Händlerbund e.V.

Der E-Commerce besteht nicht nur aus Amazon. Vielmehr nutzen die großen Plattformen ihre Marktmacht und die starke Abhängigkeit ihrer gewerblichen Nutzer in missbräuchlicher Weise aus. Wie wollen Sie für Fairness sorgen? Und wie erreicht man eine gerechte Besteuerung der Riesen?

Wir Freie Demokraten wollen eine wirksame Kontrolle großer Unternehmen der Digitalwirtschaft schaffen, die Zugänge zum Internet kontrollieren. Solche Gatekeeper-Unternehmen, die etwa als dominierende Handelsplattform die Wettbewerbsbedingungen kleiner oder mittlerer Unternehmen entscheidend beeinflussen können, müssen einer speziellen Regulierung unterworfen werden. Die Regulierung soll verhindern, dass Gatekeeper den Wettbewerb verzerren, indem sie sich beispielsweise bei Suchergebnissen selbst begünstigen, indem sie die Interoperabilität mit Angeboten anderer Unternehmen einschränken oder indem sie die Geschäftsdaten ihrer Partnerinnen und Partner in unlauterer Weise zum eigenen Vorteil nutzen. Eine wirksame Kontrolle global agierender Gatekeeper-Unternehmen kann nicht allein von der Ebene des nationalen Rechts und der Behörden der EU-Mitgliedstaaten ausgehen. Wir unterstützen deshalb die Pläne zur Schaffung eines Digital Markets Act auf Ebene der Europäischen Union, mit dem eine das Kartellrecht ergänzende europäische Regulierung für Gatekeeper-Unternehmen geschaffen werden soll. Darüber hinaus unterstützen wir Initiativen auf OECD- und G20-Ebene für eine globale Mindestbesteuerung für Unternehmen. So sorgen wir für mehr Fairness im Wettbewerb zwischen großen internationalen Konzernen, die aggressive Steuervermeidung betreiben, und Mittelständlern.

Ob Verpackungsgesetz, Elektrogesetz oder Umsatzsteuer. Die bürokratischen Belastungen sind für KMU-Online-Händler enorm und nehmen oft mehr Zeit in Anspruch als das eigentliche Geschäft. Gerade kleine Unternehmen erwarten deutliche Vereinfachungen. Welche Entlastungen möchten Sie umsetzen?

Wir Freie Demokraten fordern einen Entfesselungspakt für die deutsche Wirtschaft, in dem Maßnahmen zur Bürokratieentlastung gebündelt und vorangetrieben werden. Der stetig wachsende Bürokratiedschungel belastet die Bürgerinnen und Bürger sowie die deutschen Unternehmen und bremst die wirtschaftliche Entwicklung aus. Initiativen wie das Bürokratieentlastungsgesetz IV, die Strategie „Einheitliche Ansprechpartner 2.0“ und eine Verlegung der Sozialversicherungsbeiträge in den Folgemonat müssen zu einer Gesamtstrategie gebündelt werden. Das gilt auch für schlankere Vergabe-, Register- und Informationsbestimmungen. Für jede neue Belastung durch geplante Regelungen sollen im doppelten Umfang Belastungen abgebaut werden („One in, two out“) – auch auf europäischer Ebene.

Häufig werden Extrasteuern, Paketabgaben und erhöhte MwSt. für Online-Käufe gefordert. Das soll angeblich Innenstädte stärken, löst in Wahrheit aber nicht die strukturellen Probleme der Städte. Unterstützen Sie diese Forderungen? Wie wollen Sie einen starken stationären und digitalen Handel fördern?

Wir Freie Demokraten wollen die Digitalisierung für mehr hybride Vertriebswege im Einzelhandel fördern. Wir wollen außerdem darauf hinwirken, das allgemeine Verkaufsverbot für den Einzelhandel an Sonntagen gemäß den verfassungsmäßigen Vorgaben zu lockern und dabei für Rechtssicherheit zu sorgen. In jeder Stadt wollen wir einen Innenstadt-Manager etablieren. Dieser soll Initiativen koordinieren und Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner für die lokalen Akteure sein. Kleine und mittlere Unternehmen des Einzelhandels haben es wegen der Coronapandemie zusätzlich besonders schwer. Deshalb wollen wir den vielfältigen Einzelhandel gezielt vor Ort zukunftsfit machen und so die Lebensqualität in unseren Innenstädten erhalten. Extrasteuern und ähnliche Lösungsansätze halten wir für nicht zielführend.

Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hindert branchen-bekannte Abmahnvereine und -anwälte nicht am massenhaften Abmahnen im Online-Handel, um Profit zu generieren. Wie wollen Sie das teils bereits gerichtlich festgestellte missbräuchliche Verhalten dieser Vereine und Anwälte eindämmen?

Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat im Rahmen ihres Antrags „Maßnahmen für mehr Fairness bei Abmahnungen“ (BT-Drs. 19/13165) Vorschläge formuliert, um Abmahnmissbrauch effektiv zu bekämpfen. Die Abmahnung hat sich als Instrument zur außergerichtlichen Geltendmachung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht grundsätzlich bewährt. In der Praxis ergeben sich jedoch erhebliche Probleme, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen wie etwa kleine Online-Shops belasten. Ursache sind die unverhältnismäßig hohen Abmahnkosten, die bereits bei Bagatellverstößen drohen. Sie sind häufig die eigentliche Motivation der Abmahnung, nicht der Schutz des fairen Wettbewerbs oder der Verbraucherinnen und Verbraucher. Diese Praxis hat das an sich sinnvolle Instrument der Abmahnung viel Akzeptanz gekostet. Wir schlagen daher vor, dass für die erste Abmahnung – außer bei schwerwiegenden, komplexen oder zeitkritischen Verstößen – weder ein Wettbewerber noch ein abmahnberechtigter Verband Abmahnkosten geltend machen kann, sofern der Abgemahnte den Wettbewerbsverstoß nicht kannte und ihn unverzüglich abstellt (vgl. BT-Drs. 19/13165).

Massenhafte Retouren belasten Umwelt, Verkehr und Wirtschaft. Lösungsansätze allein beim Händler greifen zu kurz – das Problem liegt beim Kunden. Wie wollen Sie die Zahl der Retouren senken und für ein Umdenken bei Verbrauchern sorgen? Wie stehen Sie zu einem Verbot kostenfreier Retouren?

Der Umgang mit Retouren insbesondere im Versandhandel ist ein komplexes Thema. Im Spannungsfeld zwischen Vertragsfreiheit und umweltpolitischem Verursacherprinzip plädieren wir insbesondere für eine verstärkte Aufklärung und Sensibilisierung der Kundinnen und Kunden im Hinblick auf ihr Konsumverhalten. Die weitere Entwicklung wollen wir eng beobachten und im Dialog mit allen Beteiligten an einer Lösung arbeiten.

Durch die EU-USt-Reform und die reduzierte Lieferschwelle für B2C-Fernverkäufe sind viele Online-Händler plötzlich im Ausland umsatzsteuerpflichtig. Die verschiedenen MwSt.-Sätze innerhalb der EU sind für KMU nicht alleine zu bewältigen. Wie stehen Sie zu einheitlichen MwSt.-Sätzen in der EU?

Wir Freie Demokraten wollen die Umsatzbesteuerung reformieren und vereinfachen. Ermäßigungen sollen grundsätzlich nur zur Abdeckung des materiellen und kulturellen Grundbedarfs sowie zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt bestehen bleiben. Vergleichbare Sachverhalte sollen auch gleichbehandelt werden. Im Gegenzug soll der allgemeine Steuersatz aufkommensneutral abgesenkt werden.

Unter besonderer Berücksichtigung von Datenschutzaspekten und ergebnisoffener Auswertung der Erfahrungen mehrerer europäischer Partnerländer wollen wir die für die Umsatzsteuererhebung notwendigen Informationen in einfacher und effizienter Weise über digitale, sichere und inklusive elektronische Dienste erheben lassen. So modernisieren und entbürokratisieren wir die Schnittstelle zwischen der Verwaltung und den Betrieben.

Auch für kleine Online-Händler gewinnt das Thema des innereuropäischen Handels zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig sind die rechtlichen und bürokratischen Anforderungen eine echte Herausforderung. Was schlagen Sie vor, um den Binnenmarkt auch für kleinere Akteure einfacher erschließbar zu machen?

Wir Freie Demokraten wollen die faire und regelbasierte europäische Wettbewerbsordnung schützen und stärken und damit internationale Standards setzen. Dazu gehört zum einen der Einsatz gegen Protektionismus im europäischen Binnenmarkt. Insbesondere für junge und mittelständische Unternehmen brauchen wir bessere Wettbewerbsbedingungen, gerade im Bereich der Digitalwirtschaft. Die Konzentration von Marktmacht auf etablierte und große Unternehmen behindert echten Wettbewerb und Innovation. Um die Erschließung des Binnenmarkts zu vereinfachen, wollen wir den Binnenmarkt vollenden.

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