Bundesvorstand der Jungen Liberalen
Mission FDP 2029 – Weil Stillstand Rückschritt wäre
Mission FDP 2029 – Weil Stillstand Rückschritt wäre
Als die Freien Demokraten 2013 den Einzug in den Bundestag verpasst haben, hat die Partei als Reaktion darauf einen beispiellosen Erneuerungsprozess angestoßen. Damals hat sich weitaus mehr geändert als nur die Farben des Parteilogos. Das neue, zeitlose Leitbild der FDP definiert seitdem, wie die Partei sich selbst sieht und präsentieren will: Mutig, optimistisch, europäisch, weltoffen, empathisch und lösungsorientiert. Das Leitbild bringt das gemeinsame Ziel aller Freien Demokraten auf den Punkt: Mehr Chancen durch mehr Freiheit.
Heute, im Jahr 2025, stehen die Freien Demokraten wieder an einem entscheidenden Punkt, denn die FDP hat erneut den Einzug in den Bundestag verpasst. Für diese Wahlniederlage gibt es keinen einzelnen oder gar einfachen Grund. Sie ist die Konsequenz einer Vielzahl struktureller Probleme und Herausforderungen, denen wir uns stellen und die wir aufarbeiten müssen. Deshalb sind wir Freie Demokraten der festen Überzeugung, dass wir uns auf den Weg eines Erneuerungsprozesses machen müssen. Als Liberale sehnen wir uns nach Fortschritt, nicht nach dem Status Quo. Wir wünschen uns eine Partei, die Mitglieder stärker einbindet; eine Partei, die der Maschinenraum für die neuesten Ideen ist; eine Partei, die so modern wird, wie ihre Mitglieder es schon längst sind. Mit zehn Ideen wollen wir den Auftakt des Erneuerungsprozesses gestalten.
1. Neue Wege für Listenaufstellungen: Optionale Online-Vorwahlen und Sammelwahlen für Europa- und Bundestagswahllisten
Der Wahlerfolg einer Partei steigt und fällt auch mit dem Personal auf ihren Wahllisten. Wir Freie Demokraten wollen die Aufstellung von Listen für Wahlen demokratisch, transparent und partizipativ gestalten. Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass die Wahlliste sowohl die innerverbandliche Motivation im Wahlkampf als auch den Wahlerfolg in beide Richtungen beeinflussen kann. Deshalb wollen wir die Mitglieder der Partei stärker beteiligen. So stärken etwa Vorwahlen in Ländern wie Frankreich, den Vereinigten Staaten oder bei den NEOS in Österreich die Mitbestimmungsrechte der Parteimitglieder. Davon können auch wir Freie Demokraten lernen. Wir Freie Demokraten wollen eine Urwahl für Spitzenkandidaturen bei Bundestags- und Europawahlen ermöglichen. Eine Urwahl muss stattfinden, wenn der Bundesvorstand einen entsprechenden Beschluss fasst oder dies von einer hinreichenden Zahl an Mitgliedern beantragt wird. In der Regel sollte eine Urwahl stattfinden, wenn es mehrere Bewerberinnen und Bewerber gibt. Bei der nächsten Europawahl wollen wir zudem eine mitgliederoffene Online-Vorwahl für die Aufstellung der Bundesliste ausprobieren. Alle FDP-Mitglieder können die Bewerbungen einsehen und ihre Unterstützung bekunden. Über die Details der Umsetzung soll der Bundesvorstand einen Vorschlag unterbreiten. Das so zustande gekommene Ranking geht dann den Teilnehmern der Bundesvertreterversammlung als Vorschlagliste zu. Dieses Vorgehen wollen wir nicht nur auf Bundesebene umsetzen. Auch die Landesverbände sind dazu angehalten, bei ihrer Personalauswahl für die anstehenden Landtagswahlen und die Bundestagswahl 2029 mehr Mut zu zeigen und Neues zu wagen. Eine bessere Partizipation und höhere Transparenz bei Listenaufstellungen können auf vielen Wegen erreicht werden. Insbesondere befürworten wir eine stärkere Anwendung von Sammelwahlen bereits für aussichtsreiche Listenplätze, um die Popularität und das Potenzial der Kandidierenden präziser abzubilden.
