HÖNE-Interview: Friedrich Merz ist wie Angela Merkel

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Henning Höne MdL gab „web.de“ und „gmx.de“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Fabian Hartmann:

Frage: Herr Höne, die neue Koalition ist 100 Tage im Amt. Was macht Schwarz-Rot besser als die Ampel?

Höne: Es ist schwer zu glauben, aber mir fällt nicht viel ein. Bislang ist Friedrich Merz der Wortbruch-Kanzler. Das war erst beim Aufweichen der Schuldenbremse so, das war jetzt beim Stopp von Waffenlieferungen in Richtung Israel so. Damit stellt der Kanzler die Staatsräson infrage. Beides ist eine Hypothek. Und bei allem Frust über die Ampel: So schlecht wie der von Friedrich Merz war ihr Start nicht.

Frage: Um bei Nahost zu bleiben: Es gibt einen Unterschied zwischen Solidarität mit Israel und einem Freifahrtschein für eine extrem rechte Regierung.

Höne: Das stimmt. Natürlich muss man unter Verbündeten und Freunden auch kritisch sprechen. Das passiert übrigens auch in Israel, wo es viel Kritik am Vorgehen der Netanjahu-Regierung in Gaza gibt. Wir dürfen aber nicht vergessen: Israel ist unser engster Freund in der Region, das Land verdient – gerade nach dem 7. Oktober, dem barbarischen Überfall der Hamas – Solidarität. Und die muss durch politisches Handeln gelebt werden.

Frage: Und da wackelt Deutschland?

Höne: Der Stopp der Waffenlieferungen in dieser Hau-Ruck-Art ist falsch. Hier hat der Kanzler impulsiv reagiert, nicht mal seine eigenen Leute hat er in die Entscheidung einbezogen. Das ist außenpolitisch, innenpolitisch und sicherheitspolitisch schlecht. Mit seinem Lieferstopp rüttelt Merz an Grundsätzen deutscher Außenpolitik. Das könnte uns auch selbst schaden, denn wir wollen von Israel mehr als wir zu geben bereit sind. Wir brauchen Militärtechnik und Geheimdienstinformationen aus Israel.

Frage: In der Außenpolitik sieht es so aus, als hätte der Kanzler ein gutes Verhältnis zu Donald Trump aufgebaut. Davon kann Deutschland doch nur profitieren, oder?

Höne: Zu einer fairen Bewertung gehört: Friedrich Merz hat bei seinem Antrittsbesuch im Weißen Haus eine gute Figur gemacht. Das Bild trübt sich aber ein durch die Handelsvereinbarung zwischen den USA und Europa. Zölle von 15 Prozent sind eine schlechte Nachricht für die deutsche Exportindustrie. Hinter den Kulissen hat Friedrich Merz auf Zustimmung gedrungen. Schöne Bilder aus dem Oval Office reichen nicht, wenn ein sogenannter Handelsdeal hinterher unserer Wirtschaft schadet.

Frage: Auf europäischer Ebene – das sagen selbst Kritiker – überzeugt der Kanzler. Seine ersten Reisen führten direkt nach Paris und Warschau. Und an der Unterstützung der Ukraine lässt Friedrich Merz keinen Zweifel.

Höne: Es war auf jeden Fall ein gutes Signal, dass die ersten Reisen gleich zu unseren europäischen Nachbarn gingen. Bei der Ukraine bin ich weniger enthusiastisch. In der Vergangenheit hat Friedrich Merz immer wieder gefordert, den Marschflugkörper Taurus zu liefern. Davon ist jetzt nichts mehr zu hören. Das Einzige, was bei Friedrich Merz beständig ist, ist der Wortbruch.

Frage: Wirtschaftspolitisch könnten Sie mit der Merz-Regierung zufrieden sein. Es gibt Steuererleichterungen für Unternehmen, Abbau von Bürokratie und das Lieferkettengesetz wird aufgeweicht.

Höne: Auf dem Papier klingt es gut. Allerdings bringt Schwarz-Rot auch das Tariftreuegesetz auf den Weg – und damit neue Bürokratie. Die Steuerentlastungen kommen nur in minimalen Schritten. Und bei drängenden Themen wie der Rente geht gar nichts voran – es ist alles wie bei Angela Merkel. Mit Steuergeld wird der Status Quo zementiert. Wer von Friedrich Merz marktwirtschaftliche Reformen erwartet hat, kann nur enttäuscht sein. Die SPD bestimmt das Handeln.

Frage: Allerdings hat die FDP in der Ampel beim Thema Rente auch nicht geliefert.

Höne: Wir wollten mit dem Generationenkapital zumindest einen Anfang machen. Hin zu einem Modell, das auf die Kraft des Kapitalmarkts setzt. Es stimmt: Wir hätten uns mehr gewünscht und die Konzepte gab es auch schon. Die Union macht jetzt aber das Gegenteil. Sie setzt die Mütterrente um, die teuer ist. Sie schreibt das Rentenniveau fest, obwohl absehbar ist, wie das System in Schieflage gerät. Klar ist, dass es endlich eine echte Aktienrente geben muss. Und dass es eine ehrliche Debatte über den Renteneintritt braucht. Der könnte beispielsweise automatisch an die Lebenserwartung gekoppelt werden – dann wäre Schluss mit dem politischen Zwist darüber.

Frage: Im Herbst sollen die Kommissionen zum Umbau des Sozialstaats ihre Arbeit aufnehmen. Was erwarten Sie sich davon?

Höne: Meine Befürchtung ist, dass der große Wurf ausbleibt. Die Koalitionsverhandlungen haben gezeigt, dass Schwarz und Rot in wichtigen Politikbereichen keine Einigung erzielen konnten. Also sollen es Kommissionen richten. Ich sehe aber die große Gefahr, dass die SPD und der Sozialflügel der Union die Ergebnisse zerreden. Das ist dramatisch. Um uns herum verändert sich die Welt und Deutschland versucht krampfhaft, sich am Status quo festzuhalten.

Frage: Zum Abschluss ein Tipp: Hält Schwarz-Rot vier Jahre durch?

Höne: Ja, das glaube ich schon. Es ist eine Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners. Und der Kanzler hat schon gezeigt, dass er keinen großen Wert auf die Dinge legt, die er vor der Wahl versprochen hat. Die Ironie ist, dass Friedrich Merz so lange gegen Angela Merkel angekämpft hat – und ihr jetzt doch so ähnlich ist. Alle, die Friedrich Merz‘ Kanzlerschaft herbeigesehnt haben, haben jetzt die Finanzpolitik von Saskia Esken, die Rentenpolitik der Jusos und die Außenpolitik von Mützenich und Stegner bekommen – links ist nicht vorbei, links ist das neue Motto von Friedrich Merz.

 

 

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