Deutscher Franchiseverbande.V.

AV-Pflicht Sehen Sie die Notwendigkeit, auch die Selbständigen vor einer Verarmung im Alter zu schützen, die nicht schon heute obligatorisch oder aus freien Stücken für das Alter vorsorgen? Wenn ja, wie sollen wirksame Maßnahmen aussehen, die das Risiko von Altersarmut bei Selbständigen reduzieren?

Wir Freie Demokraten wollen maximale Wahlfreiheit für Selbstständige bei der Altersvorsorge. Auch die Form der Vorsorge soll frei wählbar sein. Der Zugang zur gesamten geförderten privaten Altersvorsorge muss dabei künftig für alle Erwerbstätigen offen sein. So verhindern wir auch, dass Personen mit Zickzack-Lebensläufen beim Wechsel in die Selbstständigkeit ihre Direktversicherung oder ihre Riester-Förderung verlieren. Für die Gründungsphase wollen wir Karenzfristen. Dabei halten wir eine Pflicht zur Altersvorsorge wie bei der Krankenversicherung für angemessen. Die Wahlfreiheit soll für alle Selbstständigen ohne obligatorisches Alterssicherungssystem sowie für Selbstständige gelten, die bisher in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

Bürokratie Die Forderung nach Bürokratieabbau findet sich in allen Wahlprogrammen wieder. Wenn in Deutschland die Gründerkultur gestärkt werden soll, in welchen Punkten setzt die benannte Forderung konkret an und welche Werkzeuge der Digitalisierung können hierbei unterstützen?

Wir Freie Demokraten fordern einen Entfesselungspakt für die deutsche Wirtschaft, in dem Maßnahmen zur Bürokratieentlastung gebündelt und vorangetrieben werden. Der stetig wachsende Bürokratiedschungel belastet die Bürgerinnen und Bürger sowie die deutschen Unternehmen und bremst die wirtschaftliche Entwicklung aus. Initiativen wie das Bürokratieentlastungsgesetz IV, die Strategie „Einheitliche Ansprechpartner 2.0“ und eine Verlegung der Sozialversicherungsbeiträge in den Folgemonat müssen zu einer Gesamtstrategie gebündelt werden. Das gilt auch für schlankere Vergabe-, Register- und Informationsbestimmungen. Für jede neue Belastung durch geplante Regelungen sollen im doppelten Umfang Belastungen abgebaut werden („One in, two out“) – auch auf europäischer Ebene.

Durch eine umfassende Föderalismus- und Verwaltungsreform wollen einen modernen und handlungsfähigen Staat schaffen. Es geht nicht nur um die Digitalisierung von Prozessen, sondern vor allem um einen Mentalitätswandel. Um das Megaprojekt der Verwaltungsmodernisierung zu bewältigen, setzen wir auf eine agile Herangehensweise, die arbeitsfähige Ergebnisse vor starren Strategien priorisiert. Um Anreize für die digitale Transformation von Prozessen und Arbeitsweisen zu schaffen, sollen durch die Digitalisierung erreichte Einsparungen („Digitale Dividende“) für Investitionen in der jeweiligen öffentlichen Stelle verbleiben.

Behörden wollen wir konsequent zu One-Stop-Shops ausbauen. Daten werden einmalig an die Verwaltung weitergegeben und dann an entsprechender Stelle verarbeitet. Zur Funktionsfähigkeit des Systems fordern wir einheitliche Standards. Damit lassen sich Prozesse der Verwaltung beschleunigen. Wir bauen damit Bürokratie ab und erleichtern das Gründen. Darüber hinaus kann ein One-Stop-Shop die Vernetzung und den Austausch mit privaten und öffentlichen Akteuren vorantreiben.

Franchise in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren branchenübergreifend stabil-positiv entwickelt. Welche Wachstumsmöglichkeiten sehen Sie zukünftig für die Franchisewirtschaft und welchen Stellenwert räumen Sie dieser Art von Unternehmenskooperationen selbstständiger UnternehmerInnen ein?

Wir Freie Demokraten begrüßen es, wenn sich Menschen auf den Weg in die Selbstständigkeit begeben. Die Coronakrise hat gezeigt, dass für Selbstständige, Freelancerinnen und Freelancer sowie Freiberuflerinnen und Freiberufler keine zentrale Ansprechperson in der Bundesregierung vorhanden ist und ihre Interessen viel zu häufig unter den Tisch fallen. Wir wollen daher eine Beauftragte oder einen Beauftragten der Bundesregierung für Selbstständige. Denn Selbstständige, Freelancerinnen und Freelancer sowie Freiberuflerinnen und Freiberufler sind für unsere moderne Wissensgesellschaft unersetzlich.