2. Ein moderner Parteivorsitz
Der Bundesvorsitzende und der Generalsekretär sind die höchsten Vertreter unserer Partei. Deswegen wollen wir die Urwahl des Bundesvorsitzes ermöglichen. Diese soll auf Beschluss des Bundesvorstands oder auf Antrag einer hinreichenden Zahl an Mitgliedern durchgeführt werden. In der Regel sollte eine Urwahl stattfinden, wenn es mehrere Bewerberinnen und Bewerber gibt. Wir fordern den Bundesvorstand auf, eine entsprechende Satzungsänderung zum nächsten Bundesparteitag vorzulegen.
In der vergangenen Regierungsbeteiligung haben wir gesehen, wie herausfordernd es für alle beteiligten Parteivorsitzenden sein kann, zu versuchen, dem Land, der Regierung und der Partei gleichermaßen gerecht zu werden. Anderen Parteien ist das Management dieser schwierigen Aufgabe besser gelungen, auch durch eine größere personelle Vielfalt. Eine Lehre für die Freien Demokraten muss deshalb lauten, dass der Bundesvorsitz sowie das Amt der Generalsekretärin oder des Generalsekretärs satzungsrechtlich von Ministerposten und vom Vorsitz der Bundestagsfraktion getrennt werden müssen. Die Anforderungen an diese Ämter sind zu unterschiedlich und der Zeitaufwand zu hoch, um sie in einer Person zu vereinen. Zudem kann eine Trennung dazu beitragen, die Wahrnehmung der FDP durch unterschiedliche Personen zu erhöhen.
3. Doppelspitzen ermöglichen
Wir wollen der Partei auch auf der Bundesebene die Möglichkeit geben, eine Doppelspitze zu wählen. Künftig sollen deshalb sowohl Einzelpersonen als auch Teams für den Vorsitz kandidieren können. So entscheiden die Kandidierenden, die Mitglieder und die Delegierten vor Ort, welche Option sie bevorzugen. Dabei ist sicherzustellen, dass die Kandidatur von Einzelpersonen nicht benachteiligt wird, z. B. indem bei einer Doppelspitze ein Stellvertreterposten entfällt. Der Bundesvorstand soll dem nächsten Parteitag eine entsprechende Bundessatzungsänderung unterbreiten.
4. Mandat- und Ämterhäufung vermeiden
Ein Mandat im EU-Parlament, Bundestag oder Landtag nimmt viel Zeit in Anspruch. Seine Wahrnehmung muss stets Vorrang vor anderen, z. B. kommunalpolitischen Mandaten haben. Deshalb erwarten wir von allen hauptamtlichen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern, dass sie für die Zeit ihres Mandats neben weiteren politischen Ämtern sowie weiteren beruflichen Verpflichtungen stets gewährleisten, dass sie ihrem Mandat jederzeit gerecht werden. Dazu gehört in der Regel die Aufgabe anderer, z. B. kommunalpolitischer Mandate. Auch jedes Vorstandsamt nimmt einen beträchtlichen Teil Zeit in Anspruch. Wer zu viele Ämter innehat, wird im Zweifel keinem gerecht werden können. Mit fast 70.000 Mitgliedern ist die FDP stark genug, um Ämterhäufungen zu vermeiden. Grundsätzlich soll das Amt des/der Vorsitzenden in nur einer Gliederung zeitgleich ausgeübt werden können.
5. Ehrenamtsgarantie für Bundesvorstand und Präsidium
Zu einem Politiker oder einer Politikerin wird man nicht erst mit dem Erhalt eines Mandats. Schon die Vertretung von Parteimitgliedern und Wählenden gegenüber der Öffentlichkeit ist eine der Kernaufgaben in unserer Demokratie. Diese Vertretung profitiert insbesondere von der Perspektive und Herangehensweise vieler nicht hauptberuflicher Politikerinnen und Politiker. Diese engagieren sich in sehr großer Zahl in unserer Partei – sind jedoch im Bundesvorstand der FDP bisher kaum vertreten gewesen. Wir fordern deshalb eine Ehrenamtsgarantie für den Bundesvorstand und das Präsidium. Mindestens ein Drittel der gewählten Mitglieder des Bundesvorstands und des Präsidiums soll, auch in Zukunft, ehrenamtlich Politik machen – wie die große Mehrheit unserer gesamten Partei.
