BÜTTNER-Interview: Wir müssen uns ernsthaft über Prioritäten unterhalten
Die FDP-Generalsekretärin Nicole Büttner gab der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe) und „rp-online.de“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Sina Zehrfeld:
Frage: Frau Büttner, FDP-Landeschef Henning Höne sagt: Die FDP hat rund 1000 Ratsmandate in NRW – die wolle man halten. Wird das klappen?
Büttner: Ich bin da optimistisch. Es läuft ein sehr engagierter Kommunalwahlkampf. Und die Themen, die da gesetzt werden, treffen auf eine Lücke in der politischen Landschaft.
Frage: Was für eine Lücke wäre das?
Büttner: In der Verkehrspolitik hapert es zum Beispiel beim notwendigen Ausbau von Parkplätzen. Das nervt die Bevölkerung. Und die Bildungspolitik ist ein wichtiges Thema: Wie können wir Schulen stärken, damit sie ihren Job gut machen können? Ihre Infrastruktur ist zum Teil desaströs, es gibt oft nicht einmal funktionierende Toiletten. Wir schicken unsere Kinder in Bruchbuden auf den Weg in die Wissensgesellschaft. Deshalb sagen uns viele Bürger, mit denen wir uns austauschen: Wir müssen uns mal ernsthaft über Prioritäten unterhalten.
Frage: Bei der Bundestagswahl und mehreren Landtagswahlen sind die Prioritäten der Liberalen bei den Menschen nicht mehr gut angekommen – warum sollte das bei der Kommunalwahl anders sein?
Büttner: Wir haben uns in Befragungen eingehend damit beschäftigt, was bei der Bundestagswahl schiefgegangen ist. Dazu gehörte die Verengung auf fiskalpolitische Themen. Wir wurden nicht mit unserem ganzen Repertoire wahrgenommen: Bürgerrechte, Bildung, Aufstiegschancen, unsere liberale Sicht auf die Gesellschaft. Und es scheint uns nicht gelungen zu sein, unsere Inhalte für die Menschen zu übersetzen – sie zu verknüpfen mit den alltäglichen Problemen der Bürger. Im Kommunalwahlkampf zeigen wir, dass wir aus vergangenen Fehlern gelernt haben.
Frage: Also, welche Tipps geben Sie den Kommunalwahlkämpfern?
Büttner: Die FDP ist jetzt auf der Reise, Glaubwürdigkeit wiederzuerlangen. Dazu müssen wir ernst nehmen, was Menschen beschäftigt und erkennen, welche Probleme es vor Ort gibt. Wir wollen vermitteln: Wir haben verstanden, was euch bewegt. Das machen viele Kommunalpolitiker schon intuitiv, aber wir wollen es noch deutlicher zeigen. Das gilt auch für die Bundespartei: Auch dort wollen wir unser Programm mit mehr Partizipation aus der Fläche neu aufstellen.
Frage: Wie das?
Büttner: Wir nutzen unter anderem Künstliche Intelligenz, um Rückmeldungen zu analysieren, die wir einholen. Parteimitglieder geben uns Feedback über unsere App, sie schreiben Texte oder sprechen Sprachnachrichten ein. Genau so sammeln wir – natürlich anonymisiert – das, was uns Menschen auf der Straße berichten, auch jetzt beim Wahlkampf in NRW. Wir haben inzwischen mehrere Tausend solcher Rückmeldungen und können dadurch auswerten, welche Themen die Menschen bewegen und welche Forderungen und Wünsche sie haben. Wir verwenden dieses Wissen sowohl für die Entwicklung unseres Programms als auch für unsere organisatorische Neuaufstellung im Bund.
Frage: Wie wichtig ist der Ausgang der Kommunalwahl im größten Bundesland als Signal an die FDP bundesweit?
Büttner: Diese Wahl kommt rasch nach einer großen Niederlage und in einem Prozess, in dem wir uns als Partei neu sortieren. Das sind keine optimalen Bedingungen, aber wir haben viele engagierte Kandidaten und Amtsträger in den Kommunen, die leidenschaftlich Wahlkampf machen. Aus Erfahrung wissen wir: Aus der außerparlamentarischen Opposition im Bund müssen Wahlerfolge hart erkämpft werden. Das heißt: Jede Wahl ist wichtig und setzt ein Zeichen. Die Kommunalwahl ist eine Etappe auf einem langen und steinigen Weg. Aber wir freuen uns darauf, ihn zu gehen, weil wir glauben, dass die Stimme der Freiheit in unserem Land unverzichtbar ist.
Frage: Andere Parteien wie CDU und SPD schicken in NRW gerade alles an Parteiprominenz in den Kommunalwahlkampf, was sie aufzubieten haben. Von der FDP bekommt man weniger mit. Woran liegt es?
Büttner: Tatsächlich sind die Mitglieder des Präsidiums unseres Bundesverbands — natürlich auch Christian Dürr und ich — durchaus in NRW unterwegs, wenn auch inzwischen teils mit weniger medialer Aufmerksamkeit. Allerdings sind wir jetzt auch zum Großteil Ehrenamtler mit beruflichen Verpflichtungen und weniger Büros zur Planung von Veranstaltungen. Wir müssen mit den Ressourcen arbeiten, die wir haben. Dafür mangelt es nicht am Engagement, und wir bringen eine wichtige Perspektive aus der Mitte der arbeitenden Bevölkerung in den Wahlkampf.