Verband Deutscher Realschullehrer - VDR

Wie steht Ihre Partei zu differenzierten Schularten im Bildungssystem und einer eigenständigen Realschule?

Wir Freien Demokraten sprechen und für ein vielfältiges Bildungssystem aus. Daher fordern wir eine bestmögliche Ausstattung aller Schulen. Wir glauben, dass eine vielfältige pädagogische Schullandschaft individuelle Lernerfolge ermöglicht. Darum setzten wir auf differenzierte Schularten im Bildungssystem.

Setzt Ihre Partei auf den Beamtenstatus für Lehrkräfte und die damit verbundenen staatlichen Versorgungsleistungen sowie die Möglichkeit der Absicherung der Beamten in einer privaten Krankenversicherung?

Wir Freie Demokraten fordern eine Stärkung des Lehrerberufs. Dazu braucht es attraktive Arbeitsbedingungen, eine hochwertige Aus- und Fortbildung, transparente und anspruchsvolle Aufstiegsmöglichkeiten, immaterielle Wertschätzung sowie eine Bezahlung, die individuelles Engagement belohnt. 

Die Länder sollten im Beamten- und Besoldungsrecht flächendeckend die Grundlage für einen solchen stärkeren Leistungs- und Engagementbezug bei der Bezahlung von Lehrerinnen und Lehrern schaffen. Es gibt sehr viele innovative Lehrkräfte. Wir wollen ihr Engagement sichtbar machen. Statt der reinen Dienstjahre soll daher auch das Engagement der Lehrerinnen und Lehrer belohnt werden. Wir wollen, dass absolvierte Fortbildungen und gute Unterrichtsqualität beim Stufenaufstieg stärker berücksichtigt werden. Und: Exzellente Lehrkräfte sollen Prämien erhalten, etwa für herausragende Leistungen an Brennpunktschulen (vgl. Beschluss der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag „4-Stufen-Modell für beste Lehrerqualität“ vom 24.03.2020). 

Plant Ihre Partei Schulabschlüsse auf Bundesebene zu vereinheitlichen und welche Maßnahmen sind dafür vorgesehen?

Wir Freie Demokraten fordern bundesweite Abschlussprüfungen für die Mittlere Reife und das Abitur sowie qualitativ hochwertige Bildungsstandards. Wir brauchen mehr Innovationen und Qualitätssicherung durch Vergleichbarkeit in der Bildung. Wir fordern eine Reform des Bildungsföderalismus und eine Grundgesetzänderung, damit Bund und Länder zusammen für die Sicherstellung der Qualität, die Leistungsfähigkeit und die Weiterentwicklung des Bildungswesens wirken können. Wir leisten uns 16 verschiedene Schulsysteme, Lehrpläne und Prüfungsordnungen, stellen aber nicht sicher, dass die Schulbildung deutschlandweit die höchste Qualität hat. Wir wollen zukunftssichere Schulen, in denen die besten Arbeitsmöglichkeiten fürs Lehren und Lernen zur Verfügung stehen.

 

Welche Kompetenzen soll nach Ansicht Ihrer Partei die Ständige Wissenschaftliche Kommission künftig erhalten und wie bewerten Sie die aktuelle Zusammensetzung des Gremiums?

Eine echte Reform der Kultusministerkonferenz ist die Wissenschaftliche Kommission nicht. Denn die Kommission bleibt ein Gremium der Länder. Statt eine unnötige Doppelstruktur aus Kultusministerkonferenz und Wissenschaftlicher Kommission zu schaffen, braucht es eine grundlegende Reform der KMK. Diese sollte zu einer echten Bildungskonferenz weiterentwickelt werden.

Welche konkreten Maßnahmen plant ihre Partei, um die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung zu gewährleisten und die berufliche Orientierung an Schulen voranzubringen sowie den Fachkräftemangel in Handwerk, Industrie und (öffentlicher) Verwaltung zu beheben?

Wir Freie Demokraten fordern eine Exzellenzinitiative Berufliche Bildung, um die Attraktivität und Innovationskraft der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu stärken. Um sich den Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt zu stellen, braucht das System der beruflichen Bildung ein Update. Ein bundesweiter Exzellenzwettbewerb soll die besten Ideen zur Zukunft der beruflichen Bildung mit hochrangigen Auszeichnungen und mehrjährigen Zuschüssen fördern. Ein Zentrum für digitale Berufsbildung soll berufsbildende Schulen und ausbildende Betriebe in der Konzeption und Umsetzung digitaler Ausbildungsangebote unterstützen.

