Antragsbuch für den 75. Ordentlichen Bundesparteitag

LV Sachsen-Anhalt

Liberale Handschrift im Steuerrecht: Denkgrenzen überwinden, Mut zur grundlegenden Reform der betrieblichen AfA, Innenfinanzierung der Unternehmen stärken, Bürokratie nachhaltig abbauen

Liberale Handschrift im Steuerrecht: Denkgrenzen überwinden, Mut zur grundlegenden Reform der betrieblichen AfA, Innenfinanzierung der Unternehmen stärken, Bürokratie nachhaltig abbauen

Der Bundesparteitag möge folgende Änderungen der Abschreibung für Abnutzung für bewegliche Wirtschaftsgüter beschließen:

  • Aufhebung des § 7 Abs. 1,2,3 EStG
  • Aufhebung des § 7a EStG so weit bewegliche Wirtschaftsgüter betreffend
  • Aufhebung des § 7g EStG

Zudem sollen einheitliche Abschreibungsregeln, ohne jeden Ausnahmetatbestand, geschaffen werden nach folgenden Grundsätzen:

  • Dem Steuerpflichtigen ist freigestellt, in welchem Zeitraum die Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen wird.
  • Dem Steuerpflichtigen wird die Möglichkeit gegeben, den kompletten Aufwand der Beschaffung eines beweglichen Wirtschaftsgutes sofort geltend zu machen, oder aber in gleichmäßigen Raten, längstens entsprechend der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer/voraussichtlichen betrieblichen Nutzungsdauer in Anlehnung an die amtlichen Abschreibungstabellen.

Zielvorstellung dabei ist:

  • eine grundlegende Reform der Abschreibungsregeln im Steuerrecht unter Liberalem Vorzeichen, das heißt mehr Freiheit für den Einzelnen.
  • Transparenz und Abbau von Bürokratie durch radikale Vereinfachung in einem Teilbereich des Steuerrechts.
  • Wachstumspotential entfesseln, unternehmerische Motivation steigern, Eigenverantwortung erhöhen, innovativ sich den Gegebenheiten stellen.
  • Verbesserung der Innenfinanzierung von Unternehmen, damit Stärkung der Liquidität sowie der Resilienz.
  • Vermeidung von Allokationsverlusten: Investitionen sollen dann durchgeführt werden, wenn sie betriebswirtschaftlich notwendig sind, hingegen nicht unter „steuerlichen Aspekten“.
  • Vermeidung von Mitnahmeeffekten.
  • Abschaffung von Sonderregeln im Bereich der Anschaffung von Betriebsausstattung.
  • langfristige Rechtssicherheit für Unternehmensinvestitionen.

Begründung:

1. Situation in Deutschland

Die deutsche Wirtschaft gleitet in eine Rezessionsphase verbunden (oder auch ursächlich) mit einer Investitionsschwäche. Es ist bisher noch nicht gelungen, die Investitionsquote der Vorcoronazeit zu erreichen. Deutschland fällt hinter Staaten wie den USA, Japan China und Großbritannien zurück. Schon vor der Coronakrise lag die Investitionsquote in Deutschland unter der vergleichbarer Volkswirtschaften. Gleichzeitig liegt die Staatsquote in Deutschland über der anderer OECD-Staaten. Ursächlich hierfür sind unter anderem üppige Transferleistungen. Die Kosten des Staates für die Wirtschaft liegen in Deutschland somit beträchtlich über denen anderer Länder. Hinzu kommt, dass der Anteil der älteren Bevölkerung in unserem Land höher liegt als in fast allen anderen OECD-Staaten (Ausnahme Japan und Italien). Dies zieht sich auch in die Unternehmerschaft, mit der Folge, dass die Tendenz im fortgeschrittenen Alter weniger im Unternehmen zu investieren in Deutschland mehr zum Tragen kommt, als in anderen Ländern.

Kostenmäßig belastend sind ebenfalls die ambitionierten Ziele bezüglich des Erreichens einer CO-Neutralität. Auch die Nähe zum Ukrainekonflikt mit den damit verbundenen Kosten belasten die deutsche Volkswirtschaft stärker als andere.

