Kompetenzstelle Kinderrechte

Sollen Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden? Wenn ja, soll die Umsetzung uneingeschränkt dem Niveau der Gewährleistungen der UN-Kinderrechtskonvention (insb: eine vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls sowie Recht auf Gehör und Berücksichtigung der Ansichten eines Kindes) entsprechen?

Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat sich an den Gesprächen über eine Grundgesetzänderung zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz konstruktiv beteiligt und einen eigenen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht (vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes – Artikel 6“, BT-Drs. 19/28440). Wir erkennen an, dass sich in den mehr als siebzig Jahren seit Inkrafttreten des Grundgesetzes unsere Perspektive auf Kinder erheblich verändert hat. Diese Entwicklung sollte auch vom Grundgesetz selbst nachvollzogen werden. Für uns ist dabei wichtig, dass sich der Staat niemals als stiller Miterzieher in die Familie einmischen darf, indem er die „richtige“ Erziehung durchsetzt, sondern nur dann eingreift, wenn das Kindeswohl objektiv in Gefahr ist. Eine Neuregelung sollte Kinder als Grundrechtsträger ins Zentrum stellen und nicht nur den staatlichen Schutzauftrag und eine Pflicht zur Förderung über die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinaus noch einmal einseitig betonen. Zudem sollte das Kindeswohl bei allen staatlichen Entscheidungen, die es unmittelbar betrifft, „besonders“ berücksichtigt werden. Wichtig ist uns auch, dass Kinder in Verfahren, die sie selbst betreffen, entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife angehört werden müssen.

Schließlich sollte im Zuge einer Grundgesetzänderung auch das Diskriminierungsverbot „uneheliche[r] Kinder“ in Artikel 6 Absatz 5 Grundgesetz zeitgemäß angepasst werden, um damit die Vielfalt gelebter Familienkonstellationen und -realitäten im Grundgesetz besser abzubilden. Denn für uns Freie Demokraten ist klar, dass die Beziehung der Eltern zueinander keine Auswirkungen auf die Stellung des Kindes haben darf.

Ist die Einführung einer Kindergrundsicherung geplant? Kindergrundsicherung i.S.d. der Fragestellung ist eine Sozialleistung, die elternunabhängig und unbürokratisch gewährt wird, die Kinder als Anspruchsberechtigte vorsieht und deren Höhe zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums ausreicht.

Wir Freie Demokraten wollen ein Kinderchancengeld: Es besteht aus einem vom Elterneinkommen unabhängigen Grundbetrag, einem vom Elterneinkommen abhängigen Flexibetrag und dem Chancenpaket. Über das Chancenpaket erhalten bedürftige Kinder etwa Musikunterricht, Nachhilfe oder die Mitgliedschaft in einem Sportverein. Die Angebote für bessere Chancen, Bildung und Teilhabe werden ausgeweitet und können von Kindern und Jugendlichen selbstständig über ein Kinderchancenportal kinderleicht abgerufen werden. Das Kinderchancengeld ist einfach, digital und ermöglicht echte Aufstiegschancen.

Ist geplant, die Ansprüche aus dem sog. Bildungs- und Teilhabepaket auszuweiten? Wenn ja, in welcher Hinsicht und in welchem Ausmaß?

Wir Freie Demokraten wollen Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligenden Verhältnissen gezielt fördern, die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes deutlich erhöhen und die Verfahren entbürokratisieren sowie digitalisieren.

Im Übrigen wird auf die Antwort auf Frage 2 verwiesen.

Ist eine Absenkung des Wahlalters bei Bundestagswahlen und Europawahlen geplant?

Wir Freie Demokraten fordern eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für die Wahlen zum Deutschen Bundestag und Europäischen Parlament. Als Voraussetzung dafür ist die politische Bildung an allen Schulformen zu verstärken. Das Wahlrecht ist der Schlüssel zur politischen Partizipation. Es ist das vornehmste Recht in einer Demokratie. Die Ausweitung des Wahlrechts war stets Zeichen des gesellschaftlichen Fortschritts. Junge Menschen nehmen bereits in vielen Lebensbereichen Verantwortung wahr, werden aber von der politischen Teilhabe ausgeschlossen. Dabei sind sie diejenigen, die am längsten von politischen Entscheidungen beeinflusst werden. Das Wahlrecht ab 16 ist gelebte Generationengerechtigkeit.

Ist geplant, Abschiebungshaft für Kinder und Jugendliche und ihre Familien grundsätzlich zu untersagen?

