Das Wirtschaftsministerium hat mit Wirtschaft nichts mehr zu tun

FDP-Vize Wolfgang Kubicki zeigt sich enttäuscht von den schwarz-roten Koalitionsergebnissen. Merz habe viel versprochen, aber kaum geliefert. Die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufbruch sei dahin, das Wirtschaftsministerium nur noch dem Namen nach zuständig.

Wolfgang Kubicki
„Bei Detailfragen wird deutlich, dass die Welten zwischen Union und SPD nach wie vor meilenweit auseinanderliegen“, kritisiert Wolfgang Kubicki.

Zwischen Versprechen und Realität klafft bei Kanzlerkandidat Merz eine große Lücke. FDP-Vizevorsitzender Wolfgang Kubicki zeigt sich im Gespräch mit Welt TV enttäuscht: „Sie werden mir nachsehen, dass ich das, was hier gebracht worden ist, nicht lobe.“ Es habe eine ganze Menge Ankündigungen gegeben – „das Problem ist nur, diese Ankündigungen in die Wirklichkeit umzusetzen“. 

Kubicki betont, ihn bedrücke in diesem Zusammenhang besonders, dass insgesamt rund siebzig Prozent aller Ausgaben des Haushalts von Ministerien verwaltet werden, die der SPD zugesprochen sind. Denn alles, was Merz „lauthals und großspurig“ verspreche, werde „nicht umgesetzt werden, wenn dafür kein Geld zur Verfügung gestellt wird“. Viele der Versprechen hätten sich schon jetzt in Luft aufgelöst. Zum Beispiel das einer Wirtschaftswende. 

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Wirtschaft nur noch dem Namen nach im Wirtschaftsministerium

Deutschland befindet sich in einer dramatischen wirtschaftlichen Lage, die eigentlich entschlossene Reformen verlangt. Doch gerade im Wirtschaftsministerium sieht Kubicki kaum Chancen für wirksames Handeln: „Das Wirtschaftsministerium hat nur noch diesen Namen, mit Wirtschaft selbst hat es nichts mehr zu tun“, sagt der FDP-Politiker. So soll das Ministerium entkernt werden: Das Ressort „Arbeit“ soll nicht wie geplant eingegliedert werden, ebenso sollen „Klimaschutz“ und „Raumfahrt“ ausgegliedert werden. FDP-Generalsekretär Marco Buschmann zeigt sich besorgt darüber,  „dass das Wirtschaftsministerium mitten in einer Wirtschaftskrise derart ausgehöhlt wird, dass daraus ein Stück zum Schrottwichteln wird.“ 

Noch hat sich niemand bereit erklärt, das Ministerium zu übernehmen. CDU-Politiker Carsten Linnemann hat den Posten bereits abgelehnt – mit dem Hinweis, das Ressort passe nicht zu seinen Vorstellungen. FDP-Vize Wolfgang Kubicki kommentiert auf X, die Entscheidung Linnemanns könne er „gut nachvollziehen“. Mit dem vorliegenden Wirtschaftsplan, so Kubicki weiter, hätte man auch Robert Habeck im Amt lassen können – denn: In diesem Ministerium werde „nichts geregelt werden können, was der Wirtschaft hilft“. Der Koalitionsvertrag erinnere wirtschaftspolitisch „mehr an Gesinnungsliteratur als an ernstzunehmenden Gestaltungswillen“. 

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Zwischen Union und SPD liegen Welten

Hinzu komme: Das, was noch an Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag übrig sei, werde von den beiden Koalitionspartnern offenbar völlig unterschiedlich ausgelegt. Kurz nach Veröffentlichung des Koalitionsvertrags wurden zentrale Entlastungsversprechen wie die Einkommensteuersenkung schon wieder relativiert.

„Der Streit geht weiter, vor allen Dingen, wenn man in die tiefe Ebene der Umsetzung kommt“, kritisiert Kubicki. Bei Detailfragen werde deutlich, dass „die Welten zwischen Union und SPD nach wie vor meilenweit auseinanderliegen“. Die Differenzen zwischen den Koalitionspartnern zeigen sich dabei schon im Wortlaut des Koalitionsvertrags. Da, wo „werden“ im Vertrag stehe, das solle umgesetzt werden. Da, wo „wollen“ stehe, stehe „die Prüfung der Machbarkeit noch im Raum“. Letzteres sei der überwiegende Teil, erklärt Kubicki. 

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Steuersenkungen werden mit der SPD nicht kommen

Kubickis Fazit fällt entsprechend pessimistisch aus: „Dass daraus eine gemeinsame Politik wird – im Interesse der Wirtschaft, im Interesse der Menschen, im Interesse der Sicherheit unseres Landes – das sehe ich noch nicht.“

Kubickis größte Zweifel richten sich auf zwei zentrale Themenfelder: Zum einen Steuersenkungen, die dringend nötig wären, um die Wirtschaft zu entlasten. Zum anderen die Neugestaltung der sozialen Sicherungssysteme. Beides sei mit der SPD schwer vorstellbar. Die Sozialdemokraten müssten dafür eine deutliche Wendung im Vergleich zu ihrer Politik der vergangenen 20 Jahre vollziehen – eine Kehrtwende, „die Kubicki nicht erwartet“. Er blicke daher mit Spannung auf die kommenden Monate.