Antragsbuch für den 74. Ordentlichen Bundesparteitag

KV Wilhelmsburg · KV Billstedt · KV Wandsbek

Verkürzung der Sperrfristen – Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Filmwirtschaft!

Verkürzung der Sperrfristen – Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Filmwirtschaft!

Mit der Filmförderungsnovelle wollen die Koalitionsparteien auf Bundesebene die Filmförderinstrumente des Bundes und die Rahmenbedingungen des Filmmarktes neu ordnen, vereinfachen und transparenter machen, dies in enger Abstimmung mit der Filmbranche und den Ländern. Geprüft werden die Einführung von Investitionsverpflichtungen und steuerlichen Anreizmodellen und die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen, um die steuerliche Behandlung von Filmkoproduktionen rechtssicher zu gestalten. Kinos und Festivals sollen verlässlich gefördert und das nationales Filmerbe bewahrt werden. [1]

Bei diesem Vorhaben gilt es gleichermaßen, die Filmwirtschaft insgesamt zu stärken. Sperrfristen sind Teil des Geschäftsmodells der Filmvermarktung. Es sieht ein Schema von aufeinanderfolgenden Veröffentlichungsfenstern vor. Das Schema beruht auf der mutmaßlichen Bereitschaft der Zuschauer, für einen möglichst frühen Zugang ein jeweils angemessenes Entgelt zu zahlen. Es dient dazu, die Gesamteinnahmen der Rechteinhaber eines Films zu maximieren und dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Filmfinanzierung zu leisten. Die Reihenfolge der Veröffentlichungsfenster richtet sich danach, „wo in der kürzesten Zeit die höchsten Einnahmen generiert werden, also am Prinzip der „zweitbesten Alternative“ – vom Kino (Kinostart im Inland oder international) über DVD (Verleih/Verkauf), Bereitstellung on Demand, Pay-per-View, Pay-TV in linearen Diensten bis hin zum frei empfangbaren Fernsehen“. [2]

Die Einnahmen der Rechteinhaber jedes Veröffentlichungsfensters steigen mit dessen Länge. Die Dauer ist Ergebnis von Verhandlungen, deren Ausgang von der Marktmacht der jeweiligen Parteien abhängt. Zudem generieren nur relativ wenige Filme (die Top 100) 72 Prozent der Umsätze, von denen 79 Prozent in den ersten vier Wochen eingespielt werden. [3] Hieraus lässt sich zwar schließen, dass das gegenwärtige Kinofenster zu lang ist. Bei der Beurteilung der erforderlichen Länge ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass ein Anreiz bestehen bleiben soll, den Film im Kino zu sehen und nicht auf seine baldige Veröffentlichung im nächsten Veröffentlichungsfenster zu warten. Zudem wirkt sich der Kinoerfolg eines Films positiv auf die nachfolgenden Veröffentlichungsfenster aus. Einigkeit herrscht zwischen den Akteuren der Filmwirtschaft darüber, das bestehende Schema zu flexibilisieren und dabei den Kinoerfolg als Maßstab anzuwenden. [4]

Die audiovisuellen Mediendienste-Richtlinie (AVMD-Richtlinie) der EU verpflichtet in Artikel 8 die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die ihrer Rechtshoheit unterworfenen Mediendienstanbieter Kinospielfilme nicht zu anderen als den mit den Rechteinhabern vereinbarten Zeiten übertragen. Dies lässt den EU-Mitgliedstaaten Spielraum zur Umsetzung dieser Mindestanforderung. Die Organisation von Veröffentlichungsfenstern kann durch gesetzliche und regulatorische Ansätze und ebenso durch marktwirtschaftliche Verträge und Branchenvereinbarungen erfolgen. Deutschland hat sich für einen regulatorischen Ansatz über ein nationales Filmförderprogramm entschieden, das im Gesetz über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films (Filmförderungsgesetz, FFG) verankert ist. Der Trend geht jedoch hin zu marktwirtschaftlich orientierten Verträgen wie in Großbritannien. Dies mag auch daran liegen, dass der wirtschaftliche Erfolg für das britische Modell spricht: Großbritannien ist eines der beiden Länder mit der höchsten Wachstumsrate bei den Einspielergebnissen.

