Das Bürgergeld ist kein bedingungsloses Grundeinkommen

Die Grundsicherung für Arbeitssuchende soll erneuert werden. So lautet das Ziel der Bundesregierung. Die Lösung: Die Einführung eines Bürgergeldes ab dem 1. Januar 2023, das das Hartz-IV-System ersetzen soll.

Kellnerin
Die Einführung eines neuen Bürgergelds heißt unter anderem, dass die Hinzuverdienstregeln für Jugendliche geändert werden.

Der Gesetzentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium zum „Bürgergeld“ steht. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat ein Papier mit Details seiner Pläne am Mittwoch vorgestellt. Die Vorschläge des Arbeitsministers müssen innerhalb der Bundesregierung noch abgestimmt und anschließend vom Bundestag beraten werden. Die FDP unterstützt Heils Konzept: „Angesichts des aktuellen Arbeits- und Fachkräftemangels begrüßen wir den deutlichen Fokus auf Aus- und Weiterbildung“, erklärt der Sprecher für Bürgergeld, Jens Teutrine.

Allerdings macht er auch klar, dass die FDP einer Änderung der Berechnungsmethodik der Regelsätze, so wie Heil sie plant, nicht zustimmen werde. „Die Regelsätze werden im Januar turnusmäßig erhöht. Änderungen darüber hinaus lehnen wir entschieden ab.“ Die Berechnungsgrundlage zu ändern, würde weder das akute Problem der Grundsicherungsempfänger lösen, noch vor zukünftigen Preisschocks schützen. Auch FDP-Chef Christian Lindner ist nicht dafür, die Regelsätze über die Anpassung an die Inflation hinaus zu erhöhen. „Stattdessen müssen wir die Zuverdienstmöglichkeiten verbessern. Aus dem Bürgergeld darf kein bedingungsloses Grundeinkommen werden.“

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Mitwirkungspflichten und Sanktionen

Bei den Mitwirkungspflichten und Sanktionen werde die FDP darauf achten, dass sie gerecht für alle Seiten ausgestaltet würden: „Wir behalten die Situation genau im Blick. Zum 1. Januar wird es eine turnusgemäße Regelsatz-Erhöhung geben, die die Inflationsentwicklung natürlich reflektieren muss“, so Lindner. 

Mit Blick auf das Sanktionsmoratorium sagt Lindner: „Beim Bürgergeld muss es bei Pflichtverstößen Sanktionen geben. Das ist die doppelte Solidarität: Einerseits sind wir als Gesellschaft solidarisch mit den Menschen, die gegenwärtig nicht arbeiten können. Andererseits muss es zugleich eine Gegenleistung geben: das eigene Bemühen, diese Solidarität der Gesellschaft nur so lange und so weit in Anspruch zu nehmen, wie es notwendig ist.“ Jens Teutrine schloss sich im Gespräch mit der „dpa“ dieser Einschätzung an. Er stellte klar, dass Solidarität keine Einbahnstraße sei: „Als Ultima Ratio sind Sanktionen daher angemessen und nötig.“ 

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Reform der Hinzuverdienstregeln für Jugendliche

Aktuell dürfen Jugendliche von 450 Euro nur 170 Euro behalten. Teutrine begrüßt, dass „diese unfairste Leistungsfeindlichkeit des bisherigen Hartz-IV-Systems“ abgeschafft werde: Schüler, Studierende und Auszubildende aus Hartz-IV-Familien sollen künftig mehr von ihren Einkünften behalten dürfen, nämlich bis zu 520 Euro im Monat. Dafür hatte die FDP jahrelang geworben. 

FDP-Vize Johannes Vogel unterstreicht: „Dass schon bei der fundamentalen Erfahrung des ersten selbst verdienten Geldes junge Menschen in dieser Gesellschaft nicht den Eindruck bekommen, dass sie schlechtere Chancen haben als ihre Freundinnen und Freunde, deren Eltern nicht auf Hartz IV angewiesen sind, ist eine elementare Frage der Chancengerechtigkeit“, sagt Vogel. Und es sei eine Frage der Leistungsgerechtigkeit und der Fairness, das endlich zu korrigieren.

Dies sei jedoch auch für andere Erwachsene wichtig, sagte Vogel. Es sei für die FDP ein zentraler Baustein, damit Menschen „Schritt für Schritt eine Leiter in die finanzielle Selbständigkeit hochklettern können.“ 

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Lieber eine Ausbildung machen als einen Hilfsjob

Mit dem Bürgergeld sollen sich die Menschen zudem auf die Arbeitssuche oder Weiterbildung konzentrieren können. Möglicherweise vorhandenes Vermögen bis 60.000 Euro soll in den ersten beiden Jahren im Bürgergeld nicht angetastet werden müssen. Ein Eigenheim oder eine Wohnung sollen die Jobcenter künftig großzügiger beurteilen, ein eigenes Auto darf behalten werden. Auch sollen Jobcenter zu viel gezahlte Leistungen bis zu einer Grenze von 50 Euro nicht zurückfordern müssen.

„Das ist ein Aspekt der Entbürokratisierung und der Vereinfachung“, sagt Johannes Vogel. Die FDP sieht darin aber auch eine Belohnung der Eigenverantwortung, etwa, wenn jemand für das Alter vorgesorgt hat. Dies dürfe nicht bestraft werden, indem er verpflichtet werde, dieses Vermögen aufzubrauchen, argumentiert Vogel.

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Prinzip des Förderns und Forderns

„Durch Unterstützung auf Augenhöhe und einen neuen Schwerpunkt auf Aus- und Weiterbildung bringt die Koalition die Grundsicherung auf die Höhe der Zeit, ohne dabei das Prinzip des Förderns und Forderns über Bord zu werfen.“ Teutrine betont  das Ziel der Reform – die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt. Laut Teutrine müsse der Minister für mehr Leistungsgerechtigkeit sorgen. Denn die aktuelle gesetzliche Regelung sei „unfair“: Ein geringer Zuverdienst lohne sich zwar etwas, das Herausarbeiten aus der Arbeitslosigkeit hingegen kaum. 

In Zeiten von Arbeits- und Fachkräftemangel dürfe Heil die Ziele der Bürgergeldreform nicht aus den Augen verlieren: bessere Qualifizierungsmöglichkeiten, Erwerbsanreize durch Hinzuverdienstregelungen stärken, nachhaltige Integration in Arbeit statt Steigerung des Umverteilungsniveaus und Bürokratieabbau. 

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.