Diskussion um Lockerungsfahrplan muss jetzt beginnen

Die FDP hat eine Diskussion um mögliche Öffnungsperspektiven in der Corona-Pandemie angestoßen. Dabei gehe es nicht darum, dass jetzt alle Maßnahmen fallen, sondern um eine Erarbeitung eines Lockerungsfahrplans.

Bundestag, Virus
Die Freien Demokraten fordern bereits jetzt eine klare Exit-Strategie in der Corona-Pandemie zu erarbeiten.

Die FDP hat eine Diskussion um mögliche Öffnungsperspektiven in der Corona-Pandemie angestoßen. Dabei gehe es nicht darum, dass jetzt alle Maßnahmen sofort fallen. Vielmehr müsse die Politik „raus aus dem Modus des Improvisierens“ und „der spontanen Mitternachtsentscheidungen“ und bereits jetzt an einem Lockerungsfahrplan arbeiten, so Bundesjustizminister Marco Buschmann. Denn anders als erwartet, gebe es „trotz steigender Infektionszahlen mit dem Coronavirus keine Zunahme schwerwiegender Krankheitsverläufe“, merkt der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai an. Derzeit gehen Experten davon aus, dass Mitte Februar der Höchststand der Infektionszahlen erreicht sein wird und die Zahlen anschließend wieder sinken würden. Djir-Sarai betont, es wäre zu spät, erst dann die Diskussion über mögliche Öffnungsperspektiven zu beginnen. Eine klare Exit-Strategie müsse zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegen.

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Darüber hinaus müsse man sich jetzt schon die Frage stellen, ob bestimmte Freiheitseinschränkungen in der derzeitigen Situation, in der eine Zunahme von Corona-Erkrankten auf den Intensivstationen trotz steigender Fallzahlen ausbleibt, noch wirkungsvoll und verhältnismäßig sind, so Djir-Sarai weiter. Auch FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus äußert gegenüber BILD:„Wir bewegen uns nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand auf den Scheitelpunkt der Infektionen zu.“Entsprechend sollten Perspektiven erarbeitet werden, „unter welchen Bedingungen Einschränkungen schrittweise zurückgenommen werden können“. Für Djir-Sarai könnte bei der 2G-Regel im Einzelhandel bereits angesetzt werden. Denn: „Die 2G-Regel gilt nicht in Geschäften des täglichen Bedarfs, und ich könnte mir vorstellen, sie auch für den Einzelhandel aufzuheben.“

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Eingriffe in Grundrechte dürfen nicht automatisch verlängert werden

Ähnlich sieht das auch Bundesfinanzminister Christian Lindner, der betont, dass die ansteckende Omikron-Variante eine Herausforderung darstelle. Deshalb gehe es bei der Öffnungsdebatte nicht darum, „dass jetzt alle Maßnahmen fallen“. Eine verlässliche Planung sei jedoch bereits jetzt dringend notwendig, etwa für den kulturellen Bereich oder die Veranstaltungsbranche. Ähnlich wie Bundeskanzler Olaf Scholz warnt auch Lindner, dass man zwar zum jetzigen Zeitpunkt prinzipiell weiter umsichtig sein müsse. Dennoch sollte „über einzelne Vorgaben wie 2G im Handel, einen Stufenplan zur Öffnung und vor allem die Perspektive nach dem 19. März gesprochen werden“, so der Bundesfinanzminister. Denn spätestens im März muss neu über die gesetzlichen Grundlagen für alle Corona-Maßnahmen entschieden werden. Dabei sei vor allem die Lage der Pandemie entscheidend. „Es war daher ein Anliegen der FDP, dass das Parlament regelmäßig überprüft, welche Maßnahmen nötig und verhältnismäßig sind. Eingriffe in unsere Grundrechte dürfen nach unserer Überzeugung nicht automatisch verlängert werden“, betont Lindner. Deshalb werde sich der Deutsche Bundestag damit befassen müssen.

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Politik muss raus aus dem Modus des Improvisierens

Auch der Bundesjustizminister Marco Buschmann bekräftigt, dass die Politik bald die Debatte um konkrete Lockerungen der Corona-Maßnahmen führen muss. Im tagesthemen-Interview sagte der FDP-Politiker, Coronaschutzmaßnahmen seien Gefahrenabwehrmaßnahmen. Wenn sich die Gefahrenlage entspanne, müsse man auch Maßnahmen reduzieren. Dies sei ein Gebot der Vernunft und der Rechtsstaatlichkeit.