2. Wettbewerbssituation für die deutsche Wirtschaft

Die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland ist stark exportabhängig. Auf dem Weltmarkt wird mit Playern konkurriert, die aufgrund der politischen Entscheidungen ihrer Heimat starten über Wettbewerbsvorteile verfügen, die einen fairen Wettbewerb ausschließen. Genannt seien Staaten wie China, die durch niedrige Sozial- und Umweltstandards, Marktabschottung durch Zölle, extreme Bürokratie und Subventionen der Wirtschaft, den Unternehmen ihres Landes einseitige Wettbewerbsvorteile ermöglichen. Auch befreundete Staaten wie die Vereinigten Staaten von Amerika nutzen die entsprechenden Instrumente. Deutschland und auch die europäische Union sind diesen Wettbewerbsverzerrungen gegenüber wehrlos, da die Größe der Märkte und inzwischen auch die Marktmacht dieser Staaten jede Diskussion in Bezug auf Wettbewerbsneutralität verhindert.

Für die deutsche Wirtschaft bedeutet dies, dass in Verbindung mit dem in Deutschland stark forcierten Exit aus fossilen Energien, die Rahmenbedingungen und die Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt sich stetig verschlechtern. Industrien wandern ab, es droht eine Deindustrialisierung.

Diese nachteilige Situation der deutschen Exportindustrie führt im Inland zu einer allgemeinen Wachstumsschwäche und bedroht langfristig und nachhaltig den Wohlstand.

Subventionen sind keine Lösung, da diese stets zu Ineffizienzen und Mitnahmeeffekten führen. Weiterhin kann es nicht Ziel der deutschen Wirtschaftspolitik sein, an einem Subventionswettlauf teilzunehmen. Letztendlich führen Subventionen zu dem zu einem höheren Staatsanteil, der wiederum die wirtschaftliche Prosperität unseres Landes bedroht

3. Investitionsstau

Wie bereits erwähnt ist ebenso wie im staatlichen Sektor ist auch in der privaten Wirtschaft, unabhängig von Branche und Unternehmensgröße einen Nachholbedarf in Bezug auf Investitionen zu verzeichnen. Dies umso mehr, als dass durch die Energiewende aber auch die digitale Revolution ein zusätzlicher beträchtlicher Investitionsbedarf am Entstehen bzw. schon entstanden ist.

Aufgrund der geschilderten Situationen in Deutschland sowie der Konkurrenzsituation deutscher Unternehmen steht zu erwarten, dass der gegebene Investitionsstau mittelfristig das Modell Deutschland gefährdet.

Insbesondere ist gerade im Bereich der KMU Unternehmen, dem Herz der deutschen Wirtschaft, ein Investitionsstau zu verzeichnen. Verstärkt wird dieser, durch die Notwendigkeit einer weiteren Digitalisierung sowie diversen Klimaschutzauflagen.

Aufgrund unserer sozialen Standards, des Wohlstands, der hohen Staatsquote, der ambitionierten Ziele sowie der demographischen Entwicklung in unserem Land ist es nicht nur notwendig Investitionsquoten in vergleichbarer Höhe mit denen anderer Staaten zu halten. Die genannten speziellen Faktoren werden es notwendig machen, dass Deutschland, möchte es seine augenblicklichen Standards im Vergleich zu anderen Staaten halten, prozentual mehr Investitionen benötigt, als dies in Staaten wie den USA oder Großbritannien der Fall ist.

4. Kapitalbeschaffung/Kapitalkosten

4.1. Kapitalbeschaffung

Deutsche Unternehmen haben im OECD-Vergleich eine unterdurchschnittliche Eigenkapitalausstattung. Dieser Fakt gilt für alle Unternehmensgrößen. Eine hohe Eigenkapitalquote erleichtert die Aufnahme von Fremdkapital und stellt eine Sicherheit für die Stabilität des Unternehmens dar.

