Wirtschaftliche Vereinigung Zucker/Verein der Zuckerindustrie

In der EU gibt es hohe Klimastandards. Die haben ihren Preis. Wie verhindern Sie, dass billige Importe aus Ländern ohne vergleichbare Standards die nachhaltigen heimischen Produkte verdrängen?

Wir Freie Demokraten wollen deutsche und auch europäische Unternehmen vor Wettbewerbsverzerrungen durch klimapolitische Maßnahmen schützen. Denn dem Klimaschutz ist nicht geholfen, wenn CO2-intensive Produktionsprozesse in Regionen mit geringeren Auflagen außerhalb Deutschlands und Europas verlagert und die Produkte anschließend importiert werden. Wir streben daher ein über den europäischen Emissionshandel (EU-ETS) hinaus international abgestimmtes Vorgehen beim Klimaschutz mit einheitlichem CO2-Preis für alle an. Als Übergangslösung bis zu einem globalen CO2-Zertifikatehandel unterstützen wir die EU darin, eine WTO-konforme Weiterentwicklung des „Carbon Leakage“-Schutzes einzuführen, der sich am EU-ETS orientiert. Damit verhindern wir, dass emissionsintensive Industrien ins Ausland abwandern, und geben anderen Ländern einen direkten Anreiz, bei der CO2-Bepreisung nachzuziehen. Nur so kann ein echter Wettbewerb um Innovationen für mehr Klimaschutz gelingen. Aus Sicht der Freien Demokraten ist die Einbeziehung der Partner in europäische Emissionshandelssysteme in jedem Fall vorzuziehen.

Die Zuckerwirtschaft strebt eine klimaneutrale Produktion bis 2050 an. Welche Förderinstrumente stellen Sie zur Verfügung, um die im Übergang entstehenden Wettbewerbsnachteile auszugleichen und die umfassenden Investitionen zu finanzieren?

Wir Freie Demokraten wollen den EU-Emissionshandel (EU-ETS) schnellstmöglich auf alle Sektoren und geographisch ausweiten. Die Politik gibt vor, wieviel CO2 im Jahr aus­gestoßen werden darf. Für den Ausstoß müssen Zertifikate erworben werden, die von Jahr zu Jahr weniger und damit teurer werden. Wer hingegen besonders viel CO2 spart, muss weniger Zertifikate kaufen und spart Geld und wer CO2 speichert, muss dafür Geld erhalten. So schaffen wir Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien. Wir bekennen uns ausdrücklich zu dem Ziel aus dem Pariser Abkommen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu be­grenzen. Deutschland und Europa haben sich zur Klimaneu­tralität bis zum Jahr 2050 verpflichtet. Dieses Ziel können wir durch ein striktes und jährlich sinkendes CO2-Limit in einem umfassenden Emissionshandelssystem zuverlässig erreichen.

Wir Freie Demokraten wollen Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen mit einem wirksamen und WTO-Rechts-konformen "Carbon Leakage"-Schutz verhindern. Darüber hinaus fordern wir Freie Demokraten einen Entfesselungspakt für die deutsche Wirtschaft, in dem Maßnahmen zur Bürokratieentlastung gebündelt und vorangetrieben werden. Stetig wachsende Bürokratiebelastet die Bürgerinnen und Bürger sowie die deutschen Unternehmen und bremst die wirtschaftliche Entwicklung aus. Initiativen wie das Bürokratieentlastungsgesetz IV, die Strategie „Einheitliche Ansprechpartner 2.0“ und eine Verlegung der Sozialversicherungsbeiträge in den Folgemonat müssen zu einer Gesamtstrategie gebündelt werden. Das gilt auch für schlankere Vergabe-, Register- und Informationsbestimmungen. Für jede neue Belastung durch geplante Regelungen sollen im doppelten Umfang Belastungen abgebaut werden („One in, two out“) – auch auf europäischer Ebene.

Wir wollen die Wirtschaft fördern und dafür auch im Steuerrecht gezielte Impulse setzen: Indem wir Bürgerinnen und Bürger entlasten und den Unternehmen Perspektiven eröffnen, die ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum ermöglichen. Denn Deutschland nimmt bei der Steuerbelastung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen inzwischen einen weltweiten Spitzenplatz unter den Industrienationen ein. Das schadet dem Standort Deutschland und verhindert notwendige Investitionen.

Bis wann und wie wollen Sie leistungsstarke und stabile Energienetze im ländlichen Raum aufbauen und wie stellen Sie kalkulierbare Energie- und CO2-Kosten sicher?

Wir Freie Demokraten setzen uns grundsätzlich für schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland ein. Das gilt insbesondere für den Ausbau der Übertragungsnetze als Voraussetzung für eine saubere, bezahlbare und sichere Energieversorgung der Zukunft und eine weitere Integration des europäischen Energiebinnenmarktes. Wir wollen die Verfahren vereinfachen und beschleunigen, indem wir unter anderem Doppelprüfungen wo immer möglich vermeiden, Prozesse konsequent digitalisieren und eine angemessene personelle Ausstattung von Behörden und Gerichten sicherstellen. Darüber hinaus wollen wir das bestehende europäische Emissionshandelssystem auf alle Sektoren ausweiten.

