Deutscher Bauernverband e.V.

Die Reform der GAP + der Green Deal mitsamt Farm-to-Fork-Strategie fordern mehr Umweltleistungen + wirken zugleich weniger einkommensfördernd. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass die Ernährungssicherung durch die Landwirte in Deutschland möglich bleibt und diese ausreichendes Einkommen erzielen können?

Wir Freie Demokraten wollen Umwelt- und Klimaschutz ergebnisorientiert und durch marktwirtschaftliche Instrumente erreichen. Immer mehr Auflagen und Regelungen, die in ihrer Wirkung fraglich sind und das Wirtschaften der Landwirte unverhältnismäßig einschränken, lehnen wir ab. An die Direktzahlungen sind immer weitgehendere Bedingungen und Auflagen geknüpft, für dessen Erfüllung Landwirte erheblichen Mehraufwand und somit höhere Produktionskosten zu verbuchen haben. Dadurch schwindet deren wirksamer Einkommenseffekt zusehends. Deshalb wollen wir die Landwirte unabhängig von diesen Zahlungen machen und hin zu mehr zukunftssichernder Investitionsförderung sowie Forschung. Es gilt, die Funktionen unserer modernen Landwirtschaft in Einklang zu bringen und den Natur- und Artenschutz mit dem primären Ziel der Ernährungssicherung zu vereinen. Dies wollen wir über Naturschutzkooperationen statt pauschaler Verbote erreichen. Zielkonflikte in der Farm-to-Fork Strategie gilt es auszuräumen.

Gemeinsamer Markt ohne gemeinsame Standards sorgt für Wettbewerbsverzerrungen. Wie wollen Sie die Verlagerung der land. Erzeugung in Länder innerhalb + außerhalb der EU mit niedrigeren Standards verhindern? Welche Rolle können dabei Kennzeichnungssysteme/Ausgleichsregelungen für nat. Sonderwege spielen?

Wir Freie Demokraten bekennen uns zur Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP). Gleichzeitig kann nur mit fairen Wettbewerbsbedingungen im gemeinsamen Binnenmarkt eine Abwanderung der landwirtschaftlichen Produktion und Weiterverarbeitung der Lebensmittel ins Ausland verhindert werden. Nationale Kompetenzen in der GAP dürfen nicht dazu missbraucht werden, Wettbewerbsverzerrungen herbeizuführen, wie es etwa durch die Einführung gekoppelter Zahlungen geschieht. Auch global setzen wir uns für Wettbewerb mit fairen Rahmenbedingungen ein. Deshalb wollen wir, dass sich die Welthandelsorganisation stärker für Marktwirtschaft einsetzt und weniger auf Bürokratie setzt, sodass Landwirte weltweit unabhängig von staatlichen Subventionen wettbewerbsfähig wirtschaften können. Wir fordern ein einfaches, transparentes und verpflichtendes Tierwohllabel in der gesamten Europäischen Union und mittelfristig europaweit einheitliche Tierschutzstandards.

Nutztierhalter sind mit steigenden Anforderungen seitens der Gesellschaft und des Lebensmitteleinzelhandels sowie mit ordnungspolitischen Auflagen konfrontiert. Mit welchen Strategien wollen Sie für wirtschaftliche Perspektiven mit Planungssicherheit in der Nutztierhaltung in Deutschland sorgen?

Wir Freie Demokraten wollen den Umbau der Nutztierhaltung gemeinsam mit den Landwirten mit marktwirtschaftlichen Instrumenten erreichen. Landwirte müssen ganz grundlegend in die Lage versetzt werden, die mit höheren Standards beim Tierwohl verbundenen Mehrkosten über den Markt erwirtschaften zu können. Statt immer weitergehenden ordnungsrechtlichen Auflagen brauchen Landwirte zunächst verlässliche Rahmenbedingungen. Nur so können notwendige Investitionsentscheidungen im Stallum- oder -neubau für mehr Tierwohl langfristig planbar sein. Widersprüche zwischen Tierwohl und Immissionsschutz wollen wir über eine Novelle des Baurechts auflösen. Um die Produktionsbedingungen in der Tierhaltung im gesamten EU-Binnenmarkt mit vielfältigen Warenströmen vergleichbar darzustellen, fordern wir ein europaweit einheitliches, verbindliches Tierwohlkennzeichen.

Landwirtschaft emittiert THG, mindert diese durch nachwachsende Rohstoffe sowie Bioenergie, bindet Kohlenstoff + ist durch Extremwetter betroffen. Wie will Ihre Partei die Ernährungssicherung aus heimischer Erzeugung so mit Klimaschutz zusammenbringen, dass die Erzeugung nicht ins Ausland verlagert wird?

Wir Freie Demokraten wollen die Landwirtschaft bestmöglich auf die Herausforderungen des Klimawandels vorbereiten. Doch genauso, wie die Land- und Forstwirtschaft betroffen sein kann, ist sie auch ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Klimawandel. Denn durch Pflanzenwachstum und gezielten Humusaufbau kann CO2 auf natürliche Art und Weise im landwirtschaftlich genutzten Boden gebunden werden. Wir wollen diese Klimaschutzleistung marktwirtschaftlich honorieren und dessen Inwertsetzung vorantreiben. Wir wollen mit einer klugen Rahmensetzung und schlanken Regulierungen im Bereich des sogenannten „Carbon Farming“ mehr Betrieben einen marktwirtschaftlichen Weg aufzeigen, zusätzlich zu ihrer primären Funktion der Nahrungsmittelproduktion Klimaschutz als Geschäftsmodell zu etablieren. Ein Verbot von bestimmten Pflanzenschutzmitteln, das der konservierenden und somit klimaschonenden Bodenbearbeitung im Wege steht, lehnen wir ab.