Die Kapitalbeschaffung ist für Unternehmen in den letzten Jahren schwieriger geworden. Ursächlich hierfür sind seitens der Banken die Auswertung von Fehlallokationen einschließlich entsprechender Kreditausfälle in der Niedrigzinsphase, aber auch eine generelle Zurückhaltung durch die in den letzten Jahren stets verschärften Auflagen bezüglich der und Erledigung von Krediten mit Eigenkapital (unter anderem Basel II). Besonders betroffen sind insbesondere die in Deutschland dominierenden KMU. Kleine und mittlere Unternehmen verfügen nicht über die Möglichkeit, Gelder am Aktien- oder Anleihemarkt zu generieren. Ihnen bleibt nur die klassische Bankfinanzierung. Dies in Verbindung mit der geringen Eigenkapitalquote stellt eine Belastung für das mögliche Wachstum und für die Krisenfestigkeit der Unternehmen dar.

4.2. Kapitalkosten

Es dürfte unstrittig sein, dass die fast 20 Jahre andauernde Niedrigzinsphase auf dem Kapitalmarkt ein Ende hat. Der langfristige Zins beläuft sich auf ca. 3% zzgl. Geldentwertung. Die tatsächliche Zinshöhe ist allerdings auch abhängig von der Risikoeinschätzung, die seitens des Kreditgebers für den Kreditnehmer bzw. dessen Investitionsvorhaben. Innovationen, innovative Branchen und Startups werden tendenziell mit höheren Kapitalkosten belastet, als dies für etablierte Unternehmen gilt. Allein dies stellt ein Wachstumshemmnis dar und verlangsamt das Innovationstempo einer Volkswirtschaft.

4.3. Kapitalgeber

Seitens der Kapitalgeber hat in den letzten Jahren ein beträchtlicher Konzentrationsprozess eingesetzt, der zufolge hat, dass seitens der Nachfragerseite, der Unternehmen, die Auswahl der möglichen Kapitalgeber (Banken) sich stets verringert hat. Der Sparkassensektor ist gekennzeichnet durch diverse Fusionen. Zugutegehalten werden muss, dass die Sparkassen immer noch einen Großteil des Gründergeschäfts sowie der Kredite für kleinere und mittlere Unternehmen in ihrem Portfolio halten. Der Anteil der Großbanken im Geschäftssektor KMU hat sich in den letzten Jahren durch Fusionen aber auch durch Änderung der Geschäftspolitik spürbar verringert. Die Genossenschaftsbanken haben durch Fusionen, ihre knappe Eigenkapitalausstattung sowie durch die beschränkte Kreditvergabemöglichkeiten aufgrund der einzelnen Größe der Institute an Bedeutung verloren.

Business Angels, Venture Captital Gesellschaften und andere sind in der Bundesrepublik im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten für den Mittelstand eine zu vernachlässigbare Größe, da die Hürden (Erstellung eines Businessplans, Prospekte für einen Börsengang etc.) zur Erlangung solcher Gelder gerade für kleinere Unternehmen sehr hoch sind.

Die KfW sowie diverse Förderbanken der Bundesländer, in Sachsen-Anhalt die Investitionsbank Sachsen-Anhalt, vergeben subventionierte, teilweise verbürgte Kredit. Deren Umfang reicht allerdings nicht aus, die Zurückhaltung der weiteren kreditgebenden Marktteilnehmer auszugleichen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass im Bereich der KMU, der allgemeinen Gründerfinanzierung sowie der innovativen Starts Up die Finanzierungsmöglichkeiten in den letzten Jahren spürbar erschwert wurden.

5. Gründerkultur

Unstrittig ist, dass in Deutschland die Zahl der Unternehmensgründungen stetig im Sinken begriffen ist. Dies betrifft Sachsen-Anhalt, noch stärker als andere Bundesländer. Eine etablierte Gründerkultur ist nicht erkennbar.

Ursächlich hierfür sind neben der Angst, das soziale Netz zu verlassen, die demographische Entwicklung aber auch die bekannte Belastung durch teils überzogene bürokratische Regulatorien.

