Antragsbuch für den 76. Ordentlichen Bundesparteitag

LV Rheinland-Pfalz

Stärkung der Reserve, Flexibilisierung der Berufssoldatenlaufbahn, Optimierung der Personalplanung und Einführung eines erleichterten Statuswechsels für Soldaten sowie finanzielle Unterstützung für Freiwillige Wehrdienstleistende

Stärkung der Reserve, Flexibilisierung der Berufssoldatenlaufbahn, Optimierung der Personalplanung und Einführung eines erleichterten Statuswechsels für Soldaten sowie finanzielle Unterstützung für Freiwillige Wehrdienstleistende

Wir Freie Demokraten fordern die Einführung eines studentischen Reserveprogramms, eine Flexibilisierung der Berufssoldatenlaufbahn, eine bedarfsgerechte Personalstrukturplanung sowie die Möglichkeit eines flexiblen Statuswechsels für Berufssoldaten und Zeitsoldaten, um personelle Engpässe zu vermeiden und wertvolles Know-how für die Bundeswehr zu erhalten. Zudem soll ein modifiziertes Wehrsoldmodell für Freiwillige Wehrdienstleistende eingeführt werden, das eine langfristige finanzielle Unterstützung für ihre Ausbildung oder ihr Studium ermöglicht.

1. Studentisches Reserveprogramm mit finanzieller Förderung Freiwillige Reserveeinsätze für Studierende:

  • Studierende können sich verpflichten, in der vorlesungsfreien Zeit Wehrübungen (3–5 Monate pro Jahr) zu absolvieren.
  • Sie erhalten eine fundierte militärische Grundlagenausbildung.
  • Finanzieller Anreiz: monatliches Grundgehalt während des Studiums.
  • Studierende, die an diesem Programm teilnehmen, erhalten während des Semesters eine monatliche Grundvergütung von 1000 Euro brutto.
  • Voraussetzung ist eine jährliche Mindestanzahl von 60 Wehrübungstagen. Bei Nichteinhaltung der 60 Reserveübungstagen im Jahr ist das Geld in Abhängigkeit der tatsächlich geleisteten Tage zurückzuzahlen.

Attraktive Anrechnungsmöglichkeiten:

  • Die Ausbildungszeiten in der Reserve können für Studienleistungen angerechnet werden, insbesondere in sicherheitsrelevanten, technischen oder medizinischen Studiengängen. Die Entscheidung über die Anrechenbarkeit obliegt weiterhin den Hochschulen.
  • Die Teilnahme wird als gesellschaftliches Engagement anerkannt und kann bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft positiv berücksichtigt werden.

Bessere Verzahnung mit der Bundeswehr-Reserve:

  • Harmonisierung der Reserveoffizierlaufbahn außerhalb des Wehrdienstes mit den Anforderungen des Studienbetriebs zur Förderung der Vereinbarkeit von Studium und Reserveausbildung.
  • Flexible Fortführung der Reserveverpflichtung nach Studienabschluss ermöglichen.

2. Finanzielle Unterstützung für Freiwillige Wehrdienstleistende (FWD) während der Ausbildung durch eine Anpassung des Wehrsolds, durch Modifiziertes Wehrsoldmodell mit finanzieller Unterstützung für FWD-Absolventen

  • Freiwillige Wehrdienstleistende, die mindestens zwölf Monate Wehrdienst geleistet haben, sollen die Option zu einer finanziellen Unterstützung von 400 Euro brutto pro Monat über einen Zeitraum von drei Jahren erhalten, wenn sie sich nach ihrem Dienst unmittelbar, spätestens nach drei Monaten für eine zivile Ausbildung oder ein Studium entscheiden. Bei Abbruch oder Nichtantritt der Ausbildung oder des Studiums erfolgt keine Rückzahlung der Mittel.
  • Die Förderung soll zum Teil aus dem regulären Wehrsold refinanziert werden, indem der Wehrsold-Grundbetrag während der Wehrdienstzeit um 600 Euro brutto reduziert wird.

3. Flexibilisierung der Berufssoldatenlaufbahn & bessere Nutzung qualifizierter Bewerber

Flexibilisierte Übergangsmodelle für qualifizierte Bewerber:

  • Bewerber, die das Auswahlverfahren zum Berufssoldaten bestanden haben, aber durch erhöhte Bewerberzahl nicht unmittelbar übernommen werden, sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Dienstzeit als Zeitsoldaten kurzfristig zu verlängern, um in geburtenschwächeren Folgejahrgängen nachrücken zu können. Alternativ soll ihnen auch während der Wartezeit weiterhin der Zugang zu Bildungsmaßnahmen des Berufsförderungsdienstes, insbesondere einem Studium, offenstehen.

Option zur Rückkehr in den Dienst als Berufssoldat:

  • Falls in späteren Jahren ein erhöhter Bedarf an Berufssoldaten besteht, sollen bereits geprüften und geeigneten Zeitsoldaten unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere gesundheitlicher Eignung, eine Rückkehr ermöglicht werden.
  • Ebenso soll durch Abschluss eines zivilen Studiums auch der Laufbahnwechsel bei Rückkehr leichter ermöglicht werden.

4. Einführung eines erleichterten Statuswechsels für nicht mehr voll dienstfähige Berufssoldaten und Zeitsoldaten in den Bundesbeamtenstatus der Bundeswehrverwaltung.

Einführung eines flexiblen Übergangsmodells

  • Berufssoldaten, die nicht mehr voll dienstfähig sind, oder einen Wechsel wünschen, sollen in eine ebenengerechte Beamtenlaufbahn innerhalb der Bundeswehrverwaltung wechseln können.
  • Zeitsoldaten, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr einsatzfähig sind, sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Dienstzeit vorzeitig zu beenden, um in die Bundeswehrverwaltung oder den öffentlichen Dienst zu wechseln.

