Verband Deutsch-Syrischer Hilfsvereine e.V.

Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass Syrer*innen, vor allem die mit subsidiärem Schutz in Deutschland, nicht mehr ihren Reisepass in der syrischen Botschaft beschaffen müssen?

Die Passbeschaffung muss zumutbar sein. § 5 Absatz 1 der Aufenthaltsverordnung sieht eine Einzelfallprüfung der zuständigen Ausländerbehörde vor. Dies erscheint auch im Fall syrischer Staatsangehöriger sachgerecht, um den besonderen Risiken, die sich für Schutzsuchende aus Syrien und gegebenenfalls ihre Familienangehörigen ergeben können, die noch in Syrien sind, Rechnung zu tragen. 

Welche Maßnahmen werden Sie auf struktureller und gesellschaftlicher Ebene zur Stärkung der Vielfältigkeit und Bekämpfung von Rassismus treffen?

Wir Freie Demokraten erkennen die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus als besondere Herausforderung an. Wir stellen uns Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aktiv entgegen. Rechtsextreme Vereinigungen müssen konsequent verboten werden. Die Beobachtung rechtsextremer Gefährderinnen und Gefährder muss zügig intensiviert werden. Die Sicherheitsbehörden müssen sich besser um den Schutz besonders gefährdeter Gruppen und ihrer Einrichtungen kümmern. Für Menschen mit gefährlichen rechtsextremen Einstellungen ist im öffentlichen Dienst kein Platz.

Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass Deutschland den Abschiebestopp nach Syrien wieder einsetzt und somit dem Refoulement-Verbot des internationalen Völkerrechts Rechnung trägt?

Zu einem geordneten Einwanderungsrecht gehört auch eine konsequente Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung - wenn die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, auch nach Syrien. Das Auswärtige Amt muss die Entwicklung der Lage in Syrien eng beobachten. Solange Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen, ist eine Abschiebung ausgeschlossen. 

Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass es keine Normalisierung der Beziehungen Deutschlands mit dem syrischen Regime gibt?

Siehe Antwort zu Frage 5.

Wie stehen Sie zu einer Beteiligung Deutschlands und der EU am Wiederaufbau in Syrien und unter welchen Bedingungen?

Die Fragen 4 und 5 werden im Zusammenhang beantwortet.

Wir Freie Demokraten sind überzeugt, dass Deutschland und Europa die Nachkriegsordnung Syriens nicht den Verbündeten Assads, Russland und Iran, überlassen dürfen. Eine europäische Beteiligung am Wiederaufbau des Landes kann aber nur im Rahmen eines abgestimmten Vorgehens erfolgen. Dabei müssen künftige Hilfen an klare Voraussetzungen geknüpft sein. Hierzu gehören unter anderem ein Friedens- und Verfassungsprozess für das Land, der alle Bevölkerungsgruppen einschließt, Rahmenbedingungen für die Rückkehr der Flüchtlinge und der militärische Rückzug des Irans. Europa darf nicht Geldgeber einer russischen oder iranischen Nachkriegsordnung werden. Schließlich müssen in den laufenden, ursprünglich in Astana avisierten Prozess zur Bildung einer neuen Verfassung alle Akteure des syrischen Bürgerkriegs eingebunden werden (vgl. „Syrien stabilisieren – Friedensprozess voranbringen“ BT-Drs.-19/5840).

Wie werden Sie sich für gleiche Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte in Deutschland einsetzen?

Bildung ist für uns Freie Demokraten die elementare Voraussetzung für individuelles Vorankommen und ein selbstbestimmtes Leben. Die Chance zum sozialen Aufstieg hängt heute mehr denn je von der Bildung ab. Gerade in Deutschland bestimmt leider noch viel zu oft die eigene Herkunft über den eigenen Bildungserfolg. Wir Freie Demokraten wollen, dass jeder Mensch sein volles Potential ausschöpfen kann – und das ein Leben lang. Gerade Kinder und Jugendliche mit Migrationsgeschichte benötigen dabei besondere Unterstützung.