Wir wollen Talenten der beruflichen Bildung den gleichwertigen Zugang zu den Begabtenförderungswerken und zum Deutschlandstipendium ermöglichen. Neben einer finanziellen Unterstützung ist die Öffnung der ideellen Förderung für Stipendiatinnen und Stipendiaten aus der beruflichen Aus- und Weiterbildung von Bedeutung. Durch eine Öffnung der Förderung schaffen wir attraktive Perspektiven für Talente aus der beruflichen Bildung. So schaffen wir mehr Gleichwertigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung.

Außerdem wollen wir bis 2030 mindestens 20 Prozent aller Auszubildenden eine persönliche Auslandserfahrung ermöglichen. Analog zum Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) braucht es einen Deutschen Beruflichen Austauschdienst, der Auszubildende, Betriebe und Berufsschulen bei Auslandsaufenthalten unterstützt. Die Programme „Erasmus+“ und „AusbildungWeltweit“ wollen wir ausbauen.

Wir wollen zudem eine praxisnahe Berufsorientierung mit Azubi-Botschaftern auch an Gymnasien. Berufsorientierungsangebote und Praktika soll es in enger Kooperation mit der Wirtschaft an allen Schulformen geben. Flächendeckend wollen wir Jugendberufsagenturen ausbauen. Das Aufstiegs-BAföG soll Teilzeitfortbildungen und interdisziplinäre Bildungswege besser fördern. Hybride Angebote und eine bessere Anerkennung bereits erworbener Kompetenzen sollen die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung erhöhen. Der öffentliche Dienst muss berufliche Qualifikationen für höhere Karrierewege gleichberechtigt anerkennen.

 

Wie bewertet Ihre Partei die föderalen Zuständigkeiten in der Schulpolitik und sind Änderungen im Grundgesetz bei den Zuständigkeiten geplant (hinsichtlich der Finanzierung von Sachaufwand, der Gestaltung der Lehreraus- und fortbildung, der Schulstruktur)?

Nicht zuletzt in der Corona-Krise zeigt sich endgültig, dass der Bildungsföderalismus überfordert ist. Nicht einmal in Krisenzeiten konnten sich die Kultusminister auf ein gemeinsames Handeln einigen. Das Klein-Klein der Länder frustrierte Familien, Schülerinnen und Schüler und die Schulen. Wir Freie Demokraten setzten uns schon lange für eine zukunftsfähige Modernisierung des Bildungsföderalismus ein. Nicht zuletzt, weil wir darin einen Garanten für mehr Chancengerechtigkeit sehen. Denn nur mit bester Bildung kann jede und jeder Einzelne ihre und seine Lebenschancen entfalten, unabhängig von Elternhaus und Wohnort. 

Wir fordern eine Reform des Bildungsföderalismus und eine Grundgesetzänderung, damit Bund und Länder zusammen für die Sicherstellung der Qualität, die Leistungsfähigkeit und die Weiterentwicklung des Bildungswesens wirken können.

Darüber hinaus wollen wir Freie Demokraten die Autonomie der Schulen stärken und den einzelnen Schulen mehr pädagogische, personelle und finanzielle Freiheiten geben. Jede Schule soll ein eigenes Budget erhalten, über dessen Verwendung sie autonom entscheidet. Im Rahmen der Schulautonomie kann der Unterricht zum Beispiel in einem modularen System organisiert und so individuell auf die einzelne Schülerin oder den einzelnen Schüler zugeschnitten werden. Zugleich erhalten die Schülerinnen und Schüler dadurch eine größere Wahlfreiheit und die Schule kann den unterschiedlichen Leistungsniveaus der Schülerinnen und Schüler individueller gerecht werden. Ebenso soll dadurch ein Unterricht in fächerübergreifenden Projekten besser möglich gemacht werden. Auch Personalentscheidungen und die Auswahl der Lehrmittel trifft die Schule vor Ort. Für Schulen in freier Trägerschaft fordern wir gleichwertige Unterstützung. Wir werben für Schulfreiheitsgesetze in den Ländern, um den Schulen mehr Möglichkeiten zur Profilentwicklung zu geben. Einheitliche Bildungsstandards geben das Ziel vor, sich am Niveau der besten Bildungseinrichtungen der Welt zu orientieren. Um die Standards erreichen zu können, müssen Schulen durch exzellente Fortbildungen bei der Schul- und Unterrichtsentwicklung unterstützt werden.