Verkürzung der Dienstzeit für Zeitsoldaten bei gesundheitlicher Einschränkung oder besonderer Härte:

  • Zeitsoldaten mit gesundheitlichen Einschränkungen oder besonderer Härte im familiären Umfeld sollen auf Antrag ihre Dienstzeit verkürzen können, wenn sie sich für eine Tätigkeit im Bundesbeamtenverhältnis oder Angestelltenverhältnis innerhalb der Bundeswehrverwaltung entscheiden.

Damit wird der Dienstposten frühzeitiger für voll einsatzfähige Bewerbende frei und die fachliche Expertise des Betroffenen bleibt dennoch weiterhin innerhalb der Bundeswehrverwaltung erhalten.

Wir fordern die Bundesregierung daher auf:

  • ein Pilotprojekt für das studentische Reserveprogramm zu starten,
  • gesetzliche Rahmenbedingungen für die flexible Rückkehrmöglichkeit von Zeitsoldaten zu schaffen,
  • eine bedarfsgerechte Personalstrukturplanung zu entwickeln,
  • ein Modell zur erleichterten Umplanung von nicht mehr voll dienstfähigen Berufssoldaten und Zeitsoldaten in eine Beamtenlaufbahn oder ein Angestelltenverhältnis innerhalb der Bundeswehrverwaltung zu prüfen und umzusetzen,
  • ein finanzielles Unterstützungsprogramm für Freiwillige Wehrdienstleistende (FWD) in Ausbildung oder Studium einzuführen, das durch eine Anpassung des Wehrsoldmodells finanziert wird.

Begründung:

Am 11. März 2025 veröffentliche die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestag ihren Jahresbericht 2024 über den Zustand der Bundeswehr. Hier berichtet sie insbesondere beim Thema Personal: „Genügend und vollständig einsatzbereites Personal ist der Schlüssel zur Verteidigungsfähigkeit. Dem ursprünglich bis zum Jahr 2025 gesteckten, jedoch später zeitlich angepassten Ziel, eine Personalstärke von 203 000 Soldatinnen und Soldaten bis zum Jahr 2031 zu erreichen, ist die Bundeswehr im Berichtsjahr erneut nicht nähergekommen.“

Die Bundeswehr steht also vor einer erheblichen Personalherausforderung. Bis 2031 soll die Truppe auf 203 000 Soldatinnen und Soldaten anwachsen. Derzeit fehlen bei etwa 180 215 Soldatinnen und Soldaten jedoch fast 23 000 Kräfte, um dieses Ziel zu erreichen.

Auch im zivilen Bereich besteht ein erheblicher Bedarf. Bis 2027 müssen etwa 5 200 zusätzliche Beamtinnen, Beamte und Angestellte für die Bundeswehrverwaltung gewonnen werden.

Die Personalplanung der Bundeswehr berücksichtigt Schwankungen im Bedarf nicht ausreichend. Im Jahr 2024 wurden nur 2 520 Zeitsoldatinnen und -soldaten zur Berufssoldatin oder zum Berufssoldaten ernannt – 239 weniger als im Vorjahr (Rückgang um 8,7 Prozent). Gleichzeitig verließen 11 864 Zeitsoldatinnen und -soldaten die Bundeswehr, aber nur 328 fanden eine zivile Beschäftigung in der Bundeswehrverwaltung. Dies macht deutlich, dass ein Binnenarbeitsmarkt faktisch nicht existiert und dringend Reformen notwendig sind. Derzeit gibt es keine standardisierte Möglichkeit, Berufs- und Zeitsoldaten mit gesundheitlichen Einschränkungen in eine administrative Tätigkeit als Bundesbeamte innerhalb der Bundeswehrverwaltung zu überführen.

Die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands steht und fällt mit dem Personal. Dabei darf es nicht allein darum gehen, junge Menschen durch eine allgemeine Wehrpflicht kurzfristig in den Dienst zu bringen, sondern vor allem darum, qualifizierte Fachkräfte auf hohem Niveau dauerhaft zu gewinnen und zu halten. Wir Freie Demokraten setzen daher auf Freiwilligkeit, planbare Karrieren und attraktive Rahmenbedingungen, nicht auf die Rückkehr zu Zwang und starren Strukturen.

Das ifo-Institut zeigt: Eine modern ausgestaltete Bundeswehr mit marktwirtschaftlichen Anreizen spart jährlich rund drei Milliarden Euro. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht hingegen würde die Volkswirtschaft mit über 17 Milliarden Euro belasten. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ist von einem „neuen Wehrdienst“ die Rede, der „zunächst“ auf Freiwilligkeit basiert Konkrete Reformen bleiben jedoch aus. Statt echter Lösungen für Personalgewinnung und -bindung droht ein Schritt zurück in überholte Strukturen. Viele Soldatinnen und Soldaten bringen nach ihrer Verpflichtungszeit wertvolle Qualifikationen mit, finden jedoch kaum Anschlussmöglichkeiten im zivilen Bereich. Der Bericht der Wehrbeauftragten spricht eine deutliche Sprache: Nur 4,4 Prozent der zivilen Neueinstellungen innerhalb der Bundeswehrverwaltung stammen aus der Truppe. Gleichzeitig scheitern motivierte Bewerberinnen und Bewerber für das Berufssoldatenverhältnis oft an fehlenden Planstellen. Wir brauchen eine Personalstrategie, die vorhandene Potenziale erkennt und nutzt, mit klaren Perspektiven, durchlässigen Karrierewegen und echten Übergängen in die Bundeswehrverwaltung. Nur so bleibt die Bundeswehr nicht nur einsatzfähig, sondern auch zukunftsfähig.

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