Politisierung der Richterwahl schwächt Vertrauen in das Verfassungsgericht
Eigentlich sollte der Bundestag neue Verfassungsrichterinnen und -richter wählen – doch Union und SPD scheiterten daran, die notwendigen Mehrheiten zu organisieren. FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht von einem „beschämenden“ Vorgang.

Die Wahl der Verfassungsrichter im Bundestag erfordert eine Zweidrittelmehrheit. Üblicherweise einigt sich das Parlament fraktionsübergreifend auf geeignete Persönlichkeiten, die dann ohne Aussprache gewählt werden. Doch diesmal kam es anders: Selbst gemeinsam mit den Grünen konnten Union und SPD nicht ausreichend Stimmen sichern.
Die Folge: Die Wahl wurde kurzfristig von der Tagesordnung genommen. Offenbar konnten weder Union noch SPD eine stabile Mehrheit für ihre Kandidaten erreichen. Besonders umstritten war die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf – ihre Wahl durch die Unionsfraktion galt als fraglich. Als Grund dafür nannte die Fraktion Plagiatsvorwürfe, die die „fachliche Expertise“ der Juristin in Zweifel zögen. Borsius-Gersdorf war jedoch auch aufgrund ihrer Position zu Schwangerschaftsabbrüchen und der Abschaffung des §218 StGB innerhalb der Unionsfraktion schon vor den Plagiatsvorwürfen umstritten.
Wolfgang Kubicki kritisiert das Vorgehen der Union scharf: „Redlich und nachvollziehbar wäre es gewesen, klar zu sagen, dass man als Union Frau Brosius-Gersdorf aus inhaltlichen Gründen nicht wählen kann.“ Statt einer offenen Debatte über juristische Eignung habe sich die Union für ein politisches Manöver entschieden: „Dass man jetzt den Exit über eine beispiellose Schmutzkampagne sucht, ist beschämend.“
Schwarz-Rot riskieren Vertrauen in staatliche Institutionen
Aus Sicht der Freien Demokraten geht es um mehr als parteipolitische Taktik: Union und SPD beschädigen durch ihr Verhalten nicht nur den Auswahlprozess, sondern auch das Vertrauen in das Bundesverfassungsgericht.
Gerade in Zeiten wachsender Demokratie-Skepsis sei eine sachorientierte, respektvolle Zusammenarbeit im Bundestag unerlässlich. „SPD und Union haben großen Schaden angerichtet.“ Kubicki warnt vor einer weiteren Verzögerung der Wahl: „Eine Verlängerung dieser unwürdigen Diskussion ist nicht die Lösung.“
Mit Blick auf die Unionsspitze formuliert Kubicki ein deutliches Urteil: „Spätestens seit heute darf man an der politischen Kompetenz von Friedrich Merz und Jens Spahn zweifeln.“