Verband kommunaler Unternehmen e.V.

„Nichts geschieht, wenn es nicht vor Ort passiert! Unser Auftrag: Daseinsvorsorge. Mit welchen konkreten Maßnahmen oder Vorhaben wollen Sie die kommunale Ebene/Kommunalwirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen?

Wir Freie Demokraten wollen den EU-Emissionshandel (EU-ETS) schnellstmöglich auf alle Sektoren und geographisch ausweiten. Die Politik gibt vor, wieviel CO2 im Jahr ausgestoßen werden darf. Für den Ausstoß müssen Zertifikate erworben werden, die von Jahr zu Jahr weniger und damit teurer werden. Wer hingegen besonders viel CO2 spart, muss weniger Zertifikate kaufen und spart Geld und wer CO2 speichert, muss dafür Geld erhalten. So schaffen wir Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien, von denen auch kommunale Unternehmen profitieren. Wir bekennen uns ausdrücklich zu dem Ziel aus dem Pariser Abkommen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Deutschland und Europa haben sich zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 verpflichtet. Dieses Ziel können wir durch ein striktes und jährlich sinkendes CO2-Limit in einem umfassenden Emissionshandelssystem zuverlässig erreichen.

Mit der Energiewende stellen sich auch Verteilungsfragen. Wie sollen steigende CO2-Preise – BEHG, CO2-Preise im Bereich Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft etc. – mit notwendigem sozialen Ausgleich in Einklang gebracht werden?

Wir Freie Demokraten wollen die Klimaschutzziele mit einem sektorübergreifenden Emissionshandel erreichen. Aus den Einnahmen der Versteigerung der Emissionsrechte soll eine Reduzierung der Stromsteuer auf den EU-Mindestsatz sowie eine Pro-Kopf-Klimadividende finanziert werden. Zudem wollen wir die EEG-Umlage abschaffen, um auf diese Weise steigende Energiekosten für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen r zu kompensieren. Unnötige Regulierungen und Belastungen durch die Finanzierung von Subventionen wollen wir ebenfalls abschaffen.

Klimawandel, Digitalisierung: Wir brauchen ein Infrastruktur-Update. Der Ausbau von Energie-, Wasser- und Glasfasernetzen sowie Abwasserkanälen muss langfristig geplant und kalkuliert werden. Wirtschaft und Jugend profitieren. Wie wollen Sie den Infrastrukturbetreibern bei der Aufgabe helfen?

Wir wollen den Netzbetreibern langfristige Planungssicherheit geben und bekennen uns klar zum Stromnetzausbau im Rahmen der Energiewende. Wir wollen auch für Wasserstoffnetze einen konsistenten und technologieoffenen Regulierungsrahmen schaffen. Die Planungsverfahren wollen wir beschleunigen, indem wir Verfahren straffen und Doppeluntersuchungen abschaffen, die Möglichkeiten der Digitalisierung in allen Bereichen der Planung nutzen, die Planungs- und Genehmigungsbehörden gezielt mit ausreichend Fachkräften ausstatten und eine frühzeitige und umfassende Bürgerbeteiligung sicherstellen.

Atom- und Kohleausstieg hinterlassen eine Lücke an verlässlicher Erzeugungsleistung. Für die sichere Energieversorgung reichen Speicher allein nicht. Sind KWK-Anlagen bzw. Gaskraftwerke -perspektivisch umrüstbar auf Wasserstoff- eine klimafreundliche Option & welche Rahmenbedingungen planen Sie?

Durch den Kohle- und Atomausstieg fallen erhebliche Mengen an gesicherter Kraftwerksleistung aus dem Markt. Dies stellt angesichts der volatilen Stromerzeugung aus Sonnen- und Windenergie eine enorme Herausforderung für die Versorgungssicherheit dar. Wir sehen daher sowohl für Speicher als auch für KWK- und Gaskraftwerke erhebliche Marktchancen in einer sicheren und nachhaltigen Energieversorgung der Zukunft. Dazu wollen wir für mehr Wettbewerb im Energiemarkt sorgen und bekennen uns dabei klar zum Prinzip der Technologieoffenheit. Diskussionen über einen Gasausstieg halten wir zum jetzigen Zeitpunkt für gefährlich, da sie Investoren verunsichern. Wir unterstützen den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft für den weltweiten Handel mit klimafreundlichen Gasen. Somit können auch Gaskraftwerke und KWK-Anlagen perspektivisch klimaneutral betrieben werden. Wir wollen das Monitoring der Versorgungssicherheit weiterentwickeln, um rechtzeitig auf mögliche Unterdeckungen reagieren zu können. Außerdem wollen wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren für das Errichten bzw. Umrüsten von Anlagen vereinfachen und beschleunigen.

