Antrag A3005: Für ein qualitativ gutes und rechtsicheres Angebot der sogenannten 24-Stunden-Betreuung

Antragsteller/ -in: Sachgebiet:
Bundesvorstand der Liberalen Senioren A3 - Selbstbestimmt in allen Lebenslagen

Der Bundesparteitag möge beschließen:

Viele ältere Bürgerinnen und Bürger wünschen sich, wenn der Pflegefall eintreten sollte, eine Versorgung in den eigenen vier Wänden. Hier hat sich in den letzten Jahren die Betreuung in der häuslichen Gemeinschaft etabliert. Die Zahl ausländischer Betreuungskräfte, die in Haushalten in Deutschland als sogenannte Live-Ins leben und arbeiten, haben deutlich zugenommen. Diese Betreuungspersonen übernehmen oftmals diejenigen Tätigkeiten, die sonst durch Angehörige abgedeckt würden. Gerade Seniorinnen und Senioren, die mangels familiärer Anbindung unter Einsamkeit leiden, profitieren von der Anwesenheit von Betreuungspersonen, die nicht nur bei der Körperpflege, sondern auch als Gesprächspartner zur Verfügung stehen und weitere vielfältige Unterstützungsleistungen, wie beispielsweise den Einkauf oder Hilfe im Haushalt, übernehmen. In Anspruch nehmen diese Leistung oftmals Menschen, deren Angehörige entfernt leben oder aufgrund eigener Berufstätigkeit gar nicht oder nur begrenzt Betreuung leisten können. Experten gehen von aktuell 300.000 Betroffenen aus, die Betreuung in häuslicher Gemeinschaft in Anspruch nehmen. Eine Betreuungsperson im eigenen Haushalt zu wissen, die man im Notfall um Hilfe bitten kann, vermittelt Sicherheit und nimmt älteren Menschen existentielle Ängste. Die Betreuungskräfte müssen allerdings stets als Ergänzung und nicht als Ersatz zu ambulanten Pflegediensten betrachtet werden. In einigen Fällen übernehmen Betreuungspersonen unzulässigerweise auch behandlungspflegerische Maßnahmen (zum Beispiel Medikamente stellen, Wundversorgungen oder das Anziehen von Kompressionsstrümpfen). Von den in Deutschland tätigen Betreuungskräften sind nach Branchenschätzungen nur etwa 10 Prozent legal tätig. In seinem Urteil vom 24. Juni 2021 fordert das Bundesarbeitsgericht den Gesetzgeber in bemerkenswerter Deutlichkeit auf, endlich Rechtssicherheit für diese besondere Form des Lebens und des Arbeitens unter einem Dach herzustellen. Dementsprechend haben sich die Ampelparteien im Koalitionsvertrag verpflichtet, Rechtssicherheit für die sogenannte 24-Stunden-Betreuung zu gestalten. In Österreich, der Schweiz und in Frankreich ist der Gesetzgeber dem schon vor über 10 Jahren nachgekommen.

Um diese so wichtige Versorgung für die Betroffenen und ihre Angehörigen rechtssicher und in Kooperation mit ambulanten Pflegediensten zu gewährleisten, fordern wir Freie Demokraten:

  1. Berücksichtigung der sogenannten 24-Stunden-Betreuung als Pflegesachleistung im Rahmen des SGB XI.
  2. Schaffung eines verbindlichen Rechtsrahmens für Betreuung in häuslicher Gemeinschaft. Die Betreuungskräfte schließen einen Vertrag mit der pflegebedürftigen Person beziehungsweise ihren Angehörigen. Dabei werden sie von einer Vermittlungsagentur, die dem deutschen Recht unterliegt und zertifiziert ist, unterstützt. Diese Vermittlungsagentur steht für die Qualität der Dienstleistung und der Qualifikation der Betreuungsperson ein.
  3. Festschreibung von grundlegenden Anforderungen an die Qualität der Betreuung und an die erforderlichen Qualifikationen der jeweiligen Betreuungsperson. Benötigt werden Anforderungen an Mindestqualifikation und Schulungen. Dies könnte in Anlehnung an die DIN 62 SPEC 33454 geschehen. Eine gesetzlich festgelegte Wechselpflicht (Wechsel von Betreuungskräften alle drei Monate) lehnen wir ab.
  4. Angebote für ein bürokratiearmes Qualitätssicherungsmanagement einschließlich einer professionellen Überprüfung der Haushalte, beispielsweise durch die bereits bestehenden Strukturen der ambulanten Pflegedienste.
  5. Durch Zulassung weiterer Anbieter von Unterstützungsleistungen könnten Pflegebedürftige auch außerhalb von Pflegediensten Hilfe finden. Damit eine sichere Versorgung gewährleistet werden kann, sind Anforderungen an diese Anbieter zu formulieren, die sie im Zuge der Anerkennung (etwa nach § 45a SGB XI) nachweisen müssten.
  6. Eine Anerkennung könnte beispielsweise an das Erfordernis regelmäßiger Kontrollbesuche am Einsatzort gebunden werden. Einige Anbieter leisten dies bereits heute und ziehen examinierte Pflegefachkräfte ergänzend hinzu.
  7. Das Aufgabenspektrum der Betreuungspersonen in Abgrenzung zur ambulanten Pflege im Sinne einer klaren Orientierung muss klar definiert sein. Dies betrifft unter anderem die Unterstützung bei der Lebensführung, Gesellschafterfunktion, Haushaltsführung und Grundpflege. Die Abgrenzung zur ambulanten Pflege ergibt sich bereits aus dem Sozialgesetzbuch V. Betreuungspersonen ohne fachliche Ausbildung dürfen keine medizinische Behandlungspflege leisten – diese ist der ambulanten Pflege vorbehalten. Leistungen im Bereich der körperbezogenen Maßnahmen (ehemals „Grundpflege“) sowie im Bereich der selbstständigen Lebensführung, der Haushaltsführung und der Begleitung können aktuell durch ambulante Pflegedienste und zugelassene Betreuungsdienste geleistet werden. Wenn Betreuungskräfte aus dem Ausland diese Leistungen ebenfalls erbringen könnten, vorausgesetzt, festgelegte Anforderungen an ihre fachliche Eignung werden erfüllt, könnte dieses die ambulanten Pflegedienste entlasten.
  8. Wir fordern zudem eine Verbesserung der steuerlichen Absetzbarkeit. Richtig ist eine angemessene steuerliche Obergrenze im Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen.

Begründung 

Erfolgt mündlich.