Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)
SPORTDEUTSCHLAND braucht moderne und funktionsfähige Sportstätten. Doch die Infrastruktur ist veraltet, der Sanierungsbedarf beträgt knapp 31 Mrd. Euro. Wie wollen Sie diesen Sanierungsstau bis 2025 auflösen, mit welchem Mitteleinsatz pro Jahr und wollen Sie auch vereinseigene Sportstätten fördern?
Deutschland braucht angesichts der desolaten baulichen Situation von gedeckten und ungedeckten Sportanlagen sowie Schwimmbädern einen neuen „Goldenen Plan“, um nachhaltig den Investitionsrückstau abzubauen und baupolizeiliche Einschränkungen bzw. Schließungen abzuwenden. Der Breiten- und Spitzensport als wichtige Anker unserer Gesellschaft bedürfen der Planungssicherheit, um bestehende Sportanlagen zu sanieren, zu modernisieren und auch unter inklusiven Aspekten weiterzuentwickeln. Hierzu gehört auch der Neubau von Sportanlagen. Barrierefreiheit im Sinne von Artikel 21 der UN-Behindertenrechtskonvention und Energieeffizienz müssen dabei eine Selbstverständlichkeit sein. Wir Freie Demokraten bekennen uns zu einer Investitionsförderung, die in den kommenden zehn Jahren eine nachhaltige Konsolidierung von kommunalen Sportanlagen sicherstellt. Wir begrüßen die Initiativen der Bundesländer, die Instandhaltung kommunaler und vereinseigener Sportstätten ergänzend zu fördern. Jedes weitere Abwarten führt dazu, dass Sportstätten nicht mehr genutzt werden können und die Sanierungen teurer oder gar unmöglich werden. Hier regen wir zudem eine Änderung der Förderrichtlinien an, denn pandemiebedingt fehlen vielen Vereinen die notwendigen Mittel für die Selbstbeteiligung an größeren Projekten (vgl. Beschluss des Bundesvorstands der FDP vom 7. Juni 2021 „Optimistisch, selbstbestimmt, engagiert – Grundsätze liberaler Sportpolitik“).
Wie wollen Sie die gemeinnützigen Sportvereine in Deutschland unterstützen und fördern, damit diese mit zeitgemäßen Sporträumen auch einen wichtigen Beitrag zur angestrebten Klimaneutralität bis 2045 leisten können?
Der organisierte Sport und insbesondere die Vereine sind auf eine verlässliche und auskömmliche Unterstützung angewiesen. Das gilt insbesondere für Zeiten wie die Corona-Pandemie, von denen gerade Großvereine besonders betroffen sind. In dieser Phase braucht der organisierte Sport besondere Unterstützung. Jeder Euro, der in den Breitensport fließt, löst dort durch ehrenamtliches Engagement wichtige soziale und ökonomische Multiplikatoreffekte aus. Wir wollen einen besseren Informationsaustausch zwischen den Verbänden und Organisationen bei der Abstimmung von Fördermaßnahmen. Dazu kann ein einheitliches Informationssystem beitragen (vgl. Beschluss des Bundesvorstands der FDP vom 7. Juni 2021 „Optimistisch, selbstbestimmt, engagiert – Grundsätze liberaler Sportpolitik“).
Bei den oben genannten Förderungen der Sanierung von Sportanlagen, darunter vor allem auch Schwimmbädern, möchten wir die Vereine aktiv integrieren. Sie sollen keine Nebenrolle bei den Förderungen spielen, sondern wie die Kommunen bei der Sanierung ihrer Sportstätten Unterstützung erhalten. Sportstätten, die energetisch gebaut oder saniert werden, sind im laufenden Betrieb günstiger und leisten zudem einen Beitrag zur Schonung von Ressourcen und Klima.
Die Corona-Pandemie hat den ohnehin zunehmenden Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen noch einmal befördert. Wie wollen Sie Deutschland zu einem bewegungs- und sportfreundlichen Land für Kinder, Jugendliche, Erwachsene & Ältere machen und welche Rolle sollen dabei die Sportvereine einnehmen?