Ursächlich ist zudem die Beschaffung notwendigen Betriebskapitals. Zwar gibt es diverse subventionierte Gründerkredite, doch ist in der Praxis feststellbar, dass die „zweite Finanzierungsrunde“ und alle weiteren oftmals Hürden darstellen, die nicht überwunden werden können.

Dies umso mehr, als dass in der Praxis zu beobachten ist, dass nach drei Jahren eine Zusammenballung der Zahlung von Ertragsteuern erfolgt. (erstes Jahr wenig Gewinn, zweites Jahr und folgende gute Gewinn, Abgabe der Steuererklärung für das zweite Jahr erste Hälfte des vierten Jahres, sodann im Laufe des vierten Jahres die Steuerzahlung für das zweite Jahr, zuzüglich der nachträglichen Vorauszahlungen für das dritte Jahr und anteilig für das vierte Jahr. Ergebnis: Steuerzahlung für zweieinhalb Jahre zu einem Zeitpunkt). Zwar ließe sich dies durch eine entsprechende Anpassung der Vorauszahlungen abmildern, doch mangelt es hierbei oft an der notwendigen Liquidität in der Gründer- bzw. Frühphase des Unternehmens. Eine Finanzierung von Steuerzahlungen wird von einem Großteil der Geschäftsbanken abgelehnt. Selbst bei einer Zusage belastet dies die Bonität des Unternehmens und vermindert die Chance, weiteres Fremdkapital aufnehmen zu können. Die mangelnde Kapitalausstattung von Unternehmen stellt ein beträchtliches Hemmnis für weiteres Wachstum dar. Mangelnde Kapitalausstattung ist weiterhin verantwortlich für Krisenanfälligkeit einer jeden Wirtschaftseinheit.

6. Altersversorgung

Bis vor wenigen Jahren erfüllte der Betriebsverkauf oder die Weitergabe an die nächste Generation eine wesentliche Funktion in Hinsicht auf die Versorgung im Alter. Das Vermögen der selbstständig tätigen Unternehmer setzt sich zu einem beträchtlichen Teil aus dem Wert des Unternehmens zusammen. In der Vergangenheit war dies ein sicherer Baustein der Altersversorgung im Verkaufsfall.

Hierdurch war auch gewährleistet, dass Unternehmer auch im fortgeschrittenen Alter in ihr Unternehmen investiert haben, um so den Firmenwert für einen Verkauf oder eine Übernahme zu sichern.

In den letzten Jahren hat sich die Situation grundlegend geändert. Es wird für jeden Unternehmer, für jeden Freiberufler immer schwieriger für sein Unternehmen einen Nachfolger zu finden, der bereit ist hierfür zu bezahlen (Beispiel: vor 30 Jahren wurden Steuerkanzleien für 100-140 % des Umsatzes gehandelt, aktuell werden ca. 80 % gezahlt).

Gründe hierfür liegen in der demographischen Entwicklung, die kurzfristig nicht zu ändern sein wird. Umso wichtiger ist es, andere Faktoren, die der politischen Willensbildung zugänglich sind, zu nutzen.

Dieses Faktum in Verbindung mit den genannten Finanzierungsproblematiken im Bereich der Unternehmensnachfolge hat somit beträchtliche soziale Auswirkungen.

Auch hier ist, bei dem vorgeschlagenen grundlegend neuen Ansatz, durch die verbesserte Liquidität eine Verbesserung zu erwarten. Die Unternehmensfinanzierung wird somit auch im Segment der Nachfolgefinanzierung erleichtert.

7. Konventionelle Lösungsansätze

Ist zuvor die Beschreibung der augenblicklichen Situation der deutschen Wirtschaft bzw. von Unternehmen Schwerpunkt gewesen, soll ein Lösungskonzept vorgestellt werden, welches nachhaltig, innovationsfördernd, wachstumsstärkend die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft nach außen aber auch die Prosperität nach innen fördert. Nachfolgend werden die bisherigen Lösungsansätze kurz dargestellt und bewertet.