Welche Strategie verfolgen Sie, um den Schutz von Biodiversität innerhalb von Schutzgebieten + in der Agrarlandschaft zu sichern + wie sollen die Leistungen der Land. zum Natur- + Artenschutz honoriert werden? Wie sieht Ihre Balance zwischen dem Schutz streng geschützter Arten (Wolf, Gänse) + deren Management aus?

Wir Freie Demokraten setzen uns für einen ergebnisorientierten Insekten- und Artenschutz ein. Diesen erreichen wir nicht durch pauschale Bewirtschaftungsverbote, Auflagen und fachlich nicht nachvollziehbare Regulierung für die Landwirtschaft, sondern durch kooperative Ansätze und Naturschutzkooperationen. Wir wollen Biber und Wolf, aber auch weitere Tierarten wie Kormorane und Nandus in das Bundesjagdgesetz aufnehmen. Der günstige Erhaltungszustand des Wolfes ist nach den Kriterien der FFH-Richtlinie vielerorts bereits erreicht. Nach den Kriterien der FFH-Richtlinie muss der Wolf von Anhang IV in den Anhang V der Richtlinie überführt werden – dafür setzen wir Freie Demokraten uns ein. Zudem wollen wir beim Wolf ein aktives Bestandsmanagement einführen, um die Weidetierhaltung nicht weiter zu bedrohen.

Welche Zukunft haben die Bioenergie bzw. nachwachsende Rohstoffe? Welche Nutzungsformen (Wärme, Strom, Verkehr, stoffliche Nutzung) halten Sie für besonders unterstützenswert?

Biogas- und Biomasse-Anlagen sind (im Gegensatz zu Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen) tageszeit- und wetterunabhängig zu betreiben und können daher jederzeit Strom und Wärme liefern. Wir sehen sie daher als wichtige Elemente der regenerativen Energieerzeugung an. Wir Freie Demokraten streben an, dass die erneuerbaren Energieträger zukünftig Systemverantwortung übernehmen und selbst für die Sicherheit ihres Stromangebots sorgen. In einem solchen offenen Leistungsmarkt werden Bioenergieanlagen wirtschaftliche Vorteile haben. Die Erhaltung von bestimmten Bioenergieanlagen ist für uns jedoch kein Selbstzweck, auch solche Anlagen müssen sich letztlich aus sich selbst heraus rechnen.

Welche Maßnahmen planen Sie im Bereich der Ertrags-, Umsatz-, Erbschaft- und Substanzsteuern? Wie kann für die landwirtschaftlichen Betriebe Stabilität gewährleistet, die Investitionsbereitschaft gestärkt und die Vermögenssubstanz erhalten werden?

Wir Freie Demokraten wollen die Investitionsbereitschaft mit verlässlichen Rahmenbedingungen für landwirtschaftliche Betriebe stärken, um derartige Entscheidungen überhaupt wieder planbar zu machen. Für uns steht fest, dass die Weitergabe von erarbeitetem Eigentum und Vermögen und die Fortführung von Familienunternehmen nicht durch steuerliche Regelungen behindert werden darf. Damit die Unternehmen nicht durch Erbgänge oder eine Substanzbesteuerung gefährdet werden, lehnen wir eine Verschärfung der Erbschaftsteuer oder die Wiedereinführung der Vermögensteuer ab. Wir wollen zudem eine Trendwende bei der Abgabenquote erreichen und die Abgabenbelastung für die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber wieder auf unter 40 Prozent senken. Denn die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger unseres Landes dürfen nicht durch immer höhere Abgaben daran gehindert werden, unseren Wohlstand zu sichern. 

Halten Sie es für nötig, der Konzentration von Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels und großer Verarbeitungsunternehmen in der Lebensmittelkette entgegen zu treten? Wie kann eine Stärkung der Position der landwirtschaftlichen Erzeuger erreicht werden?

Wir Freie Demokraten machen uns für die marktwirtschaftliche Preisbildung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der gesamten Wertschöpfungskette vom Acker bis zum Einzelhandel stark. Die Regelungen gegen Marktmachtmissbrauch wollen wir konsequenter umsetzen. Wo auch immer sich Marktmacht einseitig konzentriert, schadet dies dem fairen Wettbewerb. Wir wollen die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht und Fusionskontrolle stärken, durch eine Reform des Genossenschaftsrechts die starren Lieferbeziehungen zwischen Genossenschaft und Erzeugern modernisieren und die innergenosschenschaftliche Demokratie stärken. Langfristig werden die deutschen Landwirte nur von verbesserten Einkommen profitieren, wenn die Politik für ein Level-Playing Field in sämtlichen Rechtsbereichen der Lebensmittelerzeugung auf europäischer Ebene sorgt, von nationalen Alleingängen absieht und die Einhaltung geltenden Rechts gewährleistet.

zur Übersicht der Wahlprüfsteine