Sport und Bewegung sind für eine Gesellschaft unverzichtbar: zur Prävention, Rehabilitation, Integration und Inklusion – gerade für Kinder und Jugendliche. Keimzelle bleibt der Sportverein, aber auch individuelle Aktivitäten und gewerbliche Angebote prägen die Sportbewegung. Wir wollen diese gesellschaftlichen Kräfte zur Entfaltung bringen und gestalterische Freiräume öffnen. Daher darf es auch im Sport nur so viel Bürokratie wie unbedingt nötig geben. Übertriebene staatliche Gängelung hemmt die Entwicklung der Sportlandschaft.
Bereits während der Pandemie hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag, in den Ländern und Kommunen für eine rasche Öffnungsperspektive für den Sport plädiert, wo immer es unter Abwägung von Gesundheits- und Lebensschutz sowie der Freiheit, die uns ein besonders hohes Gut ist, möglich und vertretbar war. Dabei haben wir frühzeitig eigene Öffnungsmodelle in die Diskussion eingebracht. Dies haben wir auch deshalb getan, weil wir bereits nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 erlebt haben, wie gewissenhaft in den Sportvereinen und -verbänden Hygienekonzepte geschrieben, mit Kommunen, Gesundheitsämtern, Verbänden und weiteren Akteuren abgestimmt und sehr verantwortungsbewusst umgesetzt wurden. Daher hatten wir sehr früh das Zutrauen, dass Öffnungen im Sport gerade dort gelingen können, wo wenig Infektionen wahrscheinlich sind – also primär draußen und mit Abständen. Unser besonderer Fokus lag dabei auf Kindern und Jugendlichen in den Schulen und Vereinen (vgl. „Bundesweiten Stufenplan vorlegen – dem Land eine Perspektive geben“ BT-Drs.- 19/26536).
Sportvereine sollen sichere Orte sein und stark machen gegen jegliche Form von Gewalt und Diskriminierung. Wie wollen Sie Intervention und Prävention im Sport stärken und den Sport bei der Übernahme der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung zum Schutz vor Gewalt im Sport unterstützen?
In den Sportvereinen findet nach wie vor eine ganz wichtige Vermittlung von Werten statt, etwa im sozialen Miteinander und dem gemeinsamen Lernen und Akzeptieren von Regeln. Zum Fairplay im Sport gehört die Achtung der Rechte und Würde der anderen Sporttreibenden – auch und insbesondere von Kontrahenten im sportlichen Wettbewerb. Dazu gehören der Verzicht und die Ächtung von Diskriminierung und Gewalt. Im Sport kommt es auf das Miteinander und auf Leistung an, nicht auf Herkunft, sozialen Status oder Geschlecht. Insofern ist der Sport ein idealer Gesellschaftsbereich, um Toleranz und Menschenwürde zu verstehen, zu achten und zu wertzuschätzen.
Besonderen Schutz haben dabei Kinder, Jugendliche und Menschen mit Beeinträchtigungen verdient. Sie müssen sich bei ihrer sportlichen Betätigung in unseren Vereinen als Schutzbefohlene ohne Ängste in einem gewaltfreien Raum bewegen können. Um das zu gewährleisten, brauchen die Vereine Unterstützung in Form von Beratungsstellen und Handlungsleitfäden. Die Freien Demokraten fordern einen Aufwuchs der zur Verfügung stehenden Beratungsmittel. Es ist das Ziel, bei der Deutschen Sportjugend in jedem Bundesland mindestens eine Beraterin bzw. einen Berater anzubieten. Kinder und Jugendliche sowie ihre Eltern und andere Vertrauenspersonen benötigen zudem unabhängige Anlaufstellen im Sport, um sich bei Fällen von (sexualisierter) Gewalt gezielt Hilfe holen zu können.
Ehrenamtlich Engagierte sind das Rückgrat unserer Gesellschaft. Allein im Sport engagieren sich rund 8 Millionen Menschen ehrenamtlich. Wie wollen Sie eine bessere Kultur der Anerkennung und bessere Rahmenbedingungen für das ehrenamtliche Engagement schaffen?