Bemerkenswert ist, dass die Länder mit der höchsten Wachstumsrate bei den Einspielergebnissen, neben Großbritannien sind das die Niederlande, die kürzesten Fenster zwischen Kino und TV on Demand haben. [5] Deutschland hat hingegen für öffentlich geförderte Filme das längste Veröffentlichungsfenster (sechs Monate) zwischen Kino- und Heimvideoveröffentlichung; aber hier steht einem schrumpfenden Kinomarkt ein relativ stabiler Heimvideomarkt gegenüber. Daraus kann geschlossen werden, dass sich ein besonders langes Kinofenster weder auf die Gesamteinnahmen des Films noch auf den Kinomarkt wirtschaftlich dauerhaft auswirkt.

Gegenwärtig regelt das FFG die Veröffentlichungsfenster in Deutschland wie folgt [6]:

Bildträgerauswertung (DVD, Blu-ray…), TVoD, Pay-per-View

  • 6 Monate nach der regulären Erstaufführung
  • Verkürzung auf 5 oder in Ausnahmefällen 4 Monate möglich

Pay-TV und SVoD-Dienste

  • 12 Monate
  • Verkürzung auf 9 oder in Ausnahmefällen 6 Monate möglich

Free-TV und Free-VoD-Dienste

  • 18 Monate
  • Verkürzung auf 12 oder in Ausnahmefällen 6 Monate möglich

Für einzelne Projekte, für deren wirtschaftlichen Erfolg eine abweichende Verwertungsfolge erforderlich ist, können die regelmäßigen Sperrfristen verkürzt werden oder entfallen. Für Filme, die unter Mitwirkung eines Fernsehveranstalters hergestellt worden sind, können auf Antrag des Herstellers die regelmäßigen Sperrfristen bis auf sechs Monate nach Abnahme durch den Fernsehveranstalter verkürzt werden.

Wir Freie Demokraten fordern:

Zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der einheimischen Filmwirtschaft bei gleichzeitiger Förderung von Kinos sollen im Zuge der anstehenden Filmförderungsnovelle die regulären und verkürzten Sperrfristen jeweils halbiert werden. Der Wegfall der Sperrfristen für einzelne Projekte soll weiterhin ermöglicht werden (siehe nachstehende Auflistung).

Bildträgerauswertung (DVD, Blu-ray…), TVoD, Pay-per-View

  • 3 Monate nach der regulären Erstaufführung
  • Verkürzung auf 6 Wochen möglich

Pay-TV und SVoD-Dienste

  • 6 Monate
  • Verkürzung auf 3 Monate möglich

Free-TV und Free-VoD-Dienste

  • 9 Monate
  • Verkürzung auf 18 Wochen möglich

Für einzelne Projekte, für deren wirtschaftlichen Erfolg eine abweichende Verwertungsfolge erforderlich ist und für Filme, die unter Mitwirkung eines Fernsehveranstalters hergestellt worden sind, können auf Antrag des Herstellers die regelmäßigen Sperrfristen entfallen.

Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag wird gebeten, sich im Zuge der anstehenden Filmförderungsnovelle für die Verkürzung der Sperrfristen einzusetzen.

[1] Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen, Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“, Seite 123

[2] Cabrera Blázquez F.J., Cappello M., Fontaine G., Talavera Milla J., Valais S., Verwertungsfenster in Europa: eine Frage der Zeit, IRIS Plus, Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Straßburg, Oktober 2019, S. 48.

[3] Vgl. a. a. O., S. 10.

[4] A. a. O., S. 10.

[5] A. a. O., S. 13.

[6] Vgl. zu den Fenstern: a. a. O., S. 29.

Begründung

Erfolgt mündlich.

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