ADEXA - Die Apothekengewerkschaft
Sollen Präsenzapotheken künftig weitere Aufgaben übernehmen, etwa im Bereich von Impfungen oder Diagnostik?
In Deutschland entwickelt sich die Zahl an öffentlichen Apotheken rückläufig. Planen Sie, die Honorierung öffentlicher Apotheken zu verbessern, um dem Trend entgegenzuwirken?
Die Fragen 1 und 2 werden im Zusammenhang beantwortet.
Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat sich von Anfang an dafür eingesetzt, Beratungsleistungen differenzierter zu vergüten. Aufwendige Beratungen sollten gegenüber einfachen Medikamentenabgaben ohne wesentliche Beratungsleistungen besser vergütet werden. Zusätzlich müssen die Nacht- und Notdienste angemessen honoriert werden. Das stärkt die Vor-Ort-Apotheken, die wir für die Versorgung dringend benötigen (siehe dazu BT-Drs. 19/21732).
Der Versandhandel mit Arzneimitteln ist umstritten, vor allem der Rx-Versand. Wie bewerten Sie dies? Sind Änderungen geplant?
Wir Freie Demokraten fordern faire Rahmenbedingungen für inländische Vor-Ort-Apotheken und in- und ausländische Versandapotheken. Deshalb wollen wir einen Korridor für Boni, den alle Apotheken anbieten können. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir dadurch auch die inhabergeführten Vor-Ort-Apotheken in Deutschland stärken. Diese zeichnen sich durch eine gute Service- und Beratungsqualität aus und bestehen damit im Wettbewerb. Das zeigt sich schon dadurch, dass sich der Anteil des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln auch nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 nicht erhöht hat.
In öffentlichen Apotheken herrscht seit Jahren ein Mangel an Fachkräften. Welche Maßnahmen halten Sie für nötig, um in einer alternden Gesellschaft die Apothekenberufe (Apotheker:innen, PTA, PKA) attraktiver zu machen?
Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass auch weiterhin die Freien Berufe im Gesundheitswesen gestärkt werden. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Tierärztinnen und Tierärzte, Apothekerinnen und Apotheker, Heilmittelerbringerinnen und Heilmittelerbringer sowie Hebammen und Geburtshelfer müssen in medizinischen Fragen autonom und frei von Weisungen Dritter entscheiden können. Freiheit und Verantwortung sind die Basis der Vertrauensbeziehung zwischen Apotheker und Patient.
Damit auch in Zukunft ausreichend Apothekerinnen und Apotheker da sind, müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden. Wir benötigen motivierten und gut ausgebildeten Nachwuchs und Entbürokratisierung, sowie eine leistungsgerechte Vergütung und eine bundesweite Befreiung der Auszubildenden vom Schulgeld.
Welche Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze in Deutschland familienfreundlicher werden und die Chancen von Frauen, insbesondere auch berufstätigen Müttern und Alleinerziehenden, sich verbessern?
Wir Freie Demokraten wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Dazu wollen wir Betriebskindergärten auch steuerlich fördern, den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung auch in der Praxis und perspektivisch ab dem Ende des Mutterschutzes garantieren und die Betreuungszeiten flexibilisieren. Mitgliedern in Vorständen, Aufsichtsräten und anderen Führungskräften wollen wir eine zeitlich begrenzte Auszeit ermöglichen. In Fällen wie Geburt, Elternzeit, Pflege Angehöriger oder bei eigener schwerer Erkrankung soll es möglich sein, das Mandat für einen begrenzten Zeitraum ruhen zu lassen, ohne es niederzulegen. Zudem wollen wir bessere Voraussetzungen für die Vereinbarung von Weiterbildung und Familie schaffen. Familienfreundliche Weiterbildungen steigern die Karrierechancen insbesondere für Frauen. Durch eine bessere Kinderbetreuung an Hochschulen und die Möglichkeit für Väter und Mütter, ihre Lehrverpflichtungen beziehungsweise Forschungszeiten selbstbestimmter festzulegen, möchten wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit Blick auf Wissenschaftskarrieren verbessern. Außerdem wollen wir die Einführung eines „Partnerschutzes“ analog zum „Mutterschutz“: Um dem erhöhten Regenerationsbedarf von Müttern nach der Geburt Rechnung tragen und die gemeinsame Verantwortung für Familie und Kind zu stärken, soll nach der Geburt eines Kindes der andere Elternteil zehn Arbeitstage in Partnerschutz gehen dürfen, auch halbtägig. Dann besteht dafür die doppelte Zeitdauer. Alleinerziehende haben das Recht, eine andere Person für den Partnerschutz zu benennen (zum Beispiel Familienangehörige), die die Alleinerziehenden in dieser Zeit unterstützt.
