Rückkehr zur Wehrpflicht ist kontraproduktiv und falsch

Der Krieg gegen die Ukraine hat eine neue Debatte über die Wehrpflicht ausgelöst. Die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht lehnen die Freien Demokraten ab. "Was wir brauchen, ist eine schlagkräftige Armee mit echtem Abschreckungspotenzial."

Bundeswehr: Army Jacke mit Deutschland-Flagge
Statt einer Wiedereinführung der Wehrpflicht wollen die Freien Demokraten dafür sorgen, die Bundeswehr strukturell zu verbessern und mit Hightech-Geräten auszurüsten, damit sie jederzeit einsatzfähig ist.

Der Krieg gegen die Ukraine hat eine neue Debatte über die Wehrpflicht ausgelöst. Die von einzelnen Politikern der Union und der SPD ins Spiel gebrachte Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht lehnen die Freien Demokraten ab. Denn Ziel müsse es sein, die Bundeswehr zu einer schlagkräftigen Armee mit echtem Abschreckungspotenzial zu machen. Dazu brauche es „hochqualifizierte Top-Profis mit Hightech-Ausrüstung“, betonte Justizminister Marco Buschmann. „Mit einer Wehrpflicht-Armee hat so etwas nichts zu tun.“ Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr hält eine Neuauflage der Wehrpflicht für ausgeschlossen. „Wer diese Debatte führt, lenkt von den wahren Problemen der Truppe ab. Ziel unserer Investitionen in die Bundeswehr ist, sie zu einer der modernsten Armeen der Welt zu machen und damit zu einem wirklich attraktiven Arbeitgeber.“ Die Bundeswehr müsse jetzt ausgerüstet und strukturell verbessert werden. Er betont, es gehe nicht um Mobilmachung, sondern um volle Bündnisfähigkeit.

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Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine wird die Bundesregierung über ein Sondervermögen insgesamt 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr bereitgestellt werden. Auf die Frage wo genau die 100 Milliarden und der aufgestockte Wehretat investiert werden müsste, sagte der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, dass es in der Bundeswehr viele Felder gebe, in denen große Investitionen notwendig seien. „Wir brauchen eine Bundeswehr die schlagfertig ist“, so der FDP-Politiker und betonte, dass er der Vorgängerregierung aber keinen Vorwurf mache, sondern der aktuelle Zustand der Bundeswehr wäre der sicherheitspolitischen Entwicklung der letzten Jahre geschuldet. „Der Zustand der Bundeswehr ist ein Spiegelbild der politischen Debatten der letzten 15 Jahre.“

Djir-Sarai wies darauf hin, dass die Bundeswehr mit den angekündigten Investitionen aber nicht sehr schnell aus- und aufgerüstet werden könnte: „Es wird nicht gelingen die Bundeswehr innerhalb eines Jahres so aufzustellen, dass wir zufrieden sind. Das wird ein langer Prozess sein, bis die Bundeswehr die notwendigen Kriterien der Zeit erfüllt.“ Die Wiedereinführung der Wehrpflicht hält der designierte Generalsekretär dabei für unnötig. „Ich warne vor dieser Debatte. So etwas brauchen wir in Deutschland nicht. Das ist eine 90er Jahre Debatte und das ist definitiv nicht das größte Problem, was wir heute haben“, so Djir-Sarai.

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Bundeswehr muss moderne, kompakte Armee werden

Ähnlich äußerte sich die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann in den ARD-Tagesthemen: „Die Bundeswehr soll eine moderne, kompakte Armee werden mit Hightech-Gerät und eben nicht mit Gerät aus den neunziger Jahren.“ Die Wehrpflicht sei ausgesetzt worden, weil es keine Wehrgerechtigkeit mehr gegeben habe. „Die jetzige Situation mag viele an den Kalten Krieg erinnern. Aber es ist ein vollkommen neues Szenario“, schreibt sie in einem Gastbeitrag für die „Rheinische Post“. Zudem gebe es heute die entsprechende Infrastruktur nicht mehr — und sie wieder aufzubauen, würde Jahre dauern und Milliarden verschlingen.

Das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr stelle zwar eine erhebliche Summe dar, es sei jedoch „weder Anlass für Fantasie-Wunschlisten noch Grund, sich um eine vermeintliche Aufrüstung zu sorgen“, schreibt die FDP-Politikerin in einem Gastbeitrag. „Wir müssen das Geld nehmen, um die Bundeswehr zu modernisieren, um die Ausrüstung, auch die persönliche für Soldaten und Soldatinnen, perfekt zu machen.“ Dann seien auch junge Menschen bereit, für die Truppe zu arbeiten.

Darüber hinaus müsse man darüber nachdenken, wie man die Expertise von Zeitsoldaten länger für die Bundeswehr nutzbar machen könne. „Durch die technische Entwicklung von Waffen und Waffensysteme ist der Soldatenberuf an vielen Stellen hochspezialisiert und erfordert eine lange Ausbildung.“ Nicht zuletzt deswegen hält die FDP-Politikerin eine Rückkehr zur Wehrpflicht für kontraproduktiv und falsch.

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Jugendliche brauchen keinen staatlichen Eingriff in ihren Lebenslauf

Auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat den Vorstoß aus der Union für eine allgemeine Dienstpflicht zurückgewiesen. „Dass die Union nun die allgemeine Dienstpflicht aus der Mottenkiste holt, ist mehr als befremdlich“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Kinder und Jugendliche haben stark unter der Corona-Pandemie gelitten und sich solidarisch gezeigt“, fügte sie hinzu. „Sie brauchen unsere Unterstützung etwa beim Schließen der Bildungslücken und keinen staatlichen Eingriff in ihren Lebenslauf. Zumal es ausreichend freiwillige Angebote wie den Bundesfreiwilligendient gibt.“ Sie betonte: „Auch der Bundeswehr wäre damit nicht geholfen. Es ist und bleibt ein untauglicher Vorschlag.“

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Ähnlich äußerte sich Bundesfinanzminister Christian Lindner: „Die Aussetzung der Wehrpflicht aufzuheben, bedarf einer sicherheitspolitischen Begründung und muss militärisch sinnvoll sein. Die Bundeswehr braucht hoch spezialisierte Kräfte, die über das modernste Gerät verfügen.“ Eine Wehrpflicht hingegen bedeute, dass viele junge Frauen und Männer von einer qualifizierten Ausbildung abgehalten würden, damit sie als angelernte Kräfte tätig werden. „Das macht weder militärisch noch volkswirtschaftlich Sinn — insbesondere nach der verlorenen Zeit durch die Pandemie und angesichts des Mangels an Fachkräften.“

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