Sprache ist aus unserer Sicht eine wichtige Voraussetzung für Teilhabe und Bildung. Daher wollen wir, dass jedes Kind mindestens ein Jahr  vor der Einschulung an einem Deutschtest teilnimmt. Werden Sprachdefizite zum Beispiel durch Erzieherinnen oder Erzieher in Kitas und bei kinderärztlichen Untersuchungen früh erkannt, können sie auch frühzeitig durch zielgerichtete Fördermaßnahmen ausgeglichen werden. So können wir jedem Kind gerechtere Startchancen verschaffen. Zudem wollen wir auch den herkunftssprachlichen Unterricht an Schulen besser fördern. Darin sehen wir eine große Chance für die Verbesserung der Sprachkenntnisse von Migrantinnen und Migranten. Deshalb ermutigen wir die Schulen und Schulträger, verstärkt herkunftssprachlichen Unterricht anzubieten. Die Länder müssen dabei klare und attraktive Rahmenbedingungen für die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern schaffen. Dabei ist auch das Engagement von Ehrenamtlichen besser zu nutzen und Lehr- und Lernwillige sind auch außerhalb des Schulbetriebs in Sprachkursen zusammenzubringen. Herkunftssprachlicher Unterricht hilft letztlich auch beim Erlernen der deutschen Sprache und ist damit ein Motor der Integrationspolitik.

Wir setzen uns auch dafür ein, Initiativen in Form von Aufstiegspatenschaften einzubinden, um Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen Elternhäusern zu helfen, den eigenen Weg zu beruflichen Bildungsabschlüssen oder an die Hochschule zu gehen. Durch die Beratung und Unterstützung für die eigenen Lebens- auf Aufstiegspläne kann vor allem Jugendlichen aus nichtakademischen Elternhäusern der Weg an die Hochschule geebnet werden.

Darüber hinaus setzen wir Freien Demokraten uns dafür ein, dass in ganz Deutschland Talentschulen mit modernster Pädagogik und bester Ausstattung aufgebaut werden – insbesondere in kinderreichen Stadtteilen und in Regionen mit großen sozialen Herausforderungen. Dabei orientieren wir uns am erfolgreichen Konzept der Talentschulen in Nordrhein-Westfalen.

Was werden Sie tun, damit traumatisierte Geflüchtete in Deutschland besser versorgt werden?

Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat vorgeschlagen, das gesamte Anerkennungsverfahren in zentralen Unterbringungseinrichtungen durchzuführen, inklusive der medizinischen Versorgung und einer Untersuchung der ankommenden Schutzsuchenden. Hierzu gehört auch eine psychologische Untersuchung, um Traumata frühzeitig zu entdecken (vgl. „Für einen konsequenten Ansatz in der Einwanderungspolitik – Eckpunkte eines umfassenden Einwanderungsgesetzbuches“ BT-Drs.-19/9924). Eine gute gesundheitliche Versorgung, einschließlich des Zugangs zu psychologischer Behandlung, und die Teilhabe an unserem Gesundheitssystem gehört zu den nicht verzichtbaren Bestandteilen der Integration.

Werden Sie sich für die strafrechtliche Verfolgung schwerster Menschenrechtsverletzungen in Syrien einsetzen?

Ja. Deutschland sollte gemeinsam mit den europäischen Partnern im Rahmen eines Friedens- und Verfassungsprozesses auf eine Aufarbeitung der Kriegsverbrechen durch den Internationalen Strafgerichtshof hinwirken. Nur so kann ein glaubwürdiger Aussöhnungsprozess beginnen. Insbesondere muss den zahlreichen Hinweisen auf Folter und Hinrichtungen sowie dem Einsatz von Chemiewaffen weiter nachgegangen werden (vgl. „Syrien stabilisieren – Friedensprozess voranbringen“ BT-Drs.-19/5840).

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