Die Bürgerrechte bleiben auf der Strecke

Union und SPD zeigen im neuen Koalitionsvertrag wenig Reformwillen – dafür viel Eifer beim Eingriff in Freiheitsrechte. Für FDP-Vize Kubicki spiegeln einige Maßnahmen „autoritäres Wunschdenken“ wider.

Wolfgang Kubicki
„Es werden herausfordernde Jahre für die Freiheit“, lautet das Fazit von FDP-Vize Wolfgang Kubicki.

Der schwarz-rote Koalitionsvertrag bleibt in zentralen wirtschaftlichen Fragen blass – bei der Beschneidung von Bürgerrechten hingegen wird nicht gespart. „Der Koalitionsvertrag von Union und SPD ist nur bei Eingriffen in die Bürgerrechte ambitioniert“, kommentiert FDP-Generalsekretär Marco Buschmann.

Auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki geht mit den Plänen hart ins Gericht: „Es werden herausfordernde Jahre für die Freiheit“, warnt er auf X. Er zählt auf: „Vorratsdatenspeicherung, mehr Lauschangriffe, Verfolgung von Inhalten unterhalb der Strafbarkeitsgrenze.“ Die Vorhaben „verdienen die Unterstützung und das Vertrauen von Politik und Gesellschaft“, heißt es im Koalitionsvertrag. Für Kubicki eine verdrehte Anspruchshaltung: „Schwarz-Rot will dafür das Vertrauen der Gesellschaft. Besser wäre es, wenn die kommende Regierung auch der eigenen Bevölkerung ein wenig Vertrauen entgegenbrächte.“

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Nein zur Massenüberwachung der Vorratsdatenspeicherung

Vor allem die geplante Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung stößt bei den Freien Demokraten auf entschiedene Ablehnung. Union und SPD wollen Telekommunikationsanbieter verpflichten, IP-Adressen für mögliche Ermittlungen bis zu drei Monate lang zu speichern. Dabei war die frühere Regelung bereits seit 2017 aufgrund rechtlicher Bedenken faktisch außer Kraft gesetzt worden. In der Ampelkoalition hatte die FDP hart dafür gekämpft, dass diese Praxis der anlasslosen Speicherung von Daten unbescholtener Bürgerinnen und Bürger nicht wieder eingeführt wird. Stattdessen haben die Freien Demokraten mit dem sogenannte Quick-Freeze-Verfahren eine bürgerrechtswahrende Alternative vorgelegt, die es Ermittlungsbehörden ermöglicht, bei einem Verdacht unverzüglich Daten zu sichern. Die FDP macht damit klar: Sicherheit und Freiheit sind kein Entweder-oder.

Autoritäres Wunschdenken statt liberaler Grundrechte

Kubicki übt auch Kritik an den im Koalitionsvertrag enthaltenen Plänen zur Bekämpfung von Falschinformationen. Die Medienaufsichtsbehörde soll nach dem Willen von Union und SPD künftig aktiv gegen Falschbehauptungen und „Hass und Hetze“ vorgehen können. Für Kubicki ist das ein gefährlicher Eingriff in die Pressefreiheit: „Ein liberales Presse- und Medienrecht dient vornehmlich dem Individualrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger – und nicht dem Staat“, stellt er klar. Wenn die Medienaufsicht künftig – mit Verweis auf reale oder vermeintliche Gefahren – zur Richterin über „Informationsmanipulation“ und „Hass und Hetze“ werde, sei dieses Prinzip beendet. Der Vorstoß spiegele „autoritäres Wunschdenken“ wider.

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Verpasste Chance auf Reform – verlorene Stimme der Freiheit

Die Freien Demokraten hatten den Weg für Neuwahlen freigemacht – in der Hoffnung, dass eine neue Regierung endlich grundlegende Reformen umsetzt und das Land zukunftssicher macht. Doch mit dem nun vorliegenden Koalitionsvertrag ist diese Hoffnung für Marco Buschmann enttäuscht worden: „Wenn ich sehe, was die Union aus ihrem Wahlsieg gemacht hat, hätte die Ampel besser weitermachen sollen. Das wäre finanzpolitisch seriöser gewesen, besser für die Bürgerrechte und sogar marktwirtschaftlicher als das, was Union und SPD jetzt vorlegen.“

Mit dem Ausscheiden der Freien Demokraten aus dem Bundestag fehlt die Stimme der Freiheit im Parlament. Doch auch außerhalb des Bundestags wird die FDP weiter für ihre Überzeugungen eintreten. Wolfgang Kubicki sagt dazu bei „Focus“: „Wir müssen die Partei sein, die konsequent für individuelle Freiheit steht. Die FDP muss die Verteidigerin der Bürgerrechte sein – insbesondere der Meinungsfreiheit. Und wir müssen für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft kämpfen.“ Sonst, so Kubicki, tue das niemand mehr. 

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