Deutsche Aidshilfe

HIV- und STI-Prävention brauchen Kontinuität und spezifische Angebote für verschiedene Zielgruppen. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Etats für Prävention von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen in vollem Umfang erhalten und sachgerecht ausgebaut werden?

Wir Freie Demokraten wollen das Präventionsgesetz reformieren. Wir setzen auf Überzeugung statt Bevormundung. Der Prävention, Krankheitsfrüherkennung und Gesundheitsförderung kommen eine wichtige Bedeutung zu, die nicht nur das Gesundheitswesen umfasst, sondern altersunabhängig die gesamte Gesellschaft.

Wie werden Sie der Diskriminierung von Menschen mit HIV entgegenwirken, insbesondere gesetzlich? Werden Sie die Kategorie HIV oder chronische Erkrankungen in die Merkmalsliste des AGG aufnehmen und ein HIV-Testverbot für Einstellungsuntersuchungen festschreiben?

Bei einer Weiterentwicklung des AGG werden wir prüfen, ob auch die Kategorien HIV oder chronische Erkrankungen in die Merkmalsliste des AGG aufgenommen werden sollten.

Werden Sie geschlechtliche Selbstbestimmung ohne Gutachten oder (Zwangs-) Beratung sowie Zugang zu transitionsbezogener medizinischer Versorgung ohne Diskriminierung sicherstellen? Setzen Sie sich für eine Entschädigung von Personen ein, die Zwangsmaßnahmen durch das TSG ausgesetzt waren?

Für uns als Freie Demokraten umfasst das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch das Recht auf einen selbstbestimmten Umgang mit der eigenen geschlechtlichen Identität. Der Blick auf die reaktionären Entwicklungen in Ungarn oder Polen zeigt, wie wichtig die rechtliche Absicherung des bisher Erreichten ist. Daher setzen wir uns mit aller Entschiedenheit für eine Ergänzung von Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes um das Merkmal "sexuelle Identität" ein. Bezüglich der Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes haben wir bereits in der Vergangenheit mit Nachdruck darauf verwiesen, dass der dortige Personalmangel der Nachfrage nicht gerecht wird und so unter anderem die telefonische Beratung komplett eingestellt wurde. Wir sprechen uns für eine Stärkung der Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes und für weitergehende Beratungsmöglichkeiten aus.

Werden Sie sich dafür einsetzen, Inhaftierte in die Gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen (Änderung SGB V)? Was werden Sie tun, um die Behandlungen von Infektions- und Suchterkrankungen entsprechend den Standards in Freiheit zu garantieren (z.B. HIV-/HCV-Behandlung, Impfungen, Substitution)?

Wir setzen uns für eine gute medizinische Versorgung auch von Inhaftierten ein. Das betrifft auch die Behandlungen von Infektions- und Suchterkrankungen.

Strafrechtliche Verfolgung von Drogenkonsument*innen schadet deren Gesundheit. Wie werden Sie dem entgegenwirken und Schadensminimierung ausweiten (z.B. Druckchecking, Substitution)? Wie werden Sie Hilfsangebote sicherstellen, z.B. für Migrant*innen oder bei sexualisiertem Substanzkonsum/Chemsex?

Drugchecking bietet Chancen und Risiken, diese sollten wir in Deutschland zunächst anhand von Modellprojekten untersuchen. Drugchecking bietet Chancen, da der Gesundheitsschutz der Konsumenten gestärkt und ein besserer Einblick in den Drogenmarkt und die im Umlauf befindlichen Drogen ermöglicht wird. Allerdings birgt Drugchecking auch Risiken. Nicht jedes Produkt kann sofort auf alle gefährlichen Inhaltsstoffe überprüft werden, somit bietet Drugchecking nur eine eingeschränkte Sicherheit. Weiterhin besteht das Risiko, dass Drogen, bei denen mithilfe des Tests gefährliche Inhaltsstoffe nachgewiesen wurden, von Konsumenten an Dritte weiterverkauft werden. Im Bereich Cannabis setzen wir uns für eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene ein, diese würde ein Drugchecking aufgrund legaler Produkte, die hohe Qualitätsstandards erfüllen müssen, in diesem Bereich überflüssig machen.

