Standort Deutschland wieder auf Erfolgskurs bringen

Steuerpolitik ist Standortpolitik. Nach Ansicht der Freien Demokraten ist die aktuelle Standortdebatte daher überfällig. Der Vorstoß dürfe aber nicht folgenlos bleiben, meint FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Es muss etwas getan und mutig angepackt werden.

Bijan Djir-Sarai
Für Bijan Djir-Sarai wäre ein Dynamisierungspaket das Richtige, um den Standort Deutschland wieder auf Erfolgskurs zu bringen. © Laurence Chaperon

„Die Diskussion über die schwache Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes ist dringend nötig, darf sich jetzt aber nicht in Wohlgefallen auflösen“, so Djir-Sarai. „Ein Dynamisierungspaket, wie es der Finanzminister vorgeschlagen hat, wäre das Richtige, um den Standort Deutschland wieder auf Erfolgskurs zu bringen“, ist er überzeugt. Er ist zugleich irritiert, dass der Bundeskanzler sich in der Debatte extrem zurückhält und sich diesen Vorschlag zur Stärkung des Wachstums nicht offensiv zu eigen macht. „Es wäre jetzt an der Zeit, Führung zu zeigen.“ Bundeskanzler Olaf Scholz hat bislang nur gefordert, sich zunächst darauf zu konzentrieren, das bereits im Bundestag beschlossene Wachstumschancengesetz durch das Vermittlungsverfahren mit dem Bundesrat zu bekommen.

Die Freien Demokraten kritisieren gleichermaßen die Blockade der Union beim Wachstumschancengesetz. Im Gespräch mit der Welt betonte Djir-Sarai: „Wir sind nach wie vor in Deutschland ein Hochsteuerland — seit vielen Jahren. Das heißt, die Belastung für die Menschen, Betriebe, Unternehmen in Deutschland sind außerordentlich hoch. Deswegen brauchen wir jetzt Instrumente, um den Wirtschaftsstandort Deutschland fit für die Zukunft zu machen.“ Er könne nicht nachvollziehen, „warum man sich hier aus strategischen Gründen in den Weg stellt“ und das Wachstumschancengesetz blockiere.

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Der Wirtschaft Schub geben

Er erinnerte daran, dass andere Industrienationen aus der Krise besser herausgekommen sind als wir. „Die Wirtschaft in unserem Land, vor allem der Mittelstand, wartet auf und braucht dieses Gesetz allein wegen der Rahmenbedingungen für Investitionen. Deswegen wäre es gut, an der Stelle etwas größer zu denken und dieses Gesetz nicht zu blockieren.“ Man dürfe auch nicht vergessen, wer in den letzten Jahren in diesem Land die Verantwortung hatte.

„16 Jahre lang hat die Union in Regierungsverantwortung Steuersenkungen verhindert, jetzt blockiert sie das dringend benötigte Wachstumschancengesetz sogar aus der Opposition heraus“, blickt auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr skeptisch auf den wirtschaftspolitischen Kurs von Friedrich Merz. Er erwartet nun von SPD und Grünen, dass sie den Weg für weitere Steuerentlastungen frei machten. Dürr sagte, Ziel der Koalition müsse sein, der Wirtschaft Schub zu geben und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. „In dieser Frage sind sich meiner Meinung nach alle einig, jetzt müssen wir über die Umsetzung sprechen. Entlastungen sind das beste Konjunkturprogramm. In einem ersten Schritt wäre es daher sinnvoll, den Soli für alle Unternehmen abzuschaffen — das könnte schnell und unbürokratisch im Bundestag beschlossen werden.“

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Merz führt Union auf einen wirtschaftspolitischen Linkskurs

„Unsere Vorschläge für neues Wachstum liegen auf dem Tisch: Wir brauchen umfassende steuerliche Maßnahmen und einen schnellen Abbau von Bürokratie“, so Dürr. Innerhalb der Koalition werde man in den kommenden Wochen über Lösungen sprechen. Der Union spricht er ab, sich an solchen Gesprächen beteiligen zu können. Nicht nur wegen der Blockade des dringend benötigten Wachstumschancengesetzes, sondern auch weil die CDU sich inhaltlich auf die Grünen zubewegen will. „Insofern bezweifle ich, dass sie zu einem Konjunkturprogramm beitragen kann. Herr Merz führt die Union auf einen wirtschaftspolitischen Linkskurs.“