Die Politik müsse jetzt „raus aus dem Modus des Improvisierens“ und „der spontanen Mitternachtsentscheidungen“ und stattdessen mit den Vorarbeiten beginnen und „schauen, welche Maßnahmen dann in welcher Reihenfolge aufgehoben werden können, wenn die Gefahrenlage sich entspannt“. Ob man allerdings Mitte Februar schon so weit sei, wenn sich Deutschland vermutlich auf dem Höhepunkt der Welle befinden werde, sei fraglich.

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Da die gesetzlichen Grundlagen für die Corona-Schutzmaßnahmen zeitlich befristet seien, müsse sich die Politik schon von Rechts wegen spätestens im März damit beschäftigen, wie es mit den Corona- Schutzmaßnahmen weitergehe, sagt Buschmann. „Wir werden die Debatte spätestens im März führen müssen. Wer sich der Debatte verweigert, verkennt die Rechtslage“, so Buschmann dazu. Man müsse sich dabei „an den Fakten und an der Entwicklung des Pandemiegeschehens orientieren“, betont der Justizminister. Sobald der Höhepunkt der Infektionswelle überschritten sei und es eine deutliche Entspannung gebe, sollten Stück für Stück Maßnahmen zurückgenommen werden. „Es geht nicht um Schwarz oder Weiß, sondern es geht um einen verantwortbaren, durchdachten, klugen Ausstieg aus Maßnahmen, wenn sich die Gefahrenlage entspannt, und ich verstehe gar nicht, was man gegen einen solchen Ansatz haben könnte.“

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Jetzt konkrete Öffnungsschritte vorbereiten

FDP-Bundesvorsitzender Lindner verweist zudem darauf, dass in mehreren Bundesländern, wie etwa Schleswig-Holstein und Hessen, Shopping ohne Impf- oder Genesenennachweis bereits wieder erlaubt ist, weil Gerichte die entsprechende 2G-Regel gekippt hatten. Die 2G-Regel richte wirtschaftlichen Schaden an, ohne dass sie einen wirksamen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leiste. „Und deshalb ist 2G im Handel nicht erforderlich, die Maske ist es schon“, betonte der Minister bei ntv.

Andere Ministerpräsidenten, wie Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann, traten auf die Bremse. Eine Debatte über Exit-Strategien vor Ostern sende laut Kretschmann falsche Signale. FDP-Chef Christian Lindner kritisiert Kretschmann für diese Linie. Gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ moniert er: „Wenn Herr Kretschmann jegliche Lockerung vor Ostern ausschließt, wird dies der Lage nicht gerecht.“ Stattdessen sollte man sich jetzt konkret auf Öffnungsschritte vorbereiten, zum Beispiel was Messen oder die Veranstaltungs- und Kulturbranche betrifft, denn „die Clubszene oder Sportveranstaltungen benötigen einen zeitlichen Vorlauf.“

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Auch in Nordrhein-Westfalen warnte der Ministerpräsident Hendrik Wüst vor einem baldigen Aus für Corona-Schutzmaßnahmen. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Johannes Vogel, weist die Warnung zurück. „Hendrik Wüst sollte den Blick als MPK-Vorsitzender jetzt nicht auf die Fortsetzung von Freiheitseinschränkungen richten, sondern lieber an einem Plan für die Rücknahme von Freiheitseinschränkungen arbeiten“, so Vogel gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Denn die Ministerpräsidentenkonferenz habe auf Basis der Stellungnahme des Expertenrates den Beschluss gefasst, dass eine Öffnungsperspektiven zu gegebener Zeit erarbeitet werden soll. „Wenn sich bis zum nächsten Treffen der Länder-Chefs die Tendenz erhärtet, dass die aktuelle Infektionswelle nicht zu einer Überlastung des Gesundheitssystems führt, dann darf es nicht bei einer Ankündigung bleiben. Denn die Menschen fragen zu Recht nach einer Perspektive“, betont Vogel. Es lasse sich dabei von Nachbarländern lernen. Die nächste Ministerpräsidentenkonferenz sollte einen Öffnungsfahrplan besprechen. Ein Vorschlag müsse jetzt vorbereitet werden.

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