Wie werden Sie dafür Sorge tragen, dass Menschen flächendeckend einen Zugang zu anonymen und niedrigschwelligen (Schnell-) Testangeboten haben, auch in ländlichen Regionen? Werden Sie Einsendetests fördern?

Häufig haben Menschen, die befürchten, sich mit HIV infiziert zu haben, Hemmungen, zum Arzt zu gehen. Dabei ist die frühzeitige Erkennung der Infektion lebenswichtig. Die Einführung der frei verkäuflichen HIV-Selbsttests sind ein großer Fortschritt, weil sie mehr Menschen erreichen. Inwieweit auch der Zugang durch Einsendetests verbessert werden kann, werden wir prüfen.

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens bietet Chancen, birgt für Menschen mit stigmatisierten Erkrankungen aber besondere Risiken. Wie werden Sie Sicherheit, Datenschutz, informationelle Selbstbestimmung und barrierearme Zugänge zu Datenspeicherungssystemen bzw. Alternativen sicherstellen?

Wir Freie Demokraten sind der Überzeugung, dass der Einsatz digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung leisten kann. Um die Potentiale und Vorteile digitaler Gesundheitsleistungen für Patienten und medizinisches Personal voll ausschöpfen zu können, wollen wir alle Akteure im Gesundheitswesen in die Lage versetzen, E-Health-Anwendungen zu verstehen.

Für Patientengruppen, die besondere Schwierigkeiten bei der Anwendung digitaler Medien haben, wollen wir spezielle Angebote schaffen, um sie systematisch zu unterstützen. Denn Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss stets ausgehend von Patientinnen und Patienten gedacht werden und die bestmögliche Versorgung absichern.

Wir wollen die Chancen der Digitalisierung nutzen und den Forschungsstandort Deutschland stärken. Im Rahmen der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden wichtige Daten zum individuellen Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten gesammelt. Diese Daten bilden ein enormes Potential für die Gesundheitsforschung in unserem Land. Durch künstliche Intelligenz können aus Gesundheitsdaten Krankheitsbilder wie Infektionskrankungen sowie seltene Erkrankungen frühzeitig erkannt und personalisiert behandelt werden. Wir fordern daher, dass die Nutzung von Gesundheitsdaten grundsätzlich vollständig ermöglicht und die Datenspende auch für die private Forschung nutzbar gemacht wird. Dabei bedarf es jeweils der Einwilligung der Patientin oder des Patienten oder des Ausschlusses der Rückverfolgbarkeit des Personenbezugs.

Es gibt Bestrebungen, Sexarbeit noch stärker zu regulieren oder in die Illegalität zu drängen. Was werden Sie tun, um Rechte von Sexarbeiter*innen und soziale Absicherung zu stärken? Wie werden Sie Zugänge zu Prävention, Hilfs- und Beratungsangeboten und gesundheitlicher Versorgung sicherstellen?

Im Antrag „Menschenhandel und Zwangsprostitution in Deutschland nicht länger hinnehmen – Menschen in der Prostitution schützen und Selbstbestimmung stärken" (BT-Drs. 19/29265) hat sich die Fraktion der Freien Demokraten im Bundestag dafür eingesetzt, eine langfristige Strategie zu erarbeiten, die zu einer praxisnahen Verbesserung der Situation für Prostituierte in Deutschland führt und Grund- und Menschenrechte gewährleistet. Im Rahmen der Strategie soll ein Maßnahmenkatalog erarbeitet werden, mit dem die Bundesregierung ihrer Schutzpflicht nachkommt und gleichzeitig die Freiheitsrechte und Selbstbestimmung des Individuums achtet. Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung in Deutschland müssen konsequent Einhalt geboten und international eingegangene menschenrechtliche Verpflichtungen in diesem Bereich, wie beispielsweise der Istanbul-Konvention, vollumfänglich nachgekommen werden. 

Selbstverständlich muss der Zugang zu Prävention, Hilfs- und Beratungsangeboten sowie zu einer angemessenen gesundheitlichen Versorgung gewährleistet sein.

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