Bundesfinanzminister Christian Lindner drängt die Partner in der Koalition nun dazu, noch in diesem Monat erste Vorschläge für eine neue Wachstumsagenda vorzulegen. „Der Standort ist nicht mehr wettbewerbsfähig“, sagte Lindner dem „Handelsblatt“. Die Debatte zur Senkung von Unternehmenssteuern sei deshalb „überfällig“. Lindner schlug ein „Dynamisierungspaket“ vor und plädierte für die komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Lindner will den Jahreswirtschaftsbericht, der am 21. Februar vorgestellt werden soll, für neue Vorschläge zur Stärkung des Standorts nutzen. „Durch die Debatte ist dieser Vorgang politisch aufgewertet“, sagte der FDP-Chef. Da die Länder keine Einnahmeverluste hinnehmen würden, wäre „ein Auslaufen des Solidaritätszuschlags eine realistische Reaktion auf die steuerliche Standortanalyse, die Robert Habeck und ich teilen.“

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Vorschläge für eine Unternehmenssteuerreform

Während Habeck Steuersenkungen über neue Schulden finanzieren will, lehnt Lindner dies ab. „Wir zahlen hohe Zinsen für Staatsverschuldung. Wir würden unseren Haushalt rasch strangulieren“, sagte der Finanzminister. „Würden wir eine Fiskalpolitik machen wie die USA, könnte sich der Zinstitel im Bundeshaushalt in nicht ferner Zukunft verdoppeln.“ Deutschland falle zurück, weil das Wachstum ausbleibt, sagte Lindner der Zeitung. Der Minister stellte jedoch klar: „Eine Schuldenpolitik ist ökonomisch nicht sinnvoll. Tatsächlich halte ich es auch nicht für erfolgversprechend, wenn die Politik entscheidet, welche Branche, welche Technologie und welches Unternehmen eine Zukunft haben soll, indem dort dann Subventionen gewährt werden. Wir müssen die Standortbedingungen für alle verbessern.“ Mitte des Jahres lege eine Expertengruppe auch Vorschläge für eine Unternehmenssteuerreform vor.

Er verwies darauf, dass es zudem Möglichkeiten der Wirtschaftsförderung ohne Geld gebe. „Das Konzept hat einen Namen: Soziale Marktwirtschaft. Bei der Arbeitsmarktflexibilität können wir besser werden. Wir können Bürokratieabbau wagen, der damit beginnt, nicht zusätzlich noch diese EU-Lieferkettenrichtlinie zu beschließen. Wir müssen den Klimaschutz marktwirtschaftlicher gestalten, um CO2-Vermeidungskosten zu reduzieren. Wir müssen in der Energiepolitik die Möglichkeiten nutzen, das Preisniveau bezahlbar zu halten. Und natürlich müssen wir auch das Steuersystem wettbewerbsfähig machen.“

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Bürokratie deutlich reduzieren

Djir-Sarai will jetzt Tempo machen. Die Rahmenbedingungen in Deutschland seien international betrachtet ein Wettbewerbsnachteil, sagte Djir-Sarai im Frühstart von ntv. Aus diesem Grund lehnte Djir-Sarai auch die geplante EU-Lieferkettenrichtlinie ab. “Mit dem EU-Lieferkettengesetz schaffen wir ein Bürokratiemonster, wenn es so kommen würde.“ Hinter dem Gesetz stünden edle Absichten wie Menschenrechte und eine werteorientierte Unternehmenspolitik. „All diese Dinge sind wichtig und gut, aber an dieser Stelle nur Theorie“, so der FDP-Politiker.

Am Ende des Tages würde die Bürokratie im Grunde genommen fast schon keine Form der wirtschaftlichen Tätigkeit mehr erlauben. „Nehmen Sie europäische Unternehmen, die beispielsweise in Afrika investieren wollen. Die haben so schwierige Rahmenbedingungen, dass die dann auf die Investitionen verzichten. Chinesische Unternehmen oder andere Unternehmen haben diese Rahmenbedingungen nicht. Die investieren — und wir nicht.“ Mit Blick auf die aktuelle laufende Debatte, wie die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wieder aufgebaut werden kann, wäre es geradezu paradox, jetzt diese Richtlinie zu beschließen.“

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