6. Reform des Bundesvorstands
In Zeiten der außerparlamentarischen Opposition muss der Bundesvorstand zu einem echten Arbeitsgremium werden. Jedes gewählte Mitglied des Bundesvorstands und des Präsidiums soll einen klaren Aufgabenbereich erhalten. Außerdem soll der Bundesvorstand die Rolle von Fachsprecherinnen und Fachsprechern einführen. Entscheidungen des Präsidiums müssen gegenüber dem Bundesvorstand transparent gemacht werden, z. B. indem Protokolle der Präsidiumssitzungen bereitgestellt werden. Der Bundesvorstand der FDP zeichnet sich auch durch Posten aus, für die ein Vorschlagsrecht durch bestimmte Untergliederungen besteht. Diese Posten, häufig „Kurfürsten“ oder „Säulenheilige“ genannt, werden also nicht im Wettbewerb besetzt, sondern entsprechend dem Wunsch einer Untergliederung. Regelungen, die Kurfürsten oder Säulenheilige vorsehen und somit in den parteiinternen Wettbewerb eingreifen, sollen zugunsten eines echten Wettbewerbs um die größten Talente auf dem Parteitag abgeschafft werden. Stattdessen soll eine hinreichende regionale Vielfalt über Kooptierungen von jeweils einem Landesvertreter gesichert werden. Der Bundesvorstand soll dazu eine Satzungsänderung zum nächsten Parteitag vorlegen.
7. Wiedereinführung der Leitbildbotschafter
Das Leitbild ist nicht nur Vorbild und Orientierung für unser Auftreten und unsere Kommunikation nach außen, sondern soll auch Tugend für den Umgang untereinander im Innenverhältnis sein. Doch zu häufig entflieht das Leitbild aus der Wahrnehmung. Deshalb fordern wir die Wiedereinführung der „Leitbild-Botschafterinnen und Botschafter“ und einen aktiven Fokus auf eine einladende und respektvolle Gruppenkultur und -kommunikation sowie eine liberale Diskussions- und Diskurskultur.
8. Das Mitgliederpotenzial heben
Gerade in Zeiten der außerparlamentarischen Opposition können wir uns dankbar schätzen für jedes Mitglied und jeden Überzeugungstäter, der den Weg zu uns findet. Unsere Mitglieder sind unser teuerstes Gut. Deshalb ist es unerlässlich, dass alle Neumitglieder erfolgreich in die Parteistrukturen integriert werden. Wir brauchen eine echte Neumitgliederstrategie: Neue Freie Demokraten sollen über ein Patenschaftsprogramm ein Angebot zum unkomplizierten und sozialen Kennenlernen des Verbandslebens erhalten. Alle Neumitglieder sollen darüber hinaus nach ihrem Eintritt ein digitales Willkommenspaket erhalten, in welchem Ansprechpersonen auf Kreis- und Landesebene genannt werden und alle wichtigen Informationen über das Engagement in der FDP und ihre Struktur enthalten sind. Zudem sollen hierzu in allen Untergliederungen der FDP ab Kreisebene Neumitgliederbeauftragte benannt werden.
Aber auch das Potenzial bereits langjähriger Mitglieder müssen wir stärker in den Blick nehmen. In jedem Unternehmen gehört Personalentwicklung zu den wichtigsten Führungsaufgaben. Denn gut ausgebildetes und hochmotiviertes Personal entscheidet über Fortbestand und Wachstum eines Unternehmens. Dies gilt ebenso für Parteien. In den vergangenen Jahren hat die FDP bei der Talentförderung erste Fortschritte erzielt – z. B. mit der online abrufbaren FDP-Akademie. Wir Freie Demokraten wollen diesen Weg weiter beschreiten, z. B. mit eigens ausgerichteten Seminaren und aktiver Talentförderung.