Zu einem geordneten Einwanderungsrecht gehören auch eine konsequente Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung und die Schaffung von ausreichend Abschiebehaft­plätzen. Abschiebehaft muss jedoch stets ultima ratio sein. Bereits nach geltender Rechtslage dürfen Minderjährige und Familien mit Minderjährigen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist. Solche Ausnahmefälle sind grundsätzlich denkbar und auch für einen kurzen Zeitraum sinnvoll, z.B wenn unmittelbar die Durchführung einer Rückführung sichergestellt werden muss. Ein grundsätzlicher Verzicht auf die Abschiebehaft für Minderjährige hätte unter Umständen zur Folge, dass Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien im Ergebnis unabhängig vom Vorliegen rechtlich anerkannter Fluchtgründe in Deutschland bleiben könnten, auch wenn sie die gesetzlichen Kriterien nicht erfüllen. Notwendig ist, dass alterstypische Belange von Minderjährigen im Fall der Abschiebung besonders beachtet werden.  

Ist eine gesetzliche Ausweitung der Regelungen zum Familiennachzug geplant, insbesondere im Hinblick auf subsidiär Schutzberechtigte, dem Familiennachzug von (minderjährigen) Geschwistern zu unbegleiteten Minderjährigen sowie dem Familiennachzug bei eingetretener Volljährigkeit?

Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat sich dafür eingesetzt, dass der Familiennachzug zu Menschen mit subsidiärem Schutz möglich sein soll, wenn es sich um einen Härtefall handelt, der sowohl in der Person des nachzuholenden Angehörigen als auch in der Person des subsidiär schutzberechtigten begründet sein kann, wenn die Person gut integriert und in der Lage ist, nicht nur sich selbst, sondern auch die nachzuholenden Familienangehörigen selbst zu versorgen, oder den Familienangehörigen im Aufenthaltsstaat eine ernsthafte Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Eine Kontingentierung lehnen wir ab. 

Darüber hinaus hat für uns der Familiennachzug von Erziehungs- bzw. Sorgeberechtigten Priorität. Denn Kinder und Heranwachsende bedürfen der Fürsorge ihrer Eltern. Eine Verbesserung des Familiennachzugs für Geschwister wäre im Rahmen eines neuen umfassenden Einwanderungsgesetzbuches zu regeln. Nötig ist eine Balance zwischen Möglichkeit und Menschlichkeit. Es darf nicht vernachlässigt werden, dass die vorhandenen Kapazitäten zur Integration begrenzt sind und durch eine Ausweitung des Kreises der Nachzugsberechtigten weiter belastet werden. Wo Integration nicht mehr gelingt, leidet die Integrationsbereitschaft unserer Gesellschaft insgesamt.

Ist geplant, die maximale Dauer der Pflicht für Kinder und Familien, in einer Aufnahmeeinrichtung leben zu müssen, zu reduzieren? Wenn ja, auf welches Zeitfenster?

Wir setzen uns für eine deutliche Beschleunigung von Asylverfahren ein. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat daher vorgeschlagen, das gesamte Anerkennungsverfahren in zentralen Unterbringungseinrichtungen durchzuführen (BT-Drucksache 19/9924): Der Schutzanspruch sowie etwaige Rechtsmittel gegen einen Ablehnungsbescheid können so schnell geprüft werden. Das Ziel sollte es sein, eine rechtsförmliche Entscheidung binnen weniger Wochen zu treffen und das Asylverfahren innerhalb von drei Monaten rechtskräftig abzuschließen, wobei auch die Möglichkeiten beschleunigter Verfahren zwingend genutzt werden sollten. Bereits während dieser Zeit sollen Sprach- und Integrationskurse durchgeführt werden und eine Basisbeschulung der Kinder sichergestellt werden. Antragssteller sollten bis zum Abschluss des Verfahrens in der zentralen Unterbringungseinrichtung verbleiben und bei einem stattgebenden Asylbescheid dezentral auf die Kommunen verteilt werden. 

Sollen für (minderjährige) Opfer von Menschenhandel Vorschriften erlassen werden, die die Gewährung einer Aufenthaltsgenehmigung künftig nicht mehr daran knüpfen, ob sie als Opferzeug*innen auftreten?

Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat sich dafür eingesetzt, dass die wesentlichen Tatbestände der §§ 25 Absatz 4a Aufenthaltsgesetz und 59 Absatz 7 Aufenthaltsgesetz um § 180a Strafgesetzbuch (Ausbeutung von Prostituierten) erweitert werden (BT-Drucksache 19/29265).

Auch unabhängig von der Aussagebereitschaft in einem Strafverfahren gibt es Gründe, die es rechtfertigen, dass Opfer von Menschenhandel ein gesichertes Aufenthaltsrecht in Deutschland erhalten, beispielsweise, wenn bei der Rückkehr ins Heimatland Repressalien drohen. Die asyl- und aufenthaltsrechtlichen Regelungen ermöglichen es bei entsprechender Sachlage häufig, einen humanitären Aufenthaltstitel zu erhalten.

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