Flächendeckender Glasfaserausbau: Wie stehen Sie zu der Idee, Wettbewerb auf dem Netz statt zwischen den Netzen deutlich stärker zu unterstützen und wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die Rolle von Kooperationen unterschiedlicher Netzbetreibern beim Glasfaserausbau?

Mit Gigabit-Gutscheinen für Privathaushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen wollen wir den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen nachfrageorientiert und kosteneffizient beschleunigen. Mit den Gutscheinen wird ein Teil der Kosten erstattet, die bei der Umstellung auf Gigabit entstehen. Damit schaffen wir einen wirksamen Anreiz für Investitionen in den Gigabit-Netzausbau. Dieses nachfrageorientierte Verteilungssystem ist so auszugestalten, dass die Last der Bedarfsermittlung von den Kommunen genommen wird.

Der Klimawandel ist spürbar: Lange Trockenheit stresst regionale Wasserressourcen, auf die Wasserversorger und andere Nutzergruppen zugreifen. Wie wollen Sie die öffentliche Wasserversorgung langfristig sicherstellen? An welchen Punkten sehen Sie welchen Handlungsbedarf der Bundesebene?

Wir Freie Demokraten wollen die Risiken, die der Klimawandel auch für Deutschland mit sich bringt, reduzieren. Wichtige Herausforderungen für die kommenden Jahre sind die Verbesserung der Abwasserbehandlung hinsichtlich der Wiederverwertung und -effizienz (Reuse Directive), die Grundwassererneuerung und die Klimaanpassung der Infrastruktur. Hier wollen wir Investitionen auch durch unkomplizierte Planungs- und Genehmigungsverfahren erleichtern und die Nutzung der Chancen der Digitalisierung forcieren. Trinkwasser genießt für uns einen hohen Stellenwert. Nutzungshierarchien bei der Wasserverwendung halten wir jedoch nicht für zielführend. Besonderes Augenmerk wollen wir auf die interkommunale Zusammenarbeit im Bereich der Wasserversorgung und des Hochwasserschutzes legen.

Wir wollen zudem dafür Sorge tragen, dass unser Grundwasservorkommen schonend bewirtschaftet wird und sauber bleibt. Wir setzen uns darüber hinaus für Feuchtbiotope sowie für intakte Gewässer ein, weil sie für die kommunale Wasserversorgung, unsere Gesundheit und die Artenvielfalt von Bedeutung sind. Deshalb müssen Einträge, zum Beispiel Rückstände aus Landwirtschaft, Industrie, Bergbau sowie Medikamente, immer dort reduziert werden, wo eine Gefährdung vorliegt. Es gilt das Verursacherprinzip.

Starker Wirtschaftsstandort, gleichwertige Lebensverhältnisse: Interkommunale Zusammenarbeit hilft, dass Daseinsvorsorge sicher und bezahlbar bleibt – auch auf dem Land. Bei Bädern und ÖPNV hilft der steuerliche Querverbund. Beides steht oft unter Druck: Was wird Ihre Partei hier tun?

Kommunen tragen vielfach Verantwortung dafür, dass Leistungen, die der Daseinsvorsorge zugerechnet werden, zuverlässig und preiswert zur Verfügung stehen. Dafür werden Kommunen in ihren Gemeindeordnungen Spielräume für eigenwirtschaftliche Tätigkeit zugestanden. Diese Spielräume sollten aber nicht genutzt werden dürfen, um erfolgreich privatwirtschaftlich erbrachte Leistungen zu rekommunalisieren sowie sich als Kommune auch über die Grenzen der Daseinsvorsorge hinaus wirtschaftlich zu betätigen.

Die finanzielle Ausstattung der Kommunen wollen wir verbessern. Wir fordern daher eine Reform der Gemeindefinanzen. Dabei soll die Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer und einen kommunalen Zuschlag mit eigenem Hebesatzrecht auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer ersetzt werden. Kommunen soll ermöglicht werden, ihre vielfältigen Aufgaben zu erfüllen.

Welche konkreten Maßnahmen unterstützt ihre Partei, um die Mitverursacher der Vermüllung des öffentlichen Raums, konkret Hersteller von Einwegprodukten (z.B. To-Go-Verpackungen) an den Stadtreinigungskosten angemessen zu beteiligen?

Wir Freie Demokraten wollen mit Bußgeldern und deren konsequenter Vollstreckung gegen Abfall-sünder im öffentlichen Raum vorgehen. Wir wollen eine Vorbild- und Mitmachdynamik zum Wohle und im Einklang mit der Umwelt anreizen. Die stärkere finanzielle Belastung von Verpackungsherstellern halten wir für den falschen Weg. Sie trifft am Ende auch die Konsumentinnen und Konsumenten, die ihre Abfälle im öffentlichen Raum ordnungsgemäß entsorgen. Wir finden: Vorbildliches Verhalten darf nicht finanziell bestraft werden.

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