Antragsbuch für den 74. Ordentlichen Bundesparteitag

Bundesvorstand der Liberalen Frauen

Finanzierung von Frauenhäusern sichern und Frauen vor häuslicher Gewalt schützen - Umsetzung des Koalitionsvertrages vorantreiben

Finanzierung von Frauenhäusern sichern und Frauen vor häuslicher Gewalt schützen - Umsetzung des Koalitionsvertrages vorantreiben

  1. 1. Die FDP fordert die Bundesregierung auf, die ausreichende und verlässliche Finanzierung der in Deutschland bestehenden Frauenhäuser sowie anderer entsprechender Schutzeinrichtungen und Anlaufstellen für die von Gewalt bedrohten Frauen und deren Kinder im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu fördern. Dabei soll die Bundesregierung besonders auf die umgehende Beseitigung von Lücken im Netz der Versorgung mit diesen Schutzeinrichtungen, insbesondere im ländlichen Raum, hinwirken, auch um den geltenden Anforderungen der Istanbul-Konvention nachzukommen.

  2. 2. Die FDP fordert die Bundesregierung auf, aktiv Hilfestellung zur Beantragung von Fördergeldern bei allen bereits bestehenden wie künftigen Bundesförderprogrammen zu leisten, damit die beantragenden Frauenhäuser und andere entsprechende Einrichtungen wie auch Kommunen besseren Zugang zu Fördermitteln erhalten.

  3. 3. Die FDP bittet ihre Bundesministerin und Bundesminister sowie alle ihre Bundestagsabgeordneten, sich mit Nachdruck für die schnelle Umsetzung des Ampel-Koalitionsvertrages in Bezug auf den geplanten bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern und die geplante Beteiligung des Bundes an der Regelfinanzierung einzusetzen. Betroffene sollen, unabhängig davon aus welchen Kommunen oder Bundesländern sie kommen, bundesweit Hilfeeinrichtungen aufsuchen und Leistungen geltend machen können, wenn dies zu deren Schutz erforderlich und geboten ist.

Begründung

Zu 1. und 2.

Im Jahr 2021 erlitten in Deutschland in jeder Stunde des Jahres durchschnittlich 13 Frauen Gewalt in der Partnerschaft. Beinahe jeden Tag versuchte ein Partner oder Ex-Partner, eine Frau zu töten. Fast jeden dritten Tag starb eine Frau durch ihren derzeitigen oder vorherigen Partner.

Die Kriminalistische Auswertung Partnerschaftsgewalt 2021 ergab laut Regierungsmitteilung folgende Zahlen:

  •   143.016 Fälle von Gewalt in Partnerschaften
  •   143.604 Opfer, davon 80,3 Prozent weiblich, 19,7 Prozent männlich

Art der Delikte:

  • 59,6 Prozent vorsätzliche einfache Körperverletzung
  • 24,2 Prozent Bedrohung, Stalking, Nötigung
  • 12,2 Prozent gefährliche Körperverletzung
  • 2,5 Prozent Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe
  • 0,3 Prozent Mord und Totschlag
  • 1,3 Prozent andere Delikte

Bei der Partnerschaftsgewalt trifft die Gewalt also vorwiegend Frauen, während die Täter meist Männer waren: 2021 waren 80,3 Prozent der Opfer weiblich, 78,8 Prozent der Tatverdächtigen waren männlich. Insgesamt wurden 369 Personen in 2021 als Opfer von versuchtem und vollendeten Mord und Totschlag (0,3 Prozent) erfasst. Die Anzahl der Opfer bei vollendetem Mord und Totschlag lag bei 121, davon 109 weibliche und 12 männliche. Hinzu kamen vier Fälle von Körperverletzung mit Todesfolge durch Partnerschaftsgewalt bei Frauen und zwei Fälle bei Männern. Damit sind 113 Frauen und 14 Männer Opfer von Partnerschaftsgewalt mit tödlichem Ausgang geworden.

Seit Februar 2023 ist die sogenannte Istanbul-Konvention, das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, in Deutschland vollumfänglich anzuwenden. Die Istanbul-Konvention verpflichtet alle staatlichen Ebenen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um alle gewaltbetroffenen Frauen vor weiteren Gewalttaten zu schützen und die entsprechenden Hilfsdienste sowie Schutzunterkünfte leicht zugänglich und in geeigneter Anzahl zur Verfügung zu stellen.

Es ist unbestritten, dass sich die Anzahl der in Deutschland vorhandenen Schutzplätze bislang nicht am tatsächlichen Bedarf orientiert. Zudem müssen viele Frauenhäuser und entsprechende Schutzeinrichtungen auch jetzt schon ständig um ihre ausreichende Finanzierung kämpfen. Es fehlen zum Beispiel für Mütter mit Kindern, die in solche Einrichtungen vor häuslicher Gewalt flüchten, Hilfen für die Betreuung der oft traumatisierten Kinder. Ebenso müssen Frauen, die sich in einem Frauenhaus aufhalten und nicht sozialleistungsberechtigt sind, im Regelfall selbst für ihre Unterkunft dort aufkommen. In den allermeisten Fällen haben diese Frauen keine privaten Mittel zur Verfügung und sind bislang auf ein Entgegenkommen der Frauenhäuser angewiesen, bis sie im Sozialleistungssystem gemeldet und anspruchsberechtigt sind. All dies erschwert bislang die nach der Istanbul-Konvention zu garantierende leichte Zugänglichkeit von Schutzunterkünften all der von Gewalt betroffenen Frauen.

Zu 3.

Im Koalitionsvertrag des Ampelbündnisses heißt es: „Wir werden das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder absichern und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen. Wir bauen das Hilfesystementsprechend bedarfsgerecht aus. Der Bund beteiligt sich an der Regelfinanzierung.“

Während bislang die Finanzierung der Frauenhäuser verfassungsrechtlich Sache der Länder mit vielfacher freiwilliger Beteiligung der Kommunen ist, verpflichtet die Istanbul-Konvention jetzt alle staatlichen Ebenen, damit auch die Bundesebene. 

Eine zügige Umsetzung dieser Koalitionsvereinbarungen ist dringend notwendig, denn angesichts der hohen Opferzahlen bei häuslicher Gewalt haben die bestehenden Frauenhäuser und Schutzeinrichtungen in allen Bundesländern nicht ausreichend Plätze und müssen um ihre Finanzierung immer wieder bangen.

Deshalb, und weil wir eine verlässliche Finanzierung für die so dringend notwendige Unterstützung all der Gewaltopfer brauchen, sollten sich die FDP-Abgeordneten im Bundestag ebenso wie die Bundesministerin und Bundesminister der FDP für eine schnelle Realisierung dieser Vereinbarung der Koalitionspartner einsetzen. Damit Frauen in Zukunft überall in Deutschland einen sicheren Zufluchtsort und kompetente Beratung und Hilfe finden. 

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