Dachverband der Fanhilfen e. V.

Welchen Nutzen erkennen Sie in der Speicherpraxis der "Datei Gewalttäter Sport" und wie positioniert sich Ihre Partei zu der jüngst immer lauter gewordenen grundsätzlichen Kritik an dieser Datei?

Als Freie Demokraten halten wir die Datei "Gewalttäter Sport" für reformbedürftig. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat erst in diesem Frühjahr einen Antrag vorgelegt, der Verbesserungen an der Datei fordert (vgl. Bundestagsdrucksache 19/29703). Es ist nicht angemessen, dass Personen, die keine Gewalttaten begangen haben oder gegen die diesbezügliche Vorwürfe bereits ausgeräumt sind, in der Datei „Gewalttäter Sport“ erfasst sind. Denn eine Eintragung kann für Betroffene spürbare Folgen haben. Damit entspricht die Datei derzeit nicht den Ansprüchen an Rechtsstaatlichkeit, Transparenz und Datenschutz, die ansonsten für die Verarbeitung personenbezogener Daten maßgebend sind.

Wie steht Ihre Partei zu der Forderung nach Einführung einer Kennzeichnungspflicht von Polizistinnen und Polizisten der Bundespolizei?

Die große Mehrheit aller Polizistinnen und Polizisten leistet eine hervorragende Arbeit. Als Freie Demokraten lehnen wir einen Generalverdacht gegenüber der Polizei ab Polizeiliches Handeln muss immer nachvollziehbar sein, wir fordern daher eine pseudo­nyme Kennzeichnungspflicht für Beamtinnen und Beamte.

Welche Vorstellungen vertreten Sie hinsichtlich einer bundesweiten unabhängigen Beschwerdestelle für Betroffene von "Polizeigewalt"?

Seit dem Jahr 2015 besteht bei der Bundespolizei eine sogenannte Vertrauensstelle, die Fehlentwicklungen innerhalb der Bundespolizei aufklären und abstellen soll. Weitere Anlaufstellen, zum Beispiel bei der Bundespolizei, können so weiterentwickelt werden, dass sich neben den Beamten auch Bürgerinnen und Bürger mit Beschwerden an sie wenden können. 

Wie bewertet Ihre Partei die neue Gebührenordnung der Bundespolizei? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zu der Kritik, dass betroffene Personen von ungerechtfertigten Gefahrenabwehrmaßnahmen seitdem dafür eine Rechnung erhalten und somit indirekt dadurch von ihren Grundrechten abgehalten werden?

Die Bundestagsfraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat das Bundesinnenministerium aufgefordert, die Gebührenverordnung dringend zu überarbeiten. Man ist deutlich übers Ziel hinausgeschossen Es ist zwar grundsätzlich nachvollziehbar, dass für individuell in Anspruch genommene Leistungen des Staates eine Gebühr anfällt. Gebühren für Maßnahmen, die ein Bürger aber nicht „in Anspruch“ nimmt, sondern die die Bundespolizei zur Gefahrenabwehr ausführt, können wie eine schuldunabhängige Geldstrafe wirken. Durch die repressive Wirkung hoher Gebührenbescheide können Bürgerinnen und Bürger von der Wahrnehmung ihrer Rechte abgehalten werden - vor allem bei Versammlungen.

Ist ihrerseits die Videoüberwachung des öffentlichen/teilöffentlichen Raums als ein sinnvolles kriminalpräventives Instrument anzusehen? Plädieren Sie in diesem Zusammenhang für eine weitere Nutzung der technischen Möglichkeiten (automatischen Speicherung/Wiederkennung) von biometrischen Daten?

Wir Freie Demokraten fordern ein Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum und lehnen den Einsatz der automatisierten Gesichtserkennung ab. Videoüberwachung ist kein Ersatz für Beamtinnen und Beamte und kein Allheilmittel. Durch den Einsatz von Software zur automatisierten und massenhaften Gesichtserkennung im öffentlichen Raum droht eine Totalüberwachung. Eine flächendeckende Videoüberwachung lehnen wir daher ab und sehen auch die Ausweitung privater Videoüberwachung, die dann für staatliche Zwecken nutzbar gemacht wird, kritisch. Eine intelligente Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten, mit der bestimmte Gefahrensituationen automatisch erkannt werden, kann aber eine sinnvolle Ergänzung zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sein, wenn sie verantwortungsvoll und nicht als Ersatz für Polizeipräsenz eingesetzt wird. 

Halten Sie die Vorratsdatenspeicherung für ein geeignetes Mittel zur Aufklärung von Straftaten? Und treten Sie dementsprechend auch für eine präventive und verdachtsunabhängige Speicherung von (Nutzer)Daten ein?

Wir Freie Demokraten lehnen die anlasslose Speicherung personenbezogener Daten ab. Dies gilt insbesondere für die anlasslose Speicherung aller Telekommunikationsverbindungsdaten auf Vorrat. Eine solche Vorratsdatenspeicherung stellt alle Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs verstößt sie daher gegen die europäischen Grundrechte. Stattdessen schlagen wir das Quick-Freeze-Verfahren als grundrechtsschonende Alternative vor. Dabei können im Verdachtsfall bestimmte Daten auf richterliche Anordnung gesichert werden.

Wie bewertet ihre Partei den 2017 eingeführten § 114 StGB gerade auch mit Blick auf die Kritik, dass eine strafrechtliche Verfolgung auch mit den bis dahin bestehenden Regelungen bereits möglich war und dieser Paragraf in der Realität zu einer unangemessenen Strafverschärfung führt?

Für gewalttätige Übergriffe gegenüber Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst gibt es keinerlei Rechtfertigung. Wir Freie Demokraten verurteilen solche Angriffe auf das Schärfste. Bedarf für eine weitere Verschärfung des Strafrechts sehen wir derzeit nicht. Wir wollen künftig eine bessere Dokumentation von Gewalt gegen Einsatzkräfte erreichen, um zusätzliche politische Handlungsoptionen auch abseits von Strafrechtsverschärfungen zu entwickeln. 

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