Bundesrechtsanwaltskammer

Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht dient dem Vertrauensschutz des Mandatsverhältnisses. Diese darf nicht durch Offenbarungspflichten, insbesondere gegenüber den Steuer- und Datenschutzbehörden ausgehöhlt werden. Die Anwaltschaft lehnt solche Mitwirkungspflichten ab. Wie ist Ihre Position?

Wir Freie Demokraten teilen Ihre Auffassung, dass vertrauensvolle Mandatsbeziehungen und eine bestmögliche anwaltliche Beratung nur mit anwaltlicher Verschwiegenheit möglich sind. Die Funktion des Anwalts als Organ der Rechtspflege ist zu schützen, um die Vertraulichkeit der Beziehungen zum Mandanten zu sichern. Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht ist ein integraler und unverzichtbarer Bestandteil für die Tätigkeit als Anwältin oder Anwalt. Sie wird daher zurecht durch § 203 StGB strafrechtlich abgesichert und muss vor einer Aufweichung oder Aushöhlung verteidigt werden.

Das Fremdbesitzverbot an Anwaltskanzleien und das Verbot der Prozessfinanzierung durch die Anwaltschaft darf nicht angetastet werden. Öffnungen jedweder Art tangieren die anwaltliche Unabhängigkeit und belasten das Mandatsverhältnis. Welche Meinung vertreten Sie hierzu?

Wir Freie Demokraten wollen den Rechtsrahmen für Legal Tech-Unternehmen erweitern und auch das anwaltliche Berufsrecht modernisieren, damit auch Rechtsanwälte von dieser Entwicklung profitieren können und wettbewerbsfähig bleiben.  Wir wollen daher das Verbot von Erfolgshonoraren abschaffen und das Fremdbesitzverbot lockern. Es muss hierbei jedoch sichergestellt sein, dass Personen, die keine Rechtsanwälte sind, keinen Einfluss auf die anwaltliche Unabhängigkeit und das Mandatsverhältnis nehmen können. 

Eine Neuauflage des Pakts für den Rechtsstaat ist erforderlich. Die Anwaltschaft muss von Beginn an ausdrücklich und sachgerecht im Pakt berücksichtigt werden. Welche Position vertreten Sie zu diesem Thema?

Wir Freie Demokraten halten eine gesicherte mittel- und langfristige Finanzierung der Justiz für erforderlich und haben dies bereits bei der Verabschiedung des Pakts für den Rechtsstaat unterstrichen. Zu lange schon laufen die Gerichte und Staatsanwaltschaften auf Sparflamme und wurden durch die Gesetzgebung der amtierenden Bundesregierung immer weiter belastet. Wir Freie Demokraten fordern zudem seit langem einen Digitalpakt für die Justiz. Der Bund soll sich daran beteiligen, die technische Ausstattung der Justiz in den Ländern deutlich zu verbessern, um zum Beispiel virtuelle Verhandlungen zu ermöglichen. Wir wollen außerdem den Zugang zum Recht erleichtern, indem gering­fügige Forderungen in einem vollständig digitalen, kosten­günstigen und schnellen Verfahren geltend gemacht werden können. Auch international wollen wir den Justizstandort Deutschland stärken. Wir Freie Demokraten fordern einen eigenen Internationalen Handelsgerichtshof für Deutschland.

Der Digitalisierungsprozess muss auch in der Justiz vorangetrieben werden. Er darf aber nicht den Zugang zum Recht durch einen verkürzten Rechtsschutz beschränken. Die Justiz muss in der Fläche präsent bleiben. Wie stehen Sie zum Digitalisierungsprozess mit Blick auf den Zugang zum Recht?

Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat bereits ein umfassendes Konzept zur Modernisierung der Zivilprozesse vorgelegt (vgl. Antrag „Zivilprozesse modernisieren – Für ein leistungs- und wettbewerbsfähiges Verfahrensrecht“, BT-Drs. 19/14037). Bei geringfügigen Forderungen etwa sollte die Möglichkeit geschaffen werden, diese im Wege eines Online-Verfahrens niedrigschwellig, schnell und kostengünstig gerichtlich geltend zu machen; vollständig elektronisch, vom Eingang der Klageschrift bis zum Urteil. Dadurch erhalten die Bürgerinnen und Bürger flächendeckend einen vereinfachten Zugang zum Recht.

Die beschloss. Änderungen sind nur ein Teilschritt - es bedarf noch struktureller RVG-Anpassungen. Wir setzen uns für eine regelm. und angemess. Erhöhung der Anwaltsvergütung durch eine Indexierung vergl. mit der Kopplung der Diäten der MdBs an die Entw. des Nominallohnindexes ein. Wie sehen Sie das?

Aus Sicht der Freien Demokraten hat sich das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) seit der Einführung 2004 als sinnvolles und ausgewogenes Regelungswerk der Gebühren und Auslagen für Rechtsanwälte erwiesen. Es genießt eine hohe Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger. Durch eine einheitliche Mindestvergütung wird die Unabhängigkeit der Anwaltschaft gewährleistet und trägt dazu bei, den Zugang zum Recht auch für weniger solvente Bürgerinnen und Bürger zu sichern.

Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat gefordert, im Dialog mit den Bundesländern eine Indexierung der Rechtsanwaltsvergütung umzusetzen oder jedenfalls eine Routine zur regelmäßigen Anpassung in kurzen zeitlichen Intervallen zu institutionalisieren (BT-Drs. 19/8266).

Die bewährten Versorgungswerke der Rechtsanwälte dürfen nicht angetastet werden. Neu zugelassene Anwälte müssen weiter in ihre Versorgungswerke eintreten können. Wie stehen Sie hierzu?

Die Versorgungswerke der Rechtsanwälte haben sich in der Vergangenheit bewährt. Deshalb sollten auch neu zugelassene Rechtsanwälte weiter in diese eintreten können. Wir Freie Demokraten wollen es Lebensversicherern, Pensionskassen und Versorgungswerken außerdem ermöglichen, vermehrt und einfacher in Wagniskapital, Start-ups, Aktien oder Infrastrukturprojekte zu investieren. Diese Anlageformen bieten gerade bei langen Anlagezeiträumen höhere Renditechancen bei geringem Risiko. Und höhere Renditen ermöglichen höhere Renten.

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