 

 

Welchen Stellenwert hat für Ihre Partei die ökonomische Bildung an Schulen und welche Maßnahmen streben Sie ggfs. an, um in allen Bundesländern die ökonomische Bildung in hinreichendem Umfang und verpflichtend im Schulunterricht zu verankern?

Finanzwissen und ökonomische Bildung sind die Grundlage für mündige Finanzentscheidung der Bürgerinnen und Bürger, vermeiden Überschuldung und helfen dabei, finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen. Der sichere Umgang mit Verträgen und Anlagemöglichkeiten ist für junge Menschen ebenso wichtig, wie ein grundlegendes Verständnis der Waren- und Kapitalströme der Wirtschaftssysteme in unserer globalisierten Welt. Deshalb fordern wir Freie Demokraten die bundesweite Einführung des Schulfachs Wirtschaft. An deutschen Schulen wird dieses Schulfach noch immer nicht ausreichend angeboten, obwohl es heutzutage wie Rechnen, Lesen und Schreiben zum Basiswissen gehören sollten. Wir wollen den Schülerinnen und Schülern Kenntnisse über unser Wirtschaftssystem mit auf den Weg geben und ihren Gründergeist sowie die Innovationsfreude schon im Schulalter fördern.

Was planen Sie, um die Rahmenbedingungen für digital gestützten Unterricht weiter voranzubringen (Vereinfachung und Zukunft des Digitalpakts Schule, zentrale Bereitstellung einer Lernplattform etc.) sowie datenschutzrechtliche Bedingungen bzgl. Anbieter außerhalb der EU praxistauglich zu gestalten?

Für uns Freie Demokraten ist digitale Bildung ein wichtiger Schlüssel zu mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Die Digitalisierung des Bildungswesens bietet die Chance, allen Kindern und Jugendlichen einen unkomplizierten Zugang zu Bildung zu ermöglichen und das Lernen individuell, effizient und motivierend zu gestalten. Digitale Didaktik kann Lehrkräfte dabei sowohl in Zeiten von Distanz- und Wechselunterricht wie auch während des Präsenzunterrichts unterstützen. Dabei geht es um mehr als die Ausstattung der Gebäude, es geht um den bestmöglichen Unterricht.

Wir Freie Demokraten fordern einen Digitalpakt 2.0, der die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten der Kooperation von Bund und Ländern im Bildungsbereich vollständig nutzt. Zusätzlich zur Technik muss auch in IT-Administratorinnen und IT-Administratoren, Dienstgeräte für Lehrkräfte, digitales Lernmaterial sowie Fortbildungen investiert werden. Die Coronakrise hat gezeigt, dass die finanziellen Mittel für WLAN und Hardware allein nicht ausreichend sind, um im Notfall digitalen Unterricht von zu Hause aus zu ermöglichen. Die Digitalisierung von allgemeinbildenden, beruflichen und sonderpädagogischen Schulen muss ganzheitlich gedacht werden – von der Ausstattung bis zur Nutzung. Die Schule muss digital gestütztes Lernen in Präsenz genauso anbieten wie Lernen auf Distanz.

Wir wollen den Einsatz von Lern-Managementsystemen und freier Lern- sowie Lehrmaterialien mit einer offenen Lizenz fördern. Gute Programme und Lernmittel der Bildungswirtschaft und EduTech-Szene müssen qualitäts- und datenschutzgeprüft in den Unterricht integriert werden können. Damit schaffen wir neue Möglichkeiten beim Lernen.

Darüber hinaus fordern wir die Entwicklung klarer Standards zum Einsatz von Learning Analytics an Schulen. Künstliche Intelligenz bietet eine Möglichkeit zur Individualisierung des Lernens und Lehrens von Kindern und Jugendlichen. Dieses Potential von Learning Analytics soll genutzt werden. Die Auswertung von Daten über Lernende verbessert das Lernen und die Lernumgebung. Dies muss aber unter Wahrung des Datenschutzes geschehen.

 

 

 

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