7.1. Reform des Ansatzes steuerrechtliche Abschreibungen

Abschreibungen auf Anlagevermögen von Unternehmen sollen den Werteverzehr eines Anlagegutes über den voraussichtlichen Nutzungszeitraum abbilden. Die Höhe der Abschreibungen und damit die kalkulierte Nutzungsdauer ist oftmals ein Streitpunkt zwischen Unternehmen und Finanzverwaltung.

In der Vergangenheit bis heute wurden seitens des Gesetzgebers diverse Sonderregelungen, teilweise temporär, eingeführt, um auf die wirtschaftliche Situation, aber auch die Haushaltslage oder politische Zielstellungen zu reagieren.

Folge dieses Handelns ist unter anderem, dass für Unternehmen nur eine eingeschränkte Planungssicherheit gegeben ist. Weiterhin wird das Steuerrecht durch die damit verbundenen Ausnahmeregelungen unnötig verkompliziert.

Ein Nachteil am augenblicklichen System der Abschreibung ist, dass die Anschaffungskosten Grundlage sind, hingegen nicht die zukünftigen Wiederbeschaffungskosten eines notwendigen Austauschs des Wirtschaftsgutes. Durch Preissteigerungen über die Jahre tritt der Effekt ein, dass Ersatzinvestitionen fast ausnahmslos kapitalintensiver werden als die Ursprungsinvestitionen. Unter Berücksichtigung einer Abzinsung liegt das Abschreibungspotenzial somit unter den Anschaffungskosten. Die jetzigen Regelungen zeichnen sich nicht durch Stringenz und Berechenbarkeit aus, systembedingt stellen sie eine Belastung für die Innenfinanzierung eines jeden Unternehmens dar.

In der Vergangenheit wurden in Deutschland spezielle (großzügigere) Abschreibungsmöglichkeiten temporär ermöglicht. Auch in einer Vielzahl von anderen Ländern ist dies der Fall gewesen.

7.2. Superabschreibungen

Superabschreibungen, ein eingängiger Begriff, sind seit einigen Jahren vielerorts als der Hoffnungsträger zur Förderung der wirtschaftlichen Prosperität geworden. Superabschreibungen zeichnen sich dadurch aus, dass innerhalb kurzer Zeit sehr hohe Abschreibungssätze, teilweise sogar bei über 100 % gewährt werden. Gemein ist diesem Konzept, dass es zeitlich beschränkt und im Regelfall auch auf nur einige Bereiche (Digitalisierung, Klimaschutz etc.) Anwendung findet. Die Superabschreibung nimmt somit den Charakter einer Subvention ein.

In Deutschland hat es die Superabschreibung bisher noch nicht in ein Gesetz geschafft, lediglich in das Parteiprogramm der FDP sowie in Absichtserklärungen der Koalition. Es steht augenblicklich nicht zu erwarten, dass es in absehbarer Zeit in Deutschland Superabschreibungen geben wird.

In der wissenschaftlichen Diskussion ist die Wirkung, insbesondere die langfristige Wirkung für die Wirtschaft höchst umstritten. Es lassen sich zwar teilweise positive Effekte nachweisen, doch sind diese zeitlich beschränkt und nicht nachhaltig. Ein besonderer Kritikpunkt liegt in der Tatsache, dass der Zeitpunkt des Investitionsvorhabens bei Nutzung von Sonderabschreibungen nicht unbedingt der ist, der betriebswirtschaftlich sinnvoll wäre. Hierdurch wird eine optimale Allokation verhindert. Weiterhin hängt der betriebswirtschaftliche Vorteil in Bezug auf Kosten vom jeweils herrschenden Zinsniveau ab. In der augenblicklich immer noch moderaten Zinsrange sind somit diese Effekte nur schwach ausgeprägt.

Weiterhin ist die Superabschreibung gekennzeichnet durch die Gefahr von Mitnahmeeffekten, aber auch durch möglichen Missbrauch. Hiervon abgesehen ist höchst nachteilig, dass lediglich eingeschränkte wirtschaftliche Bereiche gefördert werden. Der Staat greift gezielt in das wirtschaftliche Handeln ein. Nachteile sind somit zudem neben dem Charakter einer Subvention der Superabschreibung, eine Verkomplizierung des Steuerrechts verbunden mit einem erhöhten Überwachungsaufwand.