In Zeiten der außerparlamentarischen Opposition gewinnen die Bundesfachausschüsse (BFAs) deutlich an Bedeutung. Einerseits werden sie durch das Wegfallen einer Bundestagsfraktion zu den bedeutendsten Fach- und Expertengremien auf Bundesebene. Andererseits müssen sie zu den Ideenschmieden werden, die uns innovative Forderungen bescheren, welche die Wahrnehmungsschwelle der außerparlamentarischen Opposition überschreiten können. Deshalb benötigt es eine Reform der Bundesfachausschüsse zu partizipativen Gremien. Die BFAs sollen zu Zentren der Expertise, des Austausches und kollaborativen Ideenentwicklung werden. Dazu wollen wir den Vorstand der Fachausschüsse neu untergliedern, in einen politischen Vorsitz und einer Geschäftsführung, bestehend aus einem/r Geschäftsführer/in und drei Stellvertreter/innen, die aus Ehrenamtlern besteht und die organisatorische Verantwortung des BFAs trägt. Der BFA-Vorstand soll im Rahmen einer Ausschreibung berufen werden. Wir fordern deshalb den Bundesvorstand auf, eine Neuaufstellung der BFAs spätestens bis zum nächsten Bundesparteitag vorzulegen. Innovative Formate zur Beteiligung von Mitgliedern sowie liberalen Nicht-Mitgliedern müssen den BFAs ermöglicht werden. Dazu gehört auch die Etablierung eines BFA-Kalenders bzw. einer Übersicht über die BFA-Termine auf der Homepage der FDP.
Ab dem Alter von 14 Jahren darf man nicht nur frei über seine Religion entscheiden, sondern auch Mitglied der Jungen Liberalen werden. Viele junge Menschen engagieren sich deshalb schon heute für den politischen Liberalismus und bringen sich in den Wahlkampf, aber indirekt auch in die programmatische Gestaltung der FDP ein. Wir wollen diese jungen Menschen auch in die Partei holen und fordern deshalb die Absenkung des Eintrittsalters für die FDP auf 14 Jahre.
9. Schaffung einer AG Soziale Marktwirtschaft
Der Erfolg unserer Wirtschaftsordnung und unseres Landes basiert auf dem individuellen und verantwortungsvollen Handeln vieler kleiner und großer Unternehmerinnen und Unternehmer. Die soziale Marktwirtschaft ist Kernkompetenz der FDP. Dass wir als selbsternannte Wirtschaftspartei in Zeiten einer Rezession den Einzug in den Bundestag verpassen, muss uns aber nachdenklich zurücklassen. Ziel der Arbeitsgruppe muss deshalb der systematische Austausch mit und das repräsentative Abbilden der vielfältigen Wirtschaftslandschaft in Deutschland sein. Der Vorstand der Arbeitsgruppe soll auch Personen aus Wissenschaft und Wirtschaft umfassen, die keine Parteimitglieder sind.
10. Reform und Wiedereinsetzung der AG Parteientwicklung
Die hier präsentierten Vorschläge sind und können nicht das Ende des Modernisierungsprozesses der Partei darstellen. Denn der Fortschritt nimmt kein Ende. Als Liberale werden wir immer vor neuen Herausforderungen stehen und brauchen eine Parteistruktur, die diese Herausforderungen annehmen kann. Deshalb betonen wir die wichtige Bedeutung der AG Parteientwicklung, die sich fortlaufend mit der Fortentwicklung der FDP beschäftigt. Damit die Bedeutung dieser AG in Zukunft stärker deutlich wird und die Arbeit dieser zu mehr Ergebnissen führt, wollen wir die Struktur der AG überarbeiten. Denn in den vergangenen Jahren war die Arbeitsfähigkeit durch einen Mangel an Aktivität nicht gewährleistet und die AG konnte keine substanziellen Ergebnisse vorweisen. Deshalb fordern wir den Bundesvorstand auf, die AG Parteientwicklung schnellstmöglich neu aufzustellen.
Begründung:
Erfolgt mündlich.