STARK-WATZINGER-Interview: Es muss eine Stimme geben, die klar sagt, dass Anstrengung einen Wert hat.

Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende und Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger gab der „Frankfurter Allgemeinen Online“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Manfred Köhler: 

Frage: Frau Stark-Watzinger, wie halten Sie Wahlabende mit solchen Zitterpartien wie am Sonntag aus?

Stark-Watzinger: Mit dem Optimismus, den wir Freie Demokraten stets haben. Und: Wir kämpfen, und wir stehen zusammen. Das trägt einen durch solch einen Abend.

Frage: Warum hat die FDP so stark verloren?

Stark-Watzinger: Erstens gab es in Hessen kein landes­politisches Thema, an dem sich die Parteien reiben konnten. Zweitens gibt es in dieser Zeit der Krisen einen Wunsch nach Beibehaltung des Status quo, das hat auch die CDU in ihrem Wahlkampf heraus­gestellt. Wir sind aber eine Partei, die verändern möchte. Drittens hat sich natürlich das Regierungshandeln in Berlin auf die Landtagswahlen niedergeschlagen. Die Bürger möchten, dass der Staat seine Aufgaben erfüllt, in der Wirtschaftspolitik wie beim Thema Migration. Da muss die Bundesregierung noch bessere Antworten finden.

Frage: Ist das bescheidene Ergebnis der FDP nicht Anlass, über einen Austritt aus der Ampel in Berlin nachzudenken, in der die Liberalen zwei linken Parteien zur Mehrheit verhelfen?

Stark-Watzinger: Das kann ich so nicht stehen lassen. Ich nenne nur das Einhalten der Schuldenbremse, das Wachstumschancengesetz, das Inflationsausgleichsgesetz – dahinter stecken Entlastungen unter anderem für die Unternehmen. Oder den Kampf ge­gen den Bürokratismus-Burn-out von Justizminister Buschmann. Wir leben in einer Zeit großer Krisen. Wir haben die Verantwortung übernommen, jetzt nehmen wir sie auch wahr.

Frage: Hat die FDP den richtigen Wahlkampf in Hessen gemacht? Auf den Plakaten blickte Ihr Spitzenkandidat wie auf einem Fahndungsfoto drein, Sie haben zum Beispiel die Inflation thematisiert, die der Landtag nun wirklich nicht steuern kann.

Stark-Watzinger: Wir können immer darüber diskutieren, ob jemand lächeln soll oder nicht oder welches Hemd er trägt. Aber die Hessen brauchten ja nicht die vierte Wohlfühlkampagne einer Partei. CDU und Grüne haben sich als sehr staatstragend präsentiert, mehr davon wäre nicht richtig ge­wesen. Wir haben plakativ Themen angesprochen, für die wir stehen. Ein Beispiel dafür war unsere Großfläche, dass Leistung auch Verteidiger benötige. Es muss eine Stimme geben, die klar sagt, dass Anstrengung einen Wert hat.

Frage: Wenn man einmal unterstellt, dass sich in Hessen mehr anstrengen als fünf Prozent der Bevölkerung – wieso bekommt die FDP dann nicht mehr Stimmen?

Stark-Watzinger: Eine legitime Frage. Aber es gibt eben im Moment auch andere Debatten, vor allem über die Migration. Das ist mit Wucht in die Diskussion eingeschlagen, leider stärkt es die Ränder.

Frage: Wäre es denkbar, dass die FDP in Hessen in eine Koalition eintritt, in der sie rechnerisch nicht benötigt würde, sei es Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot?

Stark-Watzinger: Der Regierungsauftrag liegt bei der CDU. Wir spekulieren nicht.

Frage: Wieso tun sich denn liberale Parteien generell in diesen Jahren so schwer? Weil alle Staatsgläubigkeit und Regulierung so toll finden?

Stark-Watzinger: Es hat sicher damit zu tun, dass der beschützende Staat in den Jahren der Regierung Merkel zugenommen hat. Wir haben mehr Vertrauen in den Einzelnen. Und wenn der Staat zu viel verspricht, wird er sich überfordern.

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