Mit welchen Konzepten will Ihre Partei Renten zukunftssicher machen und Altersarmut bekämpfen?
Wir Freie Demokraten wollen die Altersvorsorge nach dem Baukastenprinzip organisieren. So können Bausteine aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge je nach Lebenslage flexibel kombiniert und an moderne Lebensläufe angepasst werden. Alle Ansprüche aus diesem „Rentenbaukasten“ sollen bei Wechseln zwischen Arbeitgebern oder zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit flexibel mitgenommen werden können.
Wir wollen zudem das Renteneintrittsalter nach schwedischem Vorbild flexibilisieren. Wer früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, erhält eine höhere Rente. Wer das 60. Lebensjahr und mit allen Altersvorsorgeansprüchen mindestens das Grundsicherungsniveau erreicht, soll selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt. Zuverdienstgrenzen schaffen wir ab, und Teilrenten sind unkompliziert möglich. Das sorgt zum einen für mehr finanzielle Stabilität, weil die Menschen im Schnitt länger im Beruf bleiben, zum anderen passt ein flexibler Renteneintritt besser zu vielfältigen Lebensläufen. Die Erwerbsminderungsrente stärken wir. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, braucht eine starke Unterstützung.
Wir fordern die Einführung einer gesetzlichen Aktienrente. Daher schlagen wir vor, die verpflichtende erste Säule unseres Rentensystems künftig auf zwei Pfeiler zu stellen, dadurch endlich für Demographiefestigkeit zu sorgen und das Rentenniveau langfristig wieder zu steigern. Dabei wird genau derselbe Anteil wie bisher für die Altersvorsorge aufgewendet – wie üblich aufgeteilt in Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag. Neu ist, dass neben dem größeren Betrag, der weiter in die umlagefinanzierte Rentenversicherung fließt, ein kleinerer Betrag von zum Beispiel zwei Prozent des Bruttoeinkommens in eine langfristige, chancenorientierte und kapitalgedeckte Altersvorsorge angelegt wird, die als Fonds unabhängig verwaltet wird, eben die gesetzliche Aktienrente. Schweden macht uns seit Jahren vor, wie Aktien-Sparen so erfolgreich und risikoarm organisiert werden kann. Durch unser Modell erwerben zukünftig alle Beitragszahlerinnen sowie Beitragszahler – insbesondere auch Geringverdiener – echtes Eigentum für ihre Altersvorsorge und erhalten höhere Altersrenten.
Darüber hinaus wollen wir eine Basis-Rente einführen. Wer gearbeitet und eingezahlt hat, muss im Alter immer mehr als die Grundsicherung haben und auch mehr als Menschen, die nicht gearbeitet und eingezahlt haben. Das erreichen wir durch einen Freibetrag bei der Grundsicherung im Alter für Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Beantragung und Auszahlung der Basis-Rente wollen wir unter dem Dach der Rentenversicherung zusammenführen. Der Gang zum Sozialamt entfällt, Altersarmut wird fair und gezielt bekämpft.
Welche Bedeutung messen Sie den Gewerkschaften und Tarifverträgen bei? Sind hier unterstützende Maßnahmen geplant? Planen Sie Änderungen in den Bereichen Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechte?
Wir Freie Demokraten bekennen uns zur Tarifautonomie und einer starken Sozialpartnerschaft. Unser Arbeitsmarktmodell ist erfolgreich, da es auf Tarifautonomie und flexiblen Tarifpartnerschaften von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften basiert. Im Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik werden jedoch zahlreiche Gesetze beschlossen, deren Gegenstand zielgenauer von den Sozialpartnern geregelt werden könnte. Wir sollten den Sozialpartnern wieder mehr Möglichkeiten geben, tarifvertragliche Vereinbarungen zu treffen.
Welche Bedeutung hat der gesetzliche Mindestlohn für Sie? Welche Höhe sollte dieser in der kommenden Legislaturperiode erreichen?
Der Mindestlohn wird durch die unabhängige Mindestlohn-Kommission bestimmt. Um Menschen mit kleineren Einkommen wirklich zu unterstützen, wollen wir die Hinzuverdienstgrenzen beim Arbeitslosengeld II reformieren, die Minijob- und Midijob-Grenze erhöhen und sie dynamisch an den gesetzlichen Mindestlohn koppeln. Denn mit jeder Mindestlohnerhöhung reduzieren sich heute die Stunden, die Mini- oder Midijobber arbeiten dürfen. Damit sind sie von der allgemeinen Lohnsteigerung abgeschnitten.