Das Ehrenamt ist eine unverzichtbare Säule des Sports. In Zeiten von gesellschaftlichen Herausforderungen wie flexibleren Arbeitszeiten, mehr Individualsport, geringeren Finanzspielräumen der Kommunen und der Digitalisierung sowie abnehmender Bereitschaft zu dauerhaftem Engagement im Ehrenamt erleben wir starke Umbruchprozesse der klassischen Vereinsarbeit. Umso wichtiger ist es daher, das Ehrenamt zu stärken. Wir Freie Demokraten wollen daher Vereine und Menschen, die sich ehrenamtlich für den Sport engagieren, von unnötiger Bürokratie entlasten. Besonders bei sich wiederholenden und zeitraubenden Verwaltungstätigkeiten kann die Digitalisierung helfen. Ebenso bietet die Digitalisierung neue zeitgemäße Wege zur Akquise und Bindung von Mitgliedern und Ehrenamtlichen in den Vereinen.
Bürokratische Regelungen wie zum Beispiel im Steuer-und Haftungsrecht dürfen von ehrenamtlichem Engagement nicht abschrecken. Die Ehrenamts-und Übungsleiterpauschale muss regelmäßig angepasst werden, ebenso die Freigrenzen für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb von Sportvereinen.
Das Ehrenamt muss mehr Wertschätzung erfahren. Wir brauchen daher eine neue Form der Anerkennungskultur, etwa in Schulen, Behörden und Unternehmen, durch die ehrenamtliches Engagement verstärkt ermöglicht und gewürdigt wird – auch durch Darstellung im digitalen Raum und andere geeignete Maßnahmen, die zu einer verstärkten Anerkennung des Ehrenamts führen.
Der organisierte Sport kann mit seinen flächendeckenden Strukturen für viele drängende Zukunftsfragen wie Energiewende, Digitalisierung oder Nachhaltigkeit Lösungen entwickeln, sie umsetzen und in die Breite tragen. Wie wollen Sie die Potentiale des Sports für gesamtgesellschaftliche Aufgaben heben?
Die Möglichkeiten des Sports für wichtige Zukunftsthemen möchten wir mit guten Rahmenbedingungen unterstützen. Das bedeutet: Digitale Lösungen bei Mitgliederverwaltung, Vereinskommunikation oder Hallenbelegungen sollen gefördert werden. Damit möchten wir vor allem das Ehrenamt von Bürokratie entlasten. Das ist uns besonders wichtig, weil wir aus den Sportentwicklungsberichten und eigenem Erleben in den Vereinen den Trend mitbekommen, dass immer weniger dauerhaft engagierte Ehrenamtliche immer mehr Zeit als Vereinsvorstände, Trainer, Übungsleiter oder Betreuer aufwenden. Dieses Engagement kann aber zeitlich nicht immer umfangreicher werden, da es sonst mit Familie und Beruf kaum vereinbar ist. Daher muss die Digitalisierung der Entlastung der im Sport Engagierten dienen. Entsprechende Technik muss mit Schulungen einhergehen, um das Ehrenamt zu befähigen, die Chancen der Digitalisierung auch tatsächlich zu ergreifen.
Bei der Energiewende soll vor allem die energetische Sanierung von Sportstätten beziehungsweise deren zeitgemäßer Bau dazu beitragen, Ressourcen zu sparen und damit die Vereine und Kommunen von laufenden Kosten entlasten.
Unsere Spitzenathlet*innen sind Vorbilder. Sie leben gesellschaftlich wichtige Werte des Sports vor: Fairness, Respekt, Miteinander, Leistung. Wie wollen Sie die Rahmen- und Förderbedingungen für die Spitzenathlet*innen, die Sportverbände und Sportgroßveranstaltungen weiterentwickeln und verbessern?
Leistungssportlerinnen und Leistungssportler arbeiten hart und erzielen tolle Resultate. Sie brauchen aber noch mehr Wertschätzung und Förderung. Deshalb setzen wir uns für bessere Rahmenbedingungen für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler ein. Gerade abseits des Fußballs ist es bisher oft wenig attraktiv, sich als junger Mensch für eine Laufbahn im Leistungssport zu entscheiden. Das muss sich ändern. Daher wollen wir die Duale Karriere im Sport stärken – auch für paralympische Athletinnen und Athleten. Innerhalb eines Dualen Systems müssen wir Verantwortung für die Athletinnen und Athleten übernehmen und Trainings-, Wettkampf-, Ausbildungs-, Studien- und Arbeitszeiten einander anpassen. Diese Anpassungsmaßnahmen für Leistungssportlerinnen und Leistungssportler sollten ihren Weg auch in Universitäten und andere Bildungseinrichtungen finden. Kooperationen im Schul- und Hochschulbereich, wo das Modell der Partner(hoch-)schulen des Leistungssports sich bewährt hat, sollen daher ausgeweitet werden. Auf dem Arbeitsmarkt setzen wir auf den Dialog mit und Anreize für Unternehmen aus der Privatwirtschaft, um Duale Karrieren im Sport möglich zu machen.
