Patientenrechte und Datenschutz e.V.

Wie beurteilen Sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis der „Telematikinfrastruktur für das Gesundheitswesen“ (TI) und die weiteren Kosten durch die TI 2.0 (https://www.gematik.de/fileadmin/user_upload/gematik/files/Presseinformationen/gematik_Whitepaper_Arena_digitale_Medizin_TI_2.0_Web.pdf)?

Wir Freie Demokraten wollen die Digitalisierung im Gesundheitswesen durch klare und transparente Rahmenbedingungen voranbringen. Dazu benötigen wir offene Standards, Interoperabilität und Datensicherheit. Die Vernetzung zwischen allen Gesundheitsakteuren sowie Patientinnen und Patienten muss digital ausgestaltet sein. Nur so ist eine schnelle Verfügbarkeit der Patientinnen- und Patientendaten sicherzustellen. Die Digitalisierung ist kein Wert an sich, sondern sie hat das Potential den Arbeitsalltag von allen Gesundheitsakteuren zu erleichtern.  

Wir stehen für Innovationen. Ein digitaler Datenaustausch könnte einen erheblichen Beitrag dazu leisten, das Gesundheitssystem moderner und leistungsfähiger zu machen. Wir begrüßen Überlegungen zum besseren Datenschutz und die mobile Nutzbarkeit in der Telematik-Infrastruktur. Der Datenschutz und die Selbstbestimmung über unsere Gesundheitsdaten müssen immer an oberster Stelle stehen. Dies hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag in einem Entschließungsantrag zum Ausdruck gebracht (vgl. „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematik-Infrastruktur“ BT-Drs.-19/20758). Zudem hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag die Bundesregierung zum Datenschutz und den Kosten der Telematik-Infrastruktur befragt (vgl. Kleine Anfrage „Fortschritte bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und Telematik-Infrastruktur“ BT-Drs.-19/13320).

Die TI 2.0 setzt auf Authentifizierung durch "digitale Identitäten" (ohne eGK/Konnektoren). Wie bewerten Sie die gesetzl. Pflicht von Ärzten, Apotheken usw., sich jetzt noch per Konnektor an die TI anzuschließen? Halten Sie eine rein Software-basierte Lösung für ebenso sicher wie die bisherige?

Wir Freie Demokraten stehen für gute Angebote. Wir wollen die Telematik-Infrastruktur so ausbauen, dass jede Person im Gesundheitswesen gerne damit arbeitet. Datenschutz ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir sehen den Fortschritt der Technik, der neue Formen der Arbeit ermöglicht. Wir gehen des Weiteren davon aus, dass die Sofware-basierten Lösungen im Gesundheitswesen dem höchsten Sicherheitsstandard entsprechen und mithin der Schutz der Patientendaten gegeben ist. Zu den Software-basierten Lösungen hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag auch die Bundesregierung befragt (vgl. Kleine Anfrage „Fortschritte bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und Telematik-Infrastruktur“ BT-Drs.-19/13320).

Versicherte greifen mit kaum/nicht gesicherten Smartphones auf ihre Daten (Rezepte, ePatientenakte) in der TI zu. Was halten Sie davon, wenn gesetzlich Versicherte ein Smartphone brauchen, um ihre Gesundheitsdaten zu sehen oder den Zugriff darauf zu regeln?

Im Gesundheitswesen wird häufig noch mit Faxen gearbeitet. Diese Form der Kommunikation ist weder sicher noch zeitgemäß. Wir stehen für eine moderne Gesundheitspolitik und den Schutz der Patientendaten. Wir werden beides in Einklang bringen. Für die Digitalisierung im Gesundheitswesen brauchen wir einen rechtssicheren Rahmen, denn die Datenhoheit gehört in die Hand der Patienten.

Siehe hierzu auch die Antwort zu Frage 1.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) fordert die obligatorische ePatientenakte ab Geburt (Gutachten „Digitalisierung für Gesundheit – Ziele und Rahmenbedingungen eines dynamisch lernenden Gesundheitssystems“). Wie bewerten Sie diese Position des SVR?

Wir Freie Demokraten schätzen den Sachverständigenrat für seine Arbeit sehr. Der Sachverständigenrat hat unserer Ansicht nach keine verpflichtende Nutzung der ePA gefordert, sondern die opt-out-Lösung. Diese Position vertritt auch die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag im Positionspapier "Digitalpakt für das Gesundheitswesen" (vgl. Beschluss der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 03.09.2020 „Digitalpakt für das Gesundheitswesen“).