Wenn gleiche Bedingungen innerhalb der EU nicht durchsetzbar sind (etwa im Fall der gekoppelten Zahlungen für Zuckerrüben in elf EU-Mitgliedstaaten) und Wettbewerbsverzerrungen den deutschen Rübenanbau bedrohen, wie kann ein fairer Markt für deutsche Landwirte aussehen?

Wir Freie Demokraten setzen uns für faire Wettbewerbsbedingungen für den deutschen Rübenanbau und ein level-playing-field innerhalb der europäischen Agrarpolitik ein, um den Rübenanbau in Deutschland nicht weiter zu gefährden. Die in der neuen Förderperiode der GAP gestatteten gekoppelte Zahlungen sehen wir kritisch. Auch die zahlreichen nationalen Auflagen im Bereich des Pflanzenschutzes stellen eine echte Belastung für die heimischen Rübenanbauer dar. Dadurch wird unserer Ansicht nach ein fairer Wettbewerb verhindert. 

Die deutschen Rübenanbauer betreiben verantwortungsvollen Pflanzenschutz. Wie werden Sie innerhalb der EU einheitliche Prinzipien für Zulassungen und Verbote von Wirkstoffen durchsetzen?

Wir Freie Demokraten wollen, dass die Landwirtschaft auch in Zeiten des Klimawandels gesunde Pflanzen ernten kann. Wir fordern daher ein beschleunigtes Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel, das auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert, sowie ein Update für das EU-Gentechnikrecht. Umweltdaten müssen europaweit einheitlich erhoben und eventuell notwendige Gegenmaßnahmen verursachergerecht umgesetzt werden. Mittel für den Pflanzen- und Vorratsschutz schützen die Ernte auf dem Feld und im Silo. Die gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft erfordert die Verfügbarkeit innovativer Pflanzenschutzmittel mit unterschiedlichen Wirkmechanismen. Wir wollen die Zulassungsprozesse sicherstellen, um gesunde Ernten zu erhalten. Neue Züchtungstechniken bieten mit hochpräzisen und kostengünstigen biotechnologischen Eingriffen umweltfreundliche Lösungen, die von natürlichen Mutationen nicht zu unterscheiden sind. Widerstandsfähige Pflanzen können den Einsatz von Pflanzenschutz und Dünger erheblich verringern.

Wie ist ihre Haltung zu neuen Züchtungsmethoden wie CrisprCas? Sollten diese Technologien nicht genutzt werden, wenn gleichzeitig weniger Pflanzenschutz gefordert wird und die klimatischen Veränderungen zunehmen? Welche Maßnahmen planen Sie für den Einsatz nachhaltiger Methoden und Technologien?

Wir wollen auch die Chancen der Biotechnologie stärker nutzen. Die Biotechnologie ist eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts zur Lösung verschiedener gesellschaftlicher Herausforderungen. Ihre Anwendungsbereiche sind vielfältig: Medizin (rote Biotechnologie), Pflanzenzüchtung beziehungsweise Landwirtschaft (grüne Biotechnologie) und Industrie (weiße Biotechnologie). Nicht zuletzt die Genschere „CRISPR-Cas9“ eröffnet völlig neue Möglichkeiten, da sie die Bearbeitung von DNA-Bausteinen in höchster Präzision ermöglicht. Mit Chancen und Risiken neuer Entwicklungen der Biotechnologie wollen wir offen und transparent umgehen. Wir lehnen pauschalisierende Verbote ab und fordern stattdessen eine faktenbasierte, ergebnisoffene Bewertung neuer Technologien. Mit einer Biotechnologie-Agenda wollen wir eine Grundlage für den Einsatz der Biotechnologie schaffen. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat einen Antrag mit weiteren Forderungen eingebracht („Chancen neuer Züchtungsmethoden erkennen – Für ein technologieoffenes Gentechnikrecht“ BT-Drs. 19/10166).

Wie stehen Sie zu Regulierungsmaßnahmen, die nur einen einzelnen Nährstoff (z.B. Zucker) im Fokus haben? Es gibt aktuell keine Beweise, dass dies bei Übergewicht wirklich hilft.

Wie wollen Sie das Bewusstsein der Menschen für die Bedeutung der Kalorienbilanz als Maßnahme zur Prävention von Übergewicht stärken? Wie werden Sie Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzen, kompetente Entscheidungen für eine ausgewogene Ernährung zu treffen?

Die Fragen 7 und 8 werden im Zusammenhang beantwortet:

Wir Freie Demokraten setzen uns für einen Verbraucherschutz ein, der den mündigen Verbraucherinnen und Verbrauchern Optionen und eine informierte sowie souveräne Entscheidung ermöglicht. Wir vertrauen auf die Selbstbestimmung der Verbraucher. Deshalb lehnen wir eine bevormundende Verbraucherpolitik ab. Selbstbestimmung setzt aber eine freie und informierte Entscheidung voraus, die auch die Zwänge und Grenzen berücksichtigt, denen Verbraucher unterliegen.

Wir wollen transparente Nährwertinformationen und eine frühzeitige Ernährungsbildung in Kindertagesstätten sowie Schulen. Zudem wollen wir prüfen, bei welchen Produkten das starre Mindesthaltbarkeitsdatum durch ein dynamisches Verderbslimit ersetzt werden kann. Intelligente Verpackungen und eine Haftungserleichterung für Lebensmittelspenden können dabei helfen, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

 

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