Damit allein ist es aber nicht getan. Wir werden uns daher weiter dafür einsetzen, dass gemeinsam mit DOSB, Bundeswehr, Polizei, Zoll, Sporthilfe und den Spitzenverbänden eine zeitgemäße Strategie der öffentlichen Unterstützung von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern auf den Weg gebracht wird. Dabei sind private Unternehmen als Arbeitgeber und Sponsoren frühzeitig zu beteiligen. Modernere Trainings- und Wettkampstätten helfen auch dem Leistungssport. Sie wollen wir daher stärker fördern.
Die Ausrichtung von sportlichen Großveranstaltungen unterstützen wir ausdrücklich. Die Bundesrepublik Deutschland ist immer ein vorzüglicher Gastgeber sportlicher Großveranstaltungen gewesen. Internationale Ereignisse wirken über den Tag hinaus in unsere Gesellschaft hinein. Freie Demokraten sehen Fälle von Korruption bei der Vergabe großer Sportereignisse in den großen Sportorganisationen und die Entwicklung zur Gigantomanie allerdings kritisch. Wir wollen eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte der Organisation und Durchführung von Sportgroßereignissen – ökonomisch, ökologisch, humanitär und nachhaltig. Auch die Vergabe der Großereignisse muss demokratischer und transparenter ablaufen. Wir wollen jede Bewerbung Deutschlands – auch und gerade um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele – unterstützen, die von diesem Grundsatz getragen ist und die Bevölkerung rechtzeitig mit einbezieht. Wir wollen die Erfahrungen der Olympiabewerbungen der vergangenen Jahre zu einem Umdenken nutzen. Die Agenda 2020 bzw. 2020+5 des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ist eine wesentliche Grundlage dieses Prozesses.
Sport ist Querschnittsaufgabe und mehr als nur Spitzensportförderung. Wie wollen Sie gewährleisten, dass der Sport eine seiner gesamtgesellschaftlichen Bedeutung (Gesundheit, Integration/Inklusion, Städtebau, Bildung u.v.m.) entsprechende Unterstützung erhält und wo wollen Sie den Sport verorten?
Den Sport fördern wir auf allen Ebenen: Kommunal, in den Ländern und im Bund. Uns geht es dabei primär um gute Rahmenbedingungen für alle Sporttreibenden und Zielgruppen. Besonders wichtig ist uns, gerade Kindern und Jugendlichen Beteiligungsmöglichkeiten und attraktive Sporträume zu bieten, da Bewegung in frühen Jahren den Zugang zum Sport für das gesamte Leben prägt. Daher fördern wir die Vereinbarkeit von (Ganztags-)Schulbetrieb und Sportvereinen, den Bau und die Sanierung von Sportstätten, insbesondere von Schwimmhallen, um die Überlebenstechnik des Schwimmens wieder stärker zu vermitteln, Sportgroßveranstaltungen und den Leistungssport, denn Events und Vorbilder wecken Interesse für den Sport gerade bei Kindern und Jugendlichen.
Der Sport muss bei viel mehr gesellschaftlichen und politischen Entscheidungen einbezogen werden – dabei ist ein offenes Mindset für mehr Kooperationen wichtig und nicht so sehr die Frage der Ressortzugehörigkeit.
Sportverbände und -vereine müssen Teil regionaler Gesundheitsbündnisse werden. Die Entwicklung neuer Wohngebiete muss immer um ausreichende Bewegungsflächen mitgedacht werden. Die Potentiale des Sports in den Bereichen Integration und Inklusion könnten viel besser genutzt werden, wenn mehr Sportstätten barrierefrei wären und die Vereine noch enger mit den Schulen kooperieren könnten. Da regelmäßige und ausreichende Bewegung die Wissensaufnahme verbessert, müssen Sport und Bildung viel mehr verzahnt werden. Wir brauchen Bewegungsangebote bereits im frühkindlichen und bis ins hohe Alter. An allen diesen Schnittstellen möchten wir weiterarbeiten.