Für die Unternehmen stellt sich die Einführung einer Superabschreibung auf den ersten Blick als positiv dar, doch dürfen die Nachteile nicht außer Acht gelassen werden. Eine mittel- und langfristig sichere Kalkulationsgrundlage ist nicht gegeben. Allein ein Blick nur in Deutschland auf die diversen Änderungen im Bereich Sonderabschreibungen, degressive Abschreibungen und Investitionsabgabe Beträge zeigt auf, dass über die Jahre eine Vielzahl an Änderungen zu verzeichnen waren, die jede vernünftige Planbarkeit erschwerten.

Der damit verbundenen Verkomplizierung des Steuerrechts und des zusätzlichen Überwachungsaufwands durch die Steuerverwaltung sind ein Schritt in die falsche Richtung, nämlich der zu einer weiteren Verkomplizierung und Bürokratisierung unseres Landes.

Ein Einstieg in die Systematik der Superabschreibung bedeutet eine weitere Schwächung der Lenkungskräfte des Marktes. Ineffizienzen werden gefördert. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass ein Wettlauf, „wer bietet die höchste Superabschreibung“, zwischen den Staaten zu erwarten ist. Diesen Wettbewerb kann Deutschland nicht gewinnen.

8. Grundlegend neuer Ansatz

Unser Ansatz als liberale Partei, als Träger des freiheitlichen Gedankens ist, klassisch so wenig Staat wie möglich, soviel Staat wie nötig. Die Freiheitidee ist der Garant für wirtschaftlichen Erfolg, für Motivation, aber auch für Zusammenhalt. Nur mit dem liberalen Ansatz wird es möglich sein, langfristig und nachhaltig eine wirtschaftliche Entwicklung zu erhalten, die unseren Wohlstand und damit auch unsere Freiheit garantiert.

Unser Land verliert im Standortranking international an Boden. Das Wirtschaftswachstum pendelt um null, Deutschland gilt als der kranke Mann Europas. Aufgrund unserer hohen sozialen Standards sowie der demographischen Entwicklung ist es notwendig zum Erhalt des Wohlstands sowie der Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft, neue Wege zu gehen.

Aus diesem Grund wird vorgeschlagen eine radikale Vereinfachung der steuerrechtlichen Regelungen zur Abschreibung von betrieblich genutzten Wirtschaftsgütern in Betracht zu ziehen.

  1. Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

Freie Wahl des Steuerpflichtigen zwischen Sofortabschreibung oder bis zur betriebsüblichen Nutzungsdauer in Analogie zu den amtlichen Abschreibungstabellen.

Verzicht auf jegliche Ausnahmen, Verzicht auf Sonderregelungen für bestimmte Wirtschaftszweige.

8.1. Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung

Ein wesentlicher Aspekt liegt in der Verstärkung der Eigenfinanzierung. Im besten Fall können somit bis zur 50 % des Investitionsaufwands über zeitnah gestundete Steuern finanziert werden. Im Bereich der Kapitalgesellschaften beläuft sich dieser Effekt auf ca. 28-32 % (in Abhängigkeit vom Gewerbesteuerhebesatz der jeweiligen Kommune).

Zwar sind teilweise über Investitionsabzugsbeträge (IAB §7g EStG) und Sonderabschreibungen ebenfalls hohe Steuerstundungspotenziale gegeben, doch liegen diese unter den oben geschilderten Effekten. Nachteilig an den Investitionsabzugsbeträgen ist weiterhin, dass diese an eine Gewinnhöchstgrenze von 200.000 € per anno gebunden sind. Somit fallen mittelständischen Unternehmen, die das wesentliche Investitionsvolumen tragen, nicht unter die Regelung. Weiterhin führt das bisherige System, gebunden an Voraussetzungen, die steten Änderungen unterworfen sind, zu Mitnahmeeffekten und zu einer kaum noch beherrschbaren Verkomplizierung des Steuerrechts.

