die innovative Raumfahrt-Forschung das Potential für Spin-Offs, die auch Bereiche des alltäglichen Lebens durch neue Technologien voranbringen können.

Welche Ansätze verfolgt Ihre Partei, die deutsche Raumfahrtbranche strategisch und nachhaltig führend zu positionieren und wie kann dies haushaltspolitisch realisiert werden? Welche Rolle spielt dabei die Raumfahrt für den Umwelt- und Klimaschutz?

Während die privatwirtschaftliche Raumfahrt in anderen Ländern wächst, stehen ihr in Deutschland vielerlei Hindernisse im Weg. Es fehlt an Wagniskapital, einem verlässlichen Rechtsrahmen und der Rückendeckung durch die Bundesregierung. Wir Freie Demokraten wollen daher eine neue Weltraumstrategie und darauf aufbauend ein Weltraumgesetz entwickeln, das den Unternehmen die notwendige Sicherheit für ihre Zukunftsinvestitionen gibt und gewährleistet, dass Projekte sowie Vergaben schneller und flexibler realisiert werden können. Des Weiteren können auch zentrale umweltpolitische Fragen, wie die Vermeidung und Beseitigung von Weltraumschrott oder Regelungen und Anreizstrukturen für klimaschonende Technologien im Gesetz implementiert werden. Hierzu hat die Fraktion der Freien Demokraten eine Initiative eingebracht (vgl. „Horizonte erweitern – Tempo für die Raumfahrt“ BT-Drs.-19/15965). Wir brauchen Satellitendaten für unsere vernetzte Gesellschaft und Wirtschaft, für digitale Dienste, Technologien und Zukunftsprojekte. Die Entwicklung bahnbrechender Lösungen durch „New-Space-Unternehmen“ wollen wir fördern. Start-ups sowie kleine und mittelständische Unternehmen wollen wir gezielt einbinden – sowohl durch Beteiligung an großen EU-Vorhaben als auch durch den Staat als Ankerkunden. Ausschreibungen gestalten wir auch für junge Unternehmen passend.

Zudem sollte eine Evaluation stattfinden, inwiefern eine eigene Startplattform für Micro-Launcher in Kontinentaleuropa geschaffen werden kann, um den unabhängigen und kostengünstigen Zugang deutscher und europäischer Unternehmen zum All zu sichern.(vgl. „Ein Weltraumbahnhof für Deutschland“ BT-Drs.-19/231).

Welchen Stellenwert messen Sie innovativen Luftfahrtkonzepten im urbanen Raum – Drohnen und sogenannte Flugtaxis – als Teil des Mobilitätsmix der Zukunft bei?

Wir Freie Demokraten wollen die Entwicklung von Drohnen und Flugtaxis in Deutschland und Europa unterstützen und den Einsatz auf eine rechtliche Grundlage stellen. Neue Transportmittel für Menschen und Waren können in der Kurzstreckenmobilität eine wichtige Alternative werden. In immer mehr praktischen Einsatzgebieten kommen Drohnen zum Einsatz. Dazu gehört neben dem Transport von eiligen Gütern wie etwa medizinischen Produkten auch der Transport von Menschen. Im Bereich der City-Logistik können Drohnen und Flugtaxis auf ausgewählten Verbindungen für den Personenverkehr ein Baustein zur Entlastung von Straßen und dem schienengebundenen ÖPNV sein, insofern die Produkte Marktreife erlangen und Geschäftsmodelle erfolgreich implementiert werden. Besonders der ländliche Raum hat Chancen auf eine schnellere und kostengünstigere Versorgung. Wir Freie Demokraten wollen dieses gezielt unterstützen und, wo nötig, die entsprechenden Rahmenbedingungen für den Erfolg dieser Innovationen setzen.

zur Übersicht der Wahlprüfsteine