Um die Wachstumsmöglichkeiten auch im Franchisebereich zu nutzen, wollen wir mit unterschiedlichen Reformansätzen wir die Selbstständigkeit erleichtern, sie als Selbstbestimmung ernst nehmen und für mehr öffentliche Wertschätzung von Selbstständigen sorgen. Ungleichbehandlungen wollen wir abbauen und zum Beispiel die Beiträge für Selbstständige zur gesetzlichen Krankenversicherung endlich an den tatsächlichen Einnahmen orientieren, das Statusfeststellungsverfahren hin zu klaren gesetzlichen Positivkriterien reformieren und die maximale Wahlfreiheit für Selbstständige bei der Altersvorsorge gewährleisten.

Mit den Corona-Hilfen wurde seitens der Bundesregierung ein wichtiges Instrument zur Stabilisierung von KMU geschaffen. Welche Maßnahmen der Sofort- bzw. Überbrückungshilfen werden Sie verlängern bzw. neu auflegen? Welche Zusagen für die Zeit nach der Wahl können Sie aus Ihrer Sicht treffen?

Wir Freie Demokraten fordern, dass eine kurzfristige Liquiditätshilfe direkt vom Finanzamt ausgezahlt werden kann. Statt Steuervorauszahlungen von den Konten der Unternehmen abzubuchen, überweisen die Finanzämter eine negative Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer als Liquiditätssoforthilfe: die „Negative Gewinnsteuer“. Als Bemessungsgrundlage dient der letzte Steuerbescheid. In einem zweiten Schritt soll eine deutlich erweiterte Verlustverrechnung mit Gewinnen vergangener oder künftiger Jahre eingeführt werden. Damit sorgen wir in wirtschaftlichen Krisenzeiten für schnelle und unbürokratische Hilfen und verhindern unnötige Jobverluste und Insolvenzen. Hilfen für Selbstständige mit und ohne Angestellte müssen darüber hinaus einen ausreichenden Unternehmerlohn zu gewährleisten.

Gründungskultur In den Jahren 2010 bis 2020 sind die Existenzgründungen in Deutschland stetig von 417.000 auf 234.000 gesunken. Mit welchen konkreten Förderpaketen möchten Sie Deutschland wieder zu einen Gründerland machen?

Wir Freie Demokraten wollen den Zukunftsfonds (Dachfonds) zur Start-up-Finanzierung deutlich ausbauen. Anstatt nur mehr staatliche Mittel bereitzustellen, wollen wir für privates Kapital die Investition in Wagniskapital attraktiver gestalten. Der Dachfonds baut eine Brücke, um die derzeitigen Hindernisse, wie zu hohe Eigenkapitalanforderungen oder zu kleine Investitionssummen, zu überwinden. Der Dachfonds steht institutionellen Investorinnen und Investoren, „Family Offices“ und erfahrenen Privatanlegerinnen und Privatanlegern offen. Er sammelt Geld ein und investiert es hauptsächlich in deutsche Venture-Capital-Fonds. Zugleich profitieren die Bürgerinnen und Bürger über ihre Altersvorsorge von den hiesigen Gründungserfolgen.

Deutschland kann nur dann dauerhaft Wohlstand und soziale Sicherheit gewährleisten, wenn die Unternehmen innovative Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Das Steuerrecht muss dazu einen Beitrag leisten, indem es die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung von Wagniskapital verbessert. Dadurch schaffen wir bessere Bedingungen für Start-ups und geben Innovationen eine Chance. Gerade die Coronakrise hat gezeigt, dass der stete Wandel der Wirtschaft neue Ideen und Wege erfordert. So muss Deutschland bei der Digitalisierung aufholen. Deshalb brauchen wir ein Steuerrecht, das innovative Unternehmen unterstützt.

Außerdem wollen wir Gründerstipendien ausweiten und gründungsunterstützende Projekte wie Gründerzentren, Wettbewerbe und Hackathons finanziell unterstützen.

Förderungen In den Jahren 2010 bis 2020 sind die Existenzgründungen in Deutschland stetig von 417.000 auf 234.000 gesunken. Wie stehen Sie zu einer staatlichen Existenzgründungsförderung, gegebenenfalls auch ermessensfrei?

Wir Freie Demokraten fordern einen branchenunabhängigen Gründungszuschuss, der entkoppelt von einer vorhandenen Arbeitslosigkeit gewährt wird. Zum Beispiel sollen sich die Gründerinnen und Gründer auch während beziehungsweise nach der Familienphase einmalig um eine Förderung in der Startphase bewerben können. Dafür muss ein tragfähiges Existenzgründungskonzept vorliegen. Vorbild kann hier das NRW-Gründerstipendium sein. Zur sozialen Absicherung soll, befristet auf maximal 15 Monate, zudem eine Pauschale von 300 Euro gewährt werden, die eine freiwillige Absicherung in den gesetzlichen Sozialversicherungen ermöglicht. Krankenkassenbeiträge von freiwillig gesetzlich versicherten Selbstständigen sollen anhand des tatsächlichen Einkommens bemessen werden. Damit fördern wir Gründungen in allen Lebenslagen.

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