Haben ein massives Ausgabenproblem

In der Debatte über die Eckwerte für den Haushalt 2024 verlangt Finanzminister Christian Lindner eine Orientierung an den finanