Im Zentrum steht jetzt das Land

Trotz fünf Jahre erfolgreicher Regierungsarbeit hat die FDP in NRW eine Niederlage eingefahren. Jetzt wird sie als Partei der Eigenverantwortung die Gründe dafür aufarbeiten. Im Zentrum steht aber das Regierungshandeln.

Christian Lindner und Joachim Stamp
Christian Lindner und Joachim Stamp haben mit dem Aufarbeitungsprozess für die Wahl in NRW begonnen.

Die Abstimmung in NRW hat zwei Gewinner: Die CDU behauptet sich als stärkste Kraft, und die Grünen legen stark zu. Für SPD und FDP war der Wahlabend sehr ernüchternd. Die bisherige Regierungspartei FDP landete bei schwachen 5,9 Prozent. FDP-Chef Christian Lindner sprach noch am Wahlabend von einer „desaströsen Niederlage“.  

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte: „Das war ein schlimmes Ergebnis und dieses Ergebnis kann man nicht schön reden. Wir werden jetzt sehr intensiv dieses Ergebnis analysieren und über dieses Ergebnis sprechen.“ FDP-Chef Christian Lindner stellte am Montag am Rande von Gremiensitzungen klar: „Wir sind Freie Demokraten. Deshalb haben wir klare Überzeugungen. Und wir haben vielfach bewiesen, dass wir starke Nerven haben. Und deshalb geht die Arbeit für uns weiter.“ In Zeiten von Krieg und Krise würden weiterhin „die Interessen des Landes im Zentrum unserer Regierungsarbeit stehen.“

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Lindner stärkte zunächst dem nordrhein-westfälischen Spitzenkandidaten Joachim Stamp den Rücken:  „Wir sind eine liberale Familie und als liberale Familie stehen wir zusammen dann, wenn es etwas zu feiern gibt. Und wir stehen auch dann zusammen, wenn es traurige Anlässe gibt.“ Stamp habe in den vergangenen fünf Jahren in Nordrhein-Westfalen in einer Koalition Regierungsverantwortung getragen. Er habe seine eigenen Projekte mit Leidenschaft vorangetrieben und auch sehr engagiert Wahlkampf geführt in den vergangenen Wochen.

Spitzenkandidat Joachim Stamp konstatierte mit Blick auf die Zugewinne der Union, dass „die Erfolge der Regierung sehr stark vom Koalitionspartner vereinnahmt worden sind.“ Jetzt geht es für die Freien Demokraten an den Aufarbeitungsprozess: „Wir sind jetzt in einer Situation, wo wir prüfen müssen, wie wir auch unsere Kommunikation noch einmal verbessern, wie wir es, wie es uns zukünftig gelingt, dann auch anders zu mobilisieren“ Auch die historisch schwache Wahlbeteiligung macht ihm Sorge.

Er erwartet nun, dass eine schwarz-grüne Landesregierung gebildet wird. „Wir haben zwei klare Wahlgewinner. Und ich gehe davon aus, dass die beiden auch miteinander koalieren werden.“ Auf die Frage nach den Chancen einer Koalition aus SPD, Grünen und FDP sagte Stamp: „Die Frage stellt sich nicht, es wird jetzt Schwarz-Grün.“ Die CDU werde „für den Ministerpräsidentenposten im Zweifelsfall sämtliche Inhalte preisgeben“, sagte der NRW-Landeschef. Es brächte zwar nie etwas, eine Zusammenarbeit grundsätzlich auszuschließen. Eine Ampel stehe aber nicht zur Debatte, „weil es sowieso Schwarz-Grün geben wird“. 

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Handschrift der FDP war nicht sichtbar

Insgesamt zeigten sich die Freien Demokraten enttäuscht über das Wahlergebnis. „Das war ein sehr trauriger Tag gestern und auch heute der Tag fühlt sich nicht besser an. Das ist ein schlimmes Ergebnis gewesen“, sagte Djir-Sarai am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Gründe müsse man nun analysieren, sagte er im Deutschlandfunk. Es sei nicht gelungen, die Regierungserfolge positiv herauszustellen.

„Uns ist es nicht gelungen, deutlich zu machen, wo hier die Handschrift der FDP und die erfolgreiche Arbeit der FDP in der Landesregierung war. Dafür haben wir einen hohen Preis bezahlt.“ Doch trotz deutlicher Verluste der FDP sieht Djir-Sarai keine Auswirkungen auf die Arbeit der Ampel-Koalition in Berlin. Die FDP auf Bundesebene sei „sehr stabil“ und liege bei Umfragen bei acht bis zehn Prozent.

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Unzufriedenheit mit der Energiepreispauschale

Dieser Ansicht ist auch Christian Lindner. Er machte deutlich: „Jetzt geht es darum, dass wir unsere Regierungsvorhaben umsetzen. Wir wollen an den Zielen, die wir uns für unsere Regierungsbeteiligung gesetzt haben, im Bund gemessen werden.“ Er sieht neben den landespolitischen durchaus auch bundespolitische Gründe für die schweren Verluste bei der Landtagswahl. 

Zu dem „dramatischen Einbruch“ bei den über 60-Jährigen beispielsweise habe die große Unzufriedenheit mit der Energiepreispauschale beigetragen, sagte der Bundesvorsitzende. Im Straßenwahlkampf sei immer die Frage gekommen, warum es die Einmalpauschale von 300 Euro nicht auch für Rentner gebe. „Obwohl es gar nicht unser eigenes Modell war, auch nicht unser Projekt, ist das in besonderer Weise auch mit der FDP in Verbindung gebracht worden.“

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Im Zentrum steht das Regierungshandeln

Die Kommunikation dieser Gerechtigkeitsfrage im Gesamtpaket der Entlastungen sei nicht gelungen, sagte Lindner. „Daraus müssen wir auch für künftige politische Projekte der Koalition in Berlin unsere Konsequenz ziehen.“ Der FDP-Chef betonte, die Ampel-Koalition sei nie der „politische Wunschtraum“ der FDP gewesen. „Wir regieren in der Ampel aus staatspolitischer Verantwortung, weil CDU und CSU nach der Bundestagswahl nicht willens und in der Lage waren, eine Regierung zu bilden.“ Daran habe sich nichts geändert. Zudem herrsche jetzt Krieg in Europa und die Wirtschaft befinde sich in einer riskanten Lage.

Für ihn gilt nun: „Die FDP arbeitet verlässlich, die FDP arbeitet professionell in der Bundesregierung mit ihren Koalitionspartnern zusammen. Wir haben eine vertragliche Grundlage, und wir haben Herausforderungen, denen dieses Land sich zu stellen hat in Krieg und Krise. Die FDP nimmt die parteipolitische Profilierung nicht wichtiger als den Erfolg der Regierung in dieser Zeit.“

Er versprach: „Die FDP ist konzentriert darauf, in Krieg und Krise unser Land weiter gut zu führen. Unsere eigenen Themen werden wir konzentriert bearbeiten und auch dann zu guten Konsequenzen kommen.“