BUSCHMANN-Interview: Antisemitische und islamistische Propaganda hat in Deutschland keinen Platz

FDP-Präsidiumsmitglied und Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann gab der „BILD am SONNTAG online“ das folgende Interview. Die Fragen stellten Roman Eichinger und Burkhard Uhlenbroich:

 

Frage: Herr Buschmann, knapp 80 Jahre nach dem Holocaust fühlen sich Juden in Deutschland nicht mehr sicher. Was tut der Justizminister für ihren Schutz?

Buschmann: Auf deutschen Straßen kommt es zu verstörenden Szenen. Die dürfen wir nicht zulassen. In dem Land, von dem der Holocaust ausging, darf niemand einen Massenmord an Juden feiern.

Frage: Sind unsere Gesetze noch die richtigen gegen die Feinde unserer Demokratie?

Buschmann: Ja. Denn klar ist: Wer die Terrormorde billigt, wer Symbole der Hamas verwendet oder die Fahne Israels verbrennt, begeht Straftaten. Der Staat muss die Täter ermitteln und zur Verantwortung ziehen. Das ist zwar bei großen Versammlungen und Zusammenrottungen nicht immer leicht. Aber meine Erwartung ist, dass die Polizei die Personalien der Verdächtigen feststellt und Beweismittel sichert. Darauf muss jetzt die Priorität der Behörden vor Ort liegen. Das ist jetzt wichtiger als Beschwichtigung und Deeskalation. Denn nur so kommt es auch zügig zu Verurteilungen.

Frage: Was empfinden Sie angesichts der Bilder der zahlreichen israel-feindlichen Demonstrationen in Deutschland?

Buschmann: Ich war zuerst fassungslos und dann wütend. Wer in Deutschland lebt, muss wissen und akzeptieren: Deutschland hat eine historische Verantwortung gegenüber Jüdinnen und Juden. Nie wieder dürfen Jüdinnen und Juden in Deutschland Opfer von Terror und Verfolgung werden. Wer das nicht respektiert, gegen den müssen wir mit aller Konsequenz vorgehen. Da muss es strafrechtliche Sanktionen geben. Und bei Personen ohne deutschen Pass müssen wir auch aufenthaltsrechtliche Konsequenzen in Betracht ziehen. Wer gegen Jüdinnen und Juden hetzt, bei dem besteht ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse — und der darf erst recht keinen deutschen Pass bekommen.

Frage: Wie soll das konkret umgesetzt werden?

Buschmann: Wir reformieren gerade das Aufenthaltsgesetz und das Staatsangehörigkeitsrecht. Wir erleichtern Abschiebungen. Und wir treffen Vorkehrungen dagegen, dass Antisemiten eingebürgert werden. Ich habe mich dabei erfolgreich für eine gesetzliche Verschärfung eingesetzt: Einbürgerungsbehörden sollen künftig selbst bei Bagatelldelikten wie etwa einer Beleidigung nachforschen, ob die Taten aus antisemitischen Gründen begangen wurden. Hat ein Richter festgestellt, dass antisemitische Beweggründe vorliegen, kann der Täter nicht mehr deutscher Staatsbürger werden.

Frage: Der Terror gegen Israel hat auch in Deutschland zu einer angespannten Sicherheitslage geführt. Müssen wir uns damit abfinden, dass die Propaganda-Schlacht gegen Israel auch bei uns ausgetragen wird?

Buschmann: Antisemitische und islamistische Propaganda hat in Deutschland keinen Platz. Die Hamas ist bereits als Terrororganisation eingestuft. Wir werden zusätzlich ein Betätigungsverbot aussprechen. Es geht jetzt auch darum, mögliche Geldgeber zu identifizieren, zu stoppen und zu bestrafen. Wir müssen verhindern, dass sich ein Sympathisanten-Netzwerk entwickelt. Hier muss es zu empfindlichen Strafen kommen. Nachsicht ist da fehl am Platz.

Frage: Die Verteidigung Israels gegen den Hamas-Terror wird zum Teil härter kritisiert als der Terror selbst. Haben Sie Verständnis etwa für Aussagen des Ex-Sicherheitsberaters von Angela Merkel, Christoph Heusgen?

Buschmann: Hamas-Terroristen haben mehr als 1400 Israelis massakriert — zum Teil auf bestialische Weise. Mir fehlt jedes Verständnis für Äußerungen, die diesen Terror relativieren oder rechtfertigen. Niemand kann seriös die Verteidigung Israels und den Terror der Hamas moralisch auf eine Stufe stellen. Ich halte auch alle Äußerungen für extrem unglücklich, die so verstanden werden können, selbst wenn sie nicht so gemeint sind.

Frage: Diese Woche hat die Polizei den vorbestraften islamistischen Gefährder Tarik S. festgenommen, der einen Anschlag auf eine pro-israelische Demonstration geplant hatte. Warum durfte so einer frei rumlaufen und saß nicht in Sicherungsverwahrung?

Buschmann: Das ist eine Frage, die in Nordrhein-Westfalen sicherlich geklärt werden wird. Ich kenne die Aktenlage des Falls nicht. Aber grundsätzlich gilt: Gegen Gefährder kann man vorgehen. Das hat seinerzeit die schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen mit dem zuständigen Minister Joachim Stamp bewiesen, auch mit Abschiebungen solcher Gefährder. Ich würde mir wünschen, dass alle Landesregierungen die vorhandenen Instrumente anwenden und nicht nur abstrakt drüber reden.

Frage: Nach heftigen Clan-Auseinandersetzungen in Essen im Juni hat die Staatsanwaltschaft jetzt ALLE 169 Ermittlungsverfahren eingestellt. Keiner der beteiligten Syrer und Libanesen muss mehr mit einer Strafe rechnen. Was ist das für ein Signal an Polizei und Bevölkerung?

Buschmann: Als Bundesjustizminister habe ich nicht die Befugnis, Staatsanwaltschaften oder Gerichten Noten zu erteilen. Aber ich verstehe, wenn sich hier viele Menschen an den Kopf fassen. Auch ich stelle mir hier die Frage: Wofür betreiben wir diesen Aufwand, wenn am Ende nichts übrig bleibt?

Frage: Der Bundeskanzler hat angekündigt, „endlich in großem Stil“ abzuschieben. Kritik am neuen Abschiebegesetz kommt u.a. vom Anwaltsverein. Sind die Maßnahmen der Regierung rechtssicher?

Buschmann: Wenn Menschen ausreisepflichtig sind, müssen wir die Rechtslage durchsetzen. Dafür reicht das bisherige Instrumentarium offenkundig nicht aus. Mit den neuen Maßnahmen sind wir an die Grenze des rechtsstaatlich Zulässigen gegangen, aber nicht darüber hinaus. Das ist in Anbetracht der Belastungen unseres Landes durch irreguläre Migration auch nötig. Das Paket der Bundesregierung gegen illegale Zuwanderung und für schnellere Abschiebungen ist sehr rüstig und rechtlich vertretbar. Klar ist: Wir müssen die Verfahren beschleunigen. Darüber werde ich auch mit den Justizministern der Länder bei der nächsten Justizminister-Konferenz sprechen.

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