Der Sachverständigenrat fordert in seinem Gutachten zudem, dass künftig auch die Gesundheits- und Behandlungsdaten den ePA der einzelnen Versicherten per Gesetz und ohne vorherige Einwilligung der Betroffenen für Forschungszwecke genutzt werden dürfen. Wie bewerten Sie diese Position des SVR?

Die Fragen 5 und 6 werden im Zusammenhang beantwortet.

Wir Freie Demokraten wollen die Chancen der Digitalisierung nutzen und den Forschungsstandort Deutschland stärken. Im Rahmen der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden wichtige Daten zum individuellen Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten gesammelt. Diese Daten bilden ein enormes Potential für die Gesundheitsforschung in unserem Land. Durch künstliche Intelligenz können aus Gesundheitsdaten Krankheitsbilder wie Tumorerkrankungen sowie seltene Erkrankungen frühzeitig erkannt und personalisiert behandelt werden. Wir fordern daher, dass die Nutzung von Gesundheitsdaten grundsätzlich vollständig ermöglicht und die Datenspende auch für die private Forschung nutzbar gemacht wird. Dabei bedarf es jeweils der Einwilligung der Patientin oder des Patienten oder des Ausschlusses der Rückverfolgbarkeit des Personenbezugs.

Daten ges. Versicherter werden bereits ohne deren Einverständnis in Datenbanken gesammelt (Implantateregister, Forschungsdatenbank n. §§ 303a-f SGB V). Wie bewerten Sie diese Daten-Pools? Sind Sie für weitere Patientendaten-Pools ohne Zustimmung der Betroffenen? Für welche Zwecke/ mit welchen Daten?

Siehe Antwort zu Frage 5.

Die Grünen beantragten eine regionale „integrierte Versorgung“ (https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/218/1921881.pdf), also die Übertragung des med. Versorgungsauftrags an Managementgesellschaften sowie gemeinsame ePatientenakten für Behandler und Manager. Wie bewerten Sie dieses Konzept?

Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass jede Patientin und jeder Patient die beste Versorgung erhält. Dafür muss die Gesundheitsversorgung künftig umfassend, regional und patientenzentriert gedacht werden. Wir wollen die künstliche Sektorenbarriere zwischen dem ambulanten und dem stationären Versorgungsbereich konsequent abbauen und die Verzahnung und Vernetzung aller Versorgungsbereiche weiterentwickeln. Den Rettungsdienst wollen wir modernisieren und die Notfallversorgungsstrukturen bedarfsgerechter und vernetzter gestalten. Integrierte Gesundheitszentren sollen dabei unterstützen, die regionale Grundversorgung mit ambulanten und kurzstationären Behandlungen zu sichern. Die Bedürfnisse des ländlichen Raums mit seiner besonderen Versorgungsstruktur sollen durch entsprechende Programme berücksichtigt werden. Wir lassen uns weiterhin vom Grundsatz „ambulant vor stationär“ leiten. Die gesetzlichen Vergütungsregelungen erschweren es derzeit, Behandlungsmethoden aus dem Krankenhaus in den ambulanten Sektor zu überführen. Für die Dauer der Entscheidungsverfahren muss die stationäre Vergütung erhalten bleiben, damit keine Patientin und kein Patient unversorgt bleibt.

Zum Juli 2021 wurde EU-weit ein digitales Impfzertifikat eingeführt. Nicht geregelt ist, wer dessen Vorlage in der BRD wofür verlangen darf. Soll die Nutzung des Zertifikats gesetzlich geregelt werden? Mit welchem Inhalt? Würden Sie bei künftigen Pandemie-Maßnahmen den Datenschutz anders gewichten?

Wir Freie Demokraten begrüßen die Einführung des elektronischen Impfpasses 2022 im Rahmen der elektronischen Patientenakte. Wir werden auch weiterhin die Patienten und die Daten der Patienten schützen. Eine abschließende und vollumfängliche Regelung, wie ein Impfzertifikat eingesetzt oder wo es verlangt werden kann, wird alleine auf Grundlage der föderalen Struktur der Bundesrepublik nicht möglich sein.

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