Bund Deutscher Architektinnen und Architekten BDA

Welche Ansätze halten Sie für geeignet, um die ressourcen- und verbrauchsorientierte Bauwirtschaft zu einer Branche zu transformieren, in der einer Wiederverwendung von Baumaterialien eine klare Priorität zukommt?

Neubau und Sanierung von Gebäuden gehen mit der Nutzung von natürlichen Ressourcen einher. Gebäude haben nicht nur während ihrer Nutzung einen wesentlichen Anteil am Energiebedarf und den Treibhausgasemissionen in Deutschland, sondern belasten auch in der Bau-, Umbau-  und Rückbauphase Umwelt und Klima – sowohl durch den Verbrauch von Ressourcen im Baukörper als auch durch den Herstellungsprozess von Baustoffen sowie durch den Bauprozess selbst. Das Ziel einer nachhaltigen Baukultur muss es sein, die Treibhausgasemissionen auch aus dem Bau- und Wohnungssektor gemäß den Vereinbarungen des Pariser Klimaziels zu senken, die Ressourcennutzung durch Effizienzsteigerungen, Anpassung der Normen und multifunktionale Grundrisse zu minimieren, den Anteil an Recyclingbaustoffen zu erhöhen, die Flächenversieglung zu senken und trotz allem das Bauen und damit auch das Wohnen bezahlbar zu halten. Diese Ziele sind ambitioniert, aber sie sind erreichbar – wenn wir Innovationen ermöglichen, Technologieoffenheit garantieren und ein CO2-Limit im Rahmen eines sektorübergreifenden Emissionshandelssystems konsequent umsetzen.

Mit welchen Strategien werden Sie einer konsequenten Bestandsentwicklung den Vorrang gegenüber dem Neubau einräumen?

Wir Freie Demokraten sind davon überzeugt, dass eine nachhaltige Stadtentwicklung nur durch eine konsequente Weiterentwicklung des Gebäudebestandes möglich sein wird. Die steigenden Wohnraumnachfrage in den Wachstumsregionen wollen wir dabei insbesondere durch eine Entbürokratisierung des Dachausbaus und der Dachaufstockung, etwa bei der Stellplatz- und Aufzugspflicht, erleichtern. Hierfür wollen wir gemeinsam mit den Ländern im Rahmen der Bauministerkonferenz neue Impulse für eine konsequente Bestandsentwicklung setzen. Durch den Abbau von Investitionshindernissen, beispielsweise der Mietpreisbremse oder von Erhaltungsverordnungen und einer Anhebung der linearen Abschreibung auf drei Prozent wollen wir Immobilieneigentümern zusätzliche Investitionsspielräume ermöglichen. 

Wie wollen Sie Spielräume für experimentelles Bauen schaffen, um Innovationen für eine ressourcenschonende Architektur zu befördern?

Wir Freie Demokraten wollen Reallabore für experimentelles und innovatives Bauen abseits der strikten Bauvorschriften ermöglichen. Das Baurecht bildet ein enges Korsett für Kommunen, Architektinnen sowie Architekten, Ingenieurinnen sowie Ingenieure, Bauunternehmerinnen sowie Bauunternehmer und begrenzt deren Kreativität. Wir wollen auf kleinen Flächen auch beim Bau ein „Out of the box“-Denken ermöglichen. Die positiven Erfahrungen aus den innovativen Bauten und Prozessen sollen den Weg in das reguläre Baurecht finden.

Wie sähe für Sie ein Forschungsvorhaben aus, mit dem die aus der aktuellen Ordnungs-, Förder- und Steuerpolitik resultierenden klimapolitischen Vorgaben für den Bausektor evaluiert und Vorschläge für eine konsistente, sektorenübergreifende und lebenszyklusorientierte Klimapolitik entwickelt werden?