Ein weiterer negativer Effekt der bisherigen Lösung ist, dass Investitionen nicht unbedingt aufgrund von Notwendigkeiten getätigt werden, sondern nur aufgrund von temporär geltenden Vergünstigungen. Dass dies einer optimalen Allokation abträglich ist, dürfte unbestritten sein.

Der Ansatz, die gewählte Höhe der prozentualen Abschreibung dem Steuerpflichtigen zu überlassen wird zu einer verstärkten Investitionsneigung führen, da unbürokratisch und sicher und damit kalkulierbar, aber auch liquiditätsschonend. Investitionen werden dann getätigt, wenn sie betrieblich benötigt werden. Der Einfluss des Zinssatzes wird in der Berechnung der Tragfähigkeit einer Investition spürbar an Gewicht verlieren.

Im Gegenzug werden Subventionen in Form von Zuschüssen minimiert, im optimalen Fall auf null zurückgefahren.

Für die Wirtschaft, für die Unternehmer bedeutet dies eine neue Art der unternehmerischen Freiheit. Die Motivation wird gestärkt, Existenzgründungen werden lukrativer. Die materielle Ausstattung der Unternehmen wird quantitativ und qualitativ verbessert. Hierdurch werden Effizienzgewinne in der Organisation aber auch im Produktionsbereich zu erwarten sein. Gerade in Deutschland mit der gegebenen demographischen Entwicklung wird dies zum Erhalt des Wohlstands und der sozialen Stabilität von großer Bedeutung sein, Effizienzgewinne realisieren und so die Produktionskosten im Vergleich zum Wettbewerb senken zu können.

Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird interessanter. Es wird nicht mehr notwendig sein, hohe Subvention de facto als Schmerzensgeld für Standortnachteile bei Betriebsansiedlungen internationaler Konzerne zu geben, sondern die steuerlichen Rahmenbedingungen zu schaffen deren Mehrwert dazu führt, in Deutschland zu investieren.

Die Realisierung eines solchen Konzeptes ist weiterhin ein Schritt zum seit langem und vielfach gewünschten Abbau der Bürokratie. Unternehmertum und Wirtschaft werden transparenter

8.2. Mitnahmeeffekte

Mitnahmeeffekte sind nicht gegeben, da der Ansatz dieses Abschreibungsmodells nicht Sektor bezogen ist, sondern gesamtwirtschaftlich. Eine bereichsbezogene Steuerung ist nicht vorgesehen. Nachteile für etwaige wirtschaftspolitische Ziele wie die Beschleunigung des Transformationsprozesses hin zu erneuerbaren Energien sind nicht zu verzeichnen.

8.3. Etwaige negative Faktoren

Grundprinzip des Vorschlags zur Liberalisierung und Entbürokratisierung der Abschreibungsregelungen ist, wie immer im Steuerrecht, dass positive Effekte abhängig sind von positiven Betriebsergebnissen. Unternehmen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation keine Steueraufwendungen zu tragen haben, werden von den vorgeschlagenen Systemwechsel nicht profitieren. Dies ist allerdings kein Nachteil, da das volkswirtschaftliche Ziel sein sollte, auf Subventionen möglichst verzichten zu können. Erzielt ein Unternehmen längerfristig keine Gewinne, so ist es nicht überlebensfähig.

Ausnahmen hiervon betreffen lediglich den Hightechbereich und forschungsintensive Startups, sei es in der Pharmazie, sei es in der Mikroelektronik oder anderen erreichen.

Da volkswirtschaftlich eine Fortentwicklung in diesen Bereichen wünschenswert ist, kann das vorgestellten Modell in diesen Spezialfällen nicht greifen.

Diese Fälle sind weiter durch staatliche oder privatwirtschaftliche Unterstützungen zu fördern. Abschließend sei allerdings erwähnt, dass auch solche Unternehmen, sofern deren Geschäftsmodell tragfähig ist, in den Bereich der Unternehmen reinwachsen, für die die vorgeschlagenen Maßnahmen hilfreich sind.

