Anpacken und nicht wegducken

Christian Lindner zeigt in seinem Beitrag für die fdplus 04/23: Zur Halbzeit der Koalition lohnt die Inventur. Eine Vielzahl wichtiger Vorhaben konnte bereits vorangetrieben werden. Doch es warten noch wichtige Aufgaben.

Christian Lindner
FDP-Bundesvorsitzender & Bundesminister der Finanzen Christian Lindner

Im November hat sich das Bundesverfassungsgericht erstmals umfassend zur Schuldenbremse und zu Sondervermögen geäußert. Wir haben eine neue Rechtsklarheit, die die Staatspraxis ändert. Kern des Urteils ist: Notlagenkredite müssen in dem Haushaltsjahr genutzt werden, in dem sie beschlossen wurden. Für das Jahr 2023 stellen wir nun mit einem Nachtragshaushalt die Verfassungsmäßigkeit der bereits verausgabten Mittel für die Strom- und Gaspreisbremse her. Es geht also nicht um zusätzliche, sondern um die rechtliche Absicherung bereits erfolgter Ausgaben.

Gute Wirtschaftspolitik ohne höhere Kosten

Aus dem Urteil leitet sich ein klarer Auftrag ab: Es braucht eine neue Realpolitik, um Richtung und Prioritäten der Regierungspolitik zu präzisieren – gerade bei begrenzten Mitteln. Die kurzfristigen Folgen werden mitunter hart sein; langfristig erarbeiten wir uns aber Vorteile. Die Politik ist jetzt gezwungen, mit weniger öffentlichen Subventionen die Wirtschaft für die Zukunft zu stärken. Alle müssen einsehen, dass ansteigende Erwartungen an den Staat bei begrenzten Mitteln nicht erfüllt werden können.

Damit steht außer Frage, dass es auch in den kommenden zwei Jahren auf das verantwortungsbewusste Handeln der Freien Demokraten in der Bundesregierung ankommen wird. Jetzt heißt es anpacken und nicht wegducken. Für uns geht es um weniger Bürokratie, agilere Verwaltung, Technologieoffenheit und die Mobilisierung privaten Kapitals für Investitionen. Gute Wirtschaftspolitik muss nicht mit immer höheren staatlichen Kosten einhergehen, sondern Unternehmergeist anfachen und Rahmenbedingungen für Wachstum verbessern.

Es bleibt viel zu tun

Auch abseits der Finanz- und Wirtschaftspolitik bleibt unser konsequentes Handeln unabdingbar.

Erstens: Wir müssen die neue Realpolitik bei der Migration umsetzen. Zu viele Menschen kommen nach Deutschland, die auf den Sozialstaat angewiesen sind. Diesem droht nicht nur die Überlastung, auch die gesellschaftliche Solidarität wird hierdurch gefährdet. Gemeinsam mit den Ländern haben wir darum die Asylwende eingeleitet, durch die wir auch Leistungen für Asylbewerber einschränken. So reduzieren wir Anreize für irreguläre Migration.

Zweitens: Mit dem Startchancen-Programm ist uns ein Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik gelungen. Künftig fördern wir 4000 Schulen und investieren 20 Milliarden Euro in die Zukunft der Kinder. So füllen wir das Aufstiegsversprechen durch Bildung wieder mit Leben. Durch das Wachstumschancengesetz werden wir zudem die steuerliche Forschungsförderung ausweiten, davon profitieren sowohl Großunternehmen als auch KMUs.

Drittens werden wir die Rente enkelfit machen. Dafür setzen wir das sogenannte Generationenkapital auf – eine zusätzliche Säule in der gesetzlichen Rente, die im Sinne einer Aktienrente kapitalgedeckt ist. Um das Rentensystem dauerhaft stabil zu halten, müssen wir zudem mehr Menschen in die volle Erwerbstätigkeit bringen. Wir haben als Freie Demokraten bereits viel erreicht, aber wir werden nicht müde – denn es ist an uns, das Land für die Zukunft zu stärken.