TEUTEBERG-Interview: Wir brauchen bessere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden

Die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg gab der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Beate Tenfelde. 

Frage: Frau Teuteberg, der CDU-Politiker Friedrich Merz warnt vor einem Rechtsruck in Polizei und Truppe. Teilen Sie die Sorge?

Teuteberg: Vor allem müssen wir den Polizisten und Soldaten, die auf dem Boden unserer Verfassung stehen und täglich in schwierigen Situationen ihren Kopf hinhalten, mehr Wertschätzung entgegenbringen. Daran hapert es nämlich oft. Um einen pauschalen Rechtsruck festzustellen, bräuchten wir konkrete Belege. Die sehe ich nicht. Ich warne hier vor einem Generalverdacht. Aber auch ich habe die Sorge, dass von der Bundeswehr, von Polizei und Sicherheitsbehörden nicht mehr die Vernünftigen, sondern vermehrt die Falschen angezogen werden. Wir müssen sensibel und wachsam sein gegenüber rechtsextremen Tendenzen. Es gibt auch ernst zu nehmenden Frust bei Beamten darüber, dass denen, die unseren Rechtsstaat offen verachten, nicht entschlossen genug begegnet wird.

Frage: Hat generell mangelnde Konsequenz bei der Durchsetzung rechtsstaatlicher Regeln zu Verdruss in der Polizei geführt? Sie fasst Täter und erlebt oft, dass die davonkommen…

Teuteberg: Rechtlich ist das ist eine Frage des Einzelfalls. Aber grundsätzlich ist es ein ernstes Problem, wenn der Eindruck entsteht, dass die Regeln des Rechtsstaates nicht konsequent durchgesetzt werden. Wir müssen gründlich daran arbeiten, dass es zu solchen Zweifeln keinen Anlass gibt.

Frage: Die Tötung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wirft die Frage auf: Wurde der Rechtsextremismus in Deutschland nicht konsequent genug verfolgt?

Teuteberg: Der Mordfall selbst wie auch mögliche Versäumnisse der Sicherheitsbehörden müssen gründlich ausermittelt werden. Tatsache ist: Die FDP hat schon vor dem Fall Lübcke ganz grundsätzlich eine deutlich verbesserte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern gefordert und dazu Vorschläge gemacht. Es darf nicht sein, dass wegen unübersichtlicher Strukturen und Informationspannen zu überwachende Gefährder vom Radar verschwinden – wie im Fall Lübcke geschehen. Die neuen Vorgänge um die Gruppe „Nordkreuz“, gegen die die Bundesanwaltschaft bereits ermittelt, zeigt nochmals die Gefahr. Wir müssen die Analysefähigkeit des Verfassungsschutzes im Bereich des Rechtsextremismus steigern, um rechtsextreme Netzwerke früher zerschlagen zu können.

Frage: Was halten Sie vom Aufruf des Außenministers Heiko Maas, der „Donnerstag gegen rechts“ propagiert?

Teuteberg: Das Motiv mag edel sein, aber solche Wohlfühl-Aktionen bringen wenig. Sie dienen vor allem jenen zur Selbstbestätigung, die gar nicht anfällig sind für Rechtsextremismus. Menschen, die an der Demokratie zweifeln, gewinnt man nicht durch gut gemeinte Bekenntnisse, sondern erst durch gut gemachte und wirkungsvolle Politik zurück. Wichtig ist allerdings, Wertschätzung für tägliches demokratisches Engagement zum Thema zu machen.

Frage: Mit einem Machtwort will CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer eine mögliche Zusammenarbeit der Union mit der AfD unterbinden. Helfen Verbote gegen die AfD?

Teuteberg: Gegen den Frust, der die AfD groß macht, hilft eine Politik, die zeigt, dass unser Staat funktioniert. Die Union ist schon aufgefordert, vor den anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen mit Blick auf mögliche Bündnisse in den Landtagen sehr deutlich rote Linien zu ziehen. Richtig spannend wird es dann, wenn die AfD in einem dieser Länder tatsächlich stärkste Partei werden sollte und dann der CDU das Amt des Ministerpräsidenten anbietet. Würde die CDU diese Machtoption ausschlagen? Es wäre das erste Mal. Ich erwarte dazu eine glasklare Antwort. Das gilt im Übrigen auch für die Positionierung der Union gegenüber der Linkspartei. Wird die CDU ein Bündnis mit den Linken schließen, wenn sie sich so Regierungsverantwortung sichert? Ministerpräsident Daniel Günther und der Brandenburger CDULandeschef Ingo Senftleben haben dafür die Türen schon weit geöffnet.

Frage: Sie kommen aus Brandenburg und sollen in den neuen Bundesländern die FDP vom Stigma der Westpartei befreien. Haben Sie blanke Angst vor den Landtagswahlen im Osten?

Teuteberg: Dazu besteht kein Anlass. Klar, wir stehen vor einer großen Herausforderung. Doch wir haben allen Grund zur Zuversicht. Wir stehen seit mehr als einem Jahr in den drei Ländern bei fünf bis sieben Prozent. Das ist eine stabile, gute Ausgangsposition. Daraus wollen und werden wir etwas machen.

Frage: Im Bund sind die Grünen derzeit in Umfragen mehr als dreimal so stark wie die FDP. Wie fühlt man sich im toten Winkel?

Teuteberg: Toter Winkel? Keine Spur. Bei uns ist es sehr lebendig. Und zum Wachstum, das die Grünen jetzt verzeichnen, nur dies: Es kann sehr viel Kraft kosten, wenn man hohe Erwartungen irgendwann auch mal erfüllen muss. Das ist die Erfahrung, die die FDP gemacht hat und aus der sie lernen musste. Klar ist: Bei uns wachsen die Bäume nicht in den Himmel, aber sie wachsen stabil und gesund.

Frage: Zum Schluss: Kommt es zum Untersuchungsausschuss nach dem Aus für die Pkw-Maut, für den Grüne, Linke und FDP eine Mehrheit zusammenbekämen? Verkehrsminister Andreas Scheuer steht am Pranger…

Teuteberg: Der Verkehrsminister hat es in der Hand und sollte unverzüglich die Karten auf den Tisch legen. Unter anderem die Frage, ob er vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes gegen die Pkw- Maut vorschnell künftige Betreiberverträge unterzeichnet hat, ist nicht geklärt. Außerdem ist offen, welche Kosten dies verursacht. Wenn Herr Scheuer nicht Rede und Antwort steht, muss er sich vor einem Untersuchungsausschuss erklären.

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