8.4. Kosten

Vorausgeschickt sei, dass das vorgestellte Grobkonzept eben keine Subvention ist. Das Steuersubstrat des Staates wird nicht beeinträchtigt, es handelt sich lediglich um eine Verschiebung im Bereich der Fälligkeit.

Für die Quantifizierung der Kosten, hier: Steuerausfälle des Staates, muss unterschieden werden zwischen kurz- und längerfristig.

Längerfristig, geschätzt ab einem Zeitraum von ca. vier Jahren entstehen keine Kosten, es ist vielmehr zu erwarten, dass die Steuereinnahmen aufgrund einer verbesserten wirtschaftlichen Entwicklung spürbar steigen werden.

8.5. Finanzierung

Es wäre vermessen, im Rahmen dieses Antrags eine belastbare Finanzierungsbasis darstellen zu wollen.

Berücksichtigt werden muss: die Kosten bestehen im Wesentlichen aus Verschiebungen der Steuerzahlungen.

Für Kapitalgesellschaften bedeutet dies systembedingt (konstanter Steuersatz, keine Freibeträge oder Anrechenbarkeit in der Gewerbesteuer), dass es lediglich zu temporären Verschiebungen im Rahmen der Steuerfälligkeit kommen wird. In den ersten Jahren werden in einem überschaubaren Zeitraum Steuerausfälle zu verzeichnen sein. In den Folgejahren hingegen werden diese ausgeglichen und überkompensiert werden. Das Steuersubstrat wird weder gemindert noch gefährdet.  Unter Berücksichtigung der bisherigen Abschreibungsfristen und der Tatsache, dass nicht alle Unternehmen die 100-prozentige Sofortabschreibung wählen werden, steht zu erwarten, dass innerhalb von vier Jahren das Steueraufkommen steigen wird.

Im Bereich der natürlichen Personen unterscheidet sich die Situation, da der Einkommensteuertarif progressiv gestaltet ist. Ungeachtet dessen werden die Auswirkungen hieraus überschaubar bleiben, sodass nach meiner Einschätzung spätestens nach sechs Jahren die gestundeten Steuerbeträge beginnen zurückzufließen.

Diese Schätzungen sind vorsichtiger Natur. Tatsächlich wird durch den Wegfall von Sonderabschreibungen, degressiven Abschreibungen und der Nutzung von Investitionsabzugsbeträgen ein erhöhtes Steuersubstrat zur Verfügung stehen.

Zu Verschiebungseffekten führt nur das Delta zwischen der Nutzung der augenblicklich gegebenen Abschreibungsmöglichkeiten (Regelabschreibung, Sonderabschreibung, degressive Abschreibung, IABs) und der Nutzung der vorgeschlagenen Freiheitsregeln.

Weiterhin besteht die Möglichkeit durch einen beträchtlichen Abbau von Subventionen Kostenersparnisse herbeiführen zu können.

Fazit

Parteiübergreifend, getragen vom Bundesminister der Finanzen Christian Lindner sowie dem Bundeswirtschaftsminister für Wirtschaft und Klimaschutz Dr. Robert Habeck besteht Einklang, dass die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft aufgrund hoher Abgabenquoten und eines enorm Bürokratieaufwandes gefährdet ist. Führende Think Tanks in den USA prophezeien den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands. Selbst die führende Vereinigung deutscher Wirtschaftswissenschaftler, der Verein für Socialpolitik (Mitglied unter anderem Karl-Heinz Paqué), beschreibt in seinen Veröffentlichungen eine schwindende Konkurrenzfähigkeit unseres Landes.

Eine Lösung dieser Problematik, die über Jahrzehnte aufgebaut wurde, ist nicht mit kleineren Korrekturen nachhaltig und langfristig möglich, es bedarf vielmehr eines „großen Wurfs“.

Der vorgestellte Vorschlag wird nicht alle Probleme lösen können, kann aber Teil der Problemlösung werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, die Diskussion auch mit provokanten Vorschlägen zu befeuern, um eine möglichst gute und von breiten Kreisen getragene Lösung zu finden.

 

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