Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd)

Wie werden Sie unabhängige Antidiskriminierungsberatungsstellen politisch wie strukturell fördern und welche Mittel werden Sie hierfür im Bundeshaushalt bereitstellen?

Die Arbeit unabhängiger Antidiskriminierungsberatungsstellen wollen wir Freie Demokraten unter anderem mit konkreten, gegen Diskriminierung gerichteten Initiativen fördern. So setzen wir uns beispielsweise für einen Nationalen Aktionsplan gegen Homo- und Transfeindlichkeit ein. Dieser soll Diskriminierungen, Beleidigungen und Gewalt wirksam entgegentreten.

Wir Freie Demokraten wollen darüber hinaus das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand müssen ohne diskriminierende Hürden grundsätzlich per Selbstauskunft möglich sein. Ein erweitertes Offenbarungsverbot soll vor Diskriminierung schützen. Aufklärungs- und Beratungsangebote wollen wir stärken.

Zudem sollen Bundes- und Länderpolizeien LSBTI-feindliche Straftaten bundesweit einheitlich erfassen, sie in ihrer Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit berücksichtigen, die Ermittlungsdienste entsprechend schulen und LSBTI-Ansprechpersonen benennen. Beratungs- und Selbsthilfeangebote sowie die schulische und öffentliche Aufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt wollen wir stärken. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, die vor zehn Jahren von den Freien Demokraten initiiert wurde, soll dauerhaft im Bundeshaushalt abgesichert werden.

Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat mit ihrer Kleinen Anfrage vom 16.03.2021 (BT-Drs.: 19/27597) zudem erhebliches Verbesserungspotential bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ausgemacht und bei der Kommentierung der Antwort auf die Kleine Anfrage kritisiert, dass die personelle Ausstattung der ADS durch die Bundesregierung während der Corona-Pandemie zu einer Einschränkung des Beratungsangebots geführt hat. Hier bestehen mit der Einführung digitaler Beratungstechnologien bspw. zur Terminvereinbarung oder mit der Durchführung der Beratung mittels Videotelefonie, mit Kontaktformularen, Chats etc. viele Möglichkeiten, die Beratung sowohl niedrigschwelliger als auch effizienter zu gestalten und damit Zugangsschranken und räumliche Distanz zu den Betroffenen auszugleichen. 

Werden Sie ein Demokratiefördergesetz auf den Weg bringen und wenn ja, wird Antidiskriminierungsberatung als spezialisiertes Beratungsangebot Teil der Maßnahmen sein, die das Gesetz institutionell fördern wird?

Wir Freie Demokraten verurteilen jede gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Die Überhöhung der eigenen Gruppe oder Nation und die Herabwürdigung anderer sowie Drohungen und Gewalt verfügen niemals über eine moralische Überlegenheit. Wir fordern in diesem Zusammenhang, dass der Bund die Präventionsarbeit und funktionierende Aussteigerprogramme zu unterschiedlichen Extremismusformen auf eine verlässliche finanzielle Grundlage stellt. Wichtig ist dabei, dass dort, wo Vereine, Stiftungen und andere Organisationsformen Zuwendungsempfänger von staatlicher Struktur- und Projektförderung sind, der Staat sicherstellt, dass sie und ihre Projektpartner auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen.

Werden Sie eine Novellierung des AGG vornehmen und falls ja, was werden bei der Überarbeitung des Gesetzes die zentralen Punkte sein?

Wir Freie Demokraten bekennen uns ausdrücklich zum Schutz vor Diskriminierung jedweder Art und den dazu erlassenen Schutznormen auf nationaler und europäischer Ebene. Sofern hier Schutzlücken bestehen, sollten diese auch geschlossen werden. So fordern wir z.B. die Erweiterung des Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz um den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, permanent zu prüfen, ob die getroffenen Maßnahmen noch ausreichend sind oder ob diese angepasst werden müssen; dies gilt auch und insbesondere für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass weitere Diskriminierungskategorien in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes (AGG) aufgenommen werden und falls ja, welche werden das sein?

Hierzu verweisen wir auf unsere Antwort zur Frage nach dem Reformbedarf des § 22 AGG.

Werden Sie ein Bundesantidiskriminierungsgesetz einführen und falls nicht: Wie werden Sie gewährleisten, dass sich von Diskriminierung durch Bundesbehörden Betroffene effektiv rechtlich zur Wehr setzen können und Diskriminierung verhindert sowie beseitigt wird?

Wir Freie Demokraten stellen uns Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aktiv entgegen, auch in Bundesbehörden. Den Ansatz, den das umstrittene Berliner Antidiskriminierungsgesetz verfolgt, sehen wir jedoch skeptisch. So hat es mehr Misstrauen als Vertrauen in die Arbeit von Polizistinnen und Polizisten geschaffen. Wir setzen uns dagegen für die Schaffung eines Beirats „Innere Führung“ bei der Polizei ein, der Kriterien für Fehlerkultur und Selbstreflexion in der Polizeiarbeit erarbeiten soll. Das Fehlverhalten einzelner Beamtinnen und Beamter einschließlich der Bedingungen, die zu dem Fehlverhalten geführt haben, müssen aufgeklärt werden. Polizeiliches Handeln muss immer nachvollziehbar sein. In diesem Zusammenhang fordern wir eine pseudonyme Kennzeichnungspflicht für Beamtinnen und Beamte. Zudem fordern wir eine Studie zu rassistischen und extremistischen Einstellungen in der Polizei. 

Werden Sie die in § 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) festgeschriebene Beweislasterleichterung zu Gunsten der von Diskriminierung Betroffenen überarbeiten und falls ja, wie konkret?

Wir setzen uns für einen effektiven Schutz vor Diskriminierung ein, wozu auch gehört, die bestehenden Normen des Antidiskriminierungsrechts - insbesondere auch § 22 AGG - stets auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen. Nur so ist gewährleistet, dass Schutzlücken frühzeitig erkannt und schnell geschlossen werden sowie Betroffenen ein effektiver Zugang zum Recht ermöglicht wird.

Werden Sie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) um ein Verbandsklagerecht und das rechtliche Mittel der Prozessstandschaft erweitern?

Nach unserer Auffassung sollten in allen Rechtsgebieten die Betroffenen primär in die Lage versetzt werden, selbst ihre Ansprüche geltend zu machen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sieht bereits vor, dass Klagende in gerichtlichen Verhandlungen die Unterstützung durch Antidiskriminierungsverbände als Beistand in Anspruch nehmen können (vgl. § 23 AGG). Auch hier gilt es, die bestehenden Regelungen stets auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen und etwaige Schutzlücken frühzeitig zu erkennen und zu schließen. Ein effektiver Zugang zum Recht muss – insbesondere für Betroffene selbst- stets sichergestellt sein. 

Wie werden Sie den Antidiskriminierungsverbänden finanziell die rechtliche Vertretung und Begleitung von Betroffenen ermöglichen?

Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass alle Menschen "Zugang zum Recht" erhalten. Daher setzen wir uns auch für Studien ein, die Lücken im effektiven Rechtsschutz identifizieren. Hierbei wollen wir auch ein besonderes Augenmerk auf Fälle der Diskriminierung legen. Uns ist bewusst, dass es in Bereichen wie dem Diskriminierungsrecht Grundsatzurteile, die erheblich zur Rechtsfortbildung beitragen, nicht geben würde, wenn die betroffenen Personen keine Unterstützung gehabt hätten. Daher werden wir auch die Rolle von Antidiskriminierungsverbänden in den Blick nehmen und mögliche finanzielle Schwierigkeiten bei der rechtlichen Begleitung von Betroffenen prüfen. 

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