Um zügig eine konsistente, sektorenübergreifende und lebenszyklusorientierte Klimapolitik zu erreichen, wollen wir Freie Demokraten den EU-Emissionshandel (EU-ETS) schnellstmöglich auf alle Sektoren und geographisch ausweiten. So schaffen wir Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien und können auf die Vielzahl an klimapolitischen Vorgaben im Bereich der Ordnungs-, Förder- und Steuerpolitik verzichten. Durch ein striktes und jährlich sinkendes CO2-Limit in einem umfassenden Emissionshandelssystem können wir die CO2-Einsparziele zuverlässig erreichen. Es sollte jedoch regelmäßig auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Sachstandsberichten des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change) evaluiert werden. Sollte Klimaneutralität in der EU in dem Zuge bereits frühzeitiger angestrebt werden, kann der Emissionshandel die Zielerreichung durch Anpassung des Senkungspfads weiterhin garantieren. Den Weg dorthin überlassen wir dem Erfindergeist von Ingenieurinnen und Ingenieuren, Technikerinnen und Technikern sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. So können wir Klimaschutz marktwirtschaftlich und wissenschaftlich sicher erreichen. Der Weg kann und muss in Deutschland und Europa starten, er ist aber erst beendet, wenn alle Emissionen weltweit einen einheitlichen marktwirtschaftlichen CO2-Preis haben.

In welcher Form können Sie unsere Forderung unterstützen, dass die Verantwortung für die Gestaltung der gebauten Umwelt mithin nur Personen übertragen werden kann, die ihre berufsbefähigende Qualifikation zur Ausübung des Berufs des Architekten und Stadtplaners nachgewiesen haben?

Wir Freie Demokraten sind davon überzeugt, dass die Berufsgrundsätze der Architektinnen, Stadtplanern und Ingenieuren in den zurückliegenden Jahrzehnten die Basis für qualitätvolles Planen und Bauen in Deutschland war. Die durch die Landesarchitektenkammern geführte Architektenliste und die Architekten- und Baukammergesetze der Länder sichern diese Qualität und bieten eine hohe Transparenz gegenüber Dritten. Zusätzliche staatliche Eingriffe sind deshalb aus unserer Sicht momentan nicht erforderlich.

In welchen Politikfeldern sehen Sie Hürden für den Berufsvorbehalt und wie können diese Ihrer Meinung nach überwunden werden?

Wegen des Sachzusammenhangs wird auf die Antwort auf Frage 5 verwiesen.

Wie setzen Sie sich dafür ein, dass die heterogene Struktur der Büros planender Berufe erhalten bleibt und nicht zugunsten weniger großer Unternehmen kippt und der Berufsnachwuchs bei öffentlichen Vergaben bessere Chancen bekommt?

Wir Freie Demokraten sehen in den Freien Berufen eine wichtige Säule des Mittelstands. Wir wollen deshalb die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Freien Berufe erhalten und vor staatlicher Bevormundung schützen. Die hohen Qualitätsstandards, denen Architektur-, Stadtplanungs- und Ingenieurbüros verpflichtet sind, müssen weiterhin geschützt werden. Dazu wollen wir angemessene und sinnvolle Rahmenbedingungen für die Berufsausübung sicherstellen und insbesondere die vielen überflüssigen bürokratischen Hürden abbauen. Zudem streben wir eine Offensive für eine bessere Zahlungsmoral der öffentlichen Hand an. Offene Rechnungen können Liquidität und Arbeitsplätze besonders im Mittelstand massiv gefährden. Das wollen wir verhindern.

Wie bewerten Sie die von Kammern und Verbänden der Wertschöpfungskette Bau vorgetragene Idee, ein Bundesministerium zu schaffen, in dem die Ressorts Bauen, Umwelt, Stadtentwicklung und Mobilität zusammengefasst sind und so der Bund richtungsweisende Kompetenz zu Aspekten des Klimaschutzes bündelt?

Die Konzentration der Zuständigkeiten für das Planen und Bauen kann Verfahren beschleunigen und dabei helfen Abstimmungsprobleme bei dieser Querschnittsaufgabe abzumildern. Letztendlich wird allerdings über die Zuschnitte der Ministerien in den Koalitionsverhandlungen entschieden.

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