Jetzt ist die Zeit für einen Aufbruch

Deutschland hat gewählt: Der FDP gelingt es zum ersten Mal, bei aufeinander folgenden Bundestagswahlen zweistellig zu werden. Für FDP-Chef Christian Lindner ist das ein großer Vertrauensbeweis.

Wahlabend
Von diesem Tag geht ein klares Signal aus: Die politische Mitte wurde gestärkt, die politischen Ränder wurden geschwächt.

Deutschland hat gewählt: Der FDP gelingt es zum ersten Mal, bei aufeinander folgenden Bundestagswahlen zweistellig zu werden. Sie verbesserte sich auf 11,5 Prozent. Für FDP-Chef Christian Lindner ist das ein großer Vertrauensbeweis. Er dankte „unseren Wählerinnen und Wählern, unseren Unterstützerinnen und ehrenamtlichen Wahlkämpfern – wir danken allen, die den Wert der Freiheit in diesem Jahr zu ihrem politischen Projekt gemacht haben.“ Von diesem Tag gehe das klare Signal aus: „Die politische Mitte wurde gestärkt, die politischen Ränder wurden geschwächt.“ Am Montag haben die Parteigremien beschlossen, in schnelle Gespräche mit den Grünen über eine gemeinsame Regierungsbeteiligung beider Parteien einzutreten und „Vorsondierungen“ aufzunehmen.

Lindner bezeichnete es als gute Nachricht, dass das Wahlergebnis zeige, dass in Deutschland eine Koalitionsbildung aus dem demokratischen Zentrum der Politik möglich sei – Ränder würden dafür nicht benötigt. „All diejenigen in Europa und darüber hinaus, die Sorgen hatten um die Stabilität Deutschlands, können jetzt erkennen: Deutschland wird in jedem Fall stabil bleiben“, so Lindner. Zugleich betonte er: „Diese Bundestagswahl lässt der FDP eine besondere Verantwortung zuwachsen. Wir unterschätzen die Dimension der Herausforderungen nicht, ganz im Gegenteil. Aber wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten.“ Lindner betonte das eigenständige Profil seiner Partei. Ohne Koalitionsaussage habe die FDP das starke Ergebnis geholt. Und: „Unsere Eigenständigkeit aus dem Wahlkampf werden wir uns auch in der Zeit nach der Wahl bewahren“, so der FDP-Chef.

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Er führte aus: „Wir haben einen eigenständigen Wahlkampf für unsere Werte, unsere Projekte und unsere Kandidatinnen und Kandidaten geführt. Manche haben explizit gegen die FDP Wahlkampf geführt. Insbesondere jene, die uns eigentlich inhaltlich näher stehen. Deshalb können wir aber heute feststellen: Die FDP wurde als liberale Partei für ihre Inhalte gewählt. Wer FDP gewählt hat, meinte die FDP.“ Mit Blick auf das Wahlergebnis der Grünen deutete Lindner an, sich zunächst mit ihnen auszutauschen. Genau wie die FDP hätten die Grünen einen eigenständigen Wahlkampf gegen den „Status quo der großen Koalition“ geführt. Deshalb könne es kein „Weiter so“ geben, es sei Zeit für einen „neuen Aufbruch“.

Eine künftige Regierung werde wohl sehr viel ökologischer sein. „Wenn ich sehe, welch gutes Ergebnis die FDP erzielt hat mit unserem Einsatz für Technologieoffenheit, für die bürgerlichen Freiheitsrechte, für eine Stärkung unseres wirtschaftlichen Aufschwungs, so ist meine Erwartung, dass sich auch dieser Gedanke in einer nächsten Koalition wiederfindet.“

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FDP-Generalsekretär Volker Wissing hat die Union aufgefordert, jetzt endlich reformbereit zu sein und ihr eigenes Programm ernst zu nehmen. „Die Union ist eine Reformverhinderungspartei gewesen“, erklärte Wissing im Fernsehsender phoenix. Grundsätzlich lägen die im Unions-Programm niedergeschriebenen Positionen der FDP näher als die von SPD und Grünen, „aber die Union hat ein solches Programm in den letzten 16 Jahren wiederholt vorgelegt, aber immer daran gearbeitet, es selbst nicht umzusetzen“, sagte Wissing und verwies auf die von der Union wiederholt vertagten Steuerreformen. Jetzt würden die Liberalen genau darauf achten, ob CDU und CSU bereit seien, neue Wege zu gehen. „Das lethargische ‚Wir verändern nichts, dann müssen wir es auch nicht erklären‘ ist nicht mehr angebracht“, so Wissing. Die Ankündigung der Union, jetzt ein Modernisierungs-Jahrzehnt einläuten zu wollen, „zeigt die ganze Zerrissenheit und Misere“, die durch die große Koalition verursacht worden sei.

Eine neue Dreier-Koalition müsse einen Mehrwert für die Menschen in Deutschland bringen, daran werde man gemessen. Das gelinge nur, wenn man ein überzeugendes Regierungsprogramm vorlegen könne, das von allen Partnern gemeinsam getragen werde. „Wichtig ist, dass man sich auf Ziele verständigt, hinter denen sich alle versammeln können. Jeder muss hinter allem stehen“, meinte Wissing und fügte hinzu: „Am Ende müssen die Bürgerinnen und Bürger zu Gewinnern werden.“

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FDP und Grüne könnten fortschrittliches Zentrum einer neuen Koalition werden

Unterstützung für diesen Kurs haben die Freien Demokraten insbesondere von der Jugend: Unter den Erstwählerinnen und Erstwählern belegt die FDP Platz eins, knapp vor den Grünen. Bei den unter 30-Jährigen liegen wiederum die Grünen vor der FDP. Mit diesen Zahlen tritt am Abend Johannes Vogel in den Tagesthemen auf, Vize-Vorsitzender der FDP. „Das zeigt, dass da – vielleicht aus ganz unterschiedlichen Ecken kommend und bei ganz unterschiedlichen Grundüberzeugungen – bei manchen Fragen ein gemeinsamer Zukunftswille ist. Das ist eine Chance“, sagt Vogel, „das könnte eine Basis sein.“

Christian Lindner erklärte nach den Beratungen von Bundesvorstand und Präsidium: „Zwischen Grünen und FDP gibt es die größten inhaltlichen Unterschiede bei den Parteien des demokratischen Zentrums, die jetzt über eine Regierungsbildung miteinander sprechen könnten. Deshalb macht es Sinn, angesichts dieser bisweilen bestehenden Polarisierung den gemeinsamen Grund zu suchen.“ FDP und Grüne seien die Parteien, die sich am stärksten gegen den Status quo der großen Koalition gewandt hätten, sagte Lindner. „Und deshalb ist es sinnvoll, dass diese beiden zuerst miteinander das Gespräch suchen, um zu prüfen, ob daraus bei allen Unterschieden ein fortschrittliches Zentrum einer neuen Koalition werden könnte.“ 

Nach diesen Gesprächen mit den Grünen sei die FDP offen, „Einladungen von CDU/CSU oder SPD anzunehmen, wenn sie denn kommen, über weitergehende Gespräche“, sagte Lindner. Er bekräftigte die „Leitplanken“ für eine Einigung mit anderen Parteien. „Mit der FDP wird es keine höheren Steuern geben, mit der von mir immer gemachten Ausnahme Google etc. Und auf der anderen Seite keine Aufweichung der Schuldenbremse in unserer Verfassung“, sagte er. Der Ausgang der Wahl sei ein Erfolg für die FDP. Lindner: „Wir sind die stärkste Kraft bei den Erstwählern und sind mit den Grünen gemeinsam bei den Jungwählern vorne. Wir haben jetzt die Marke von 76 000 Mitgliedern überschritten, also einen Rekordstand bei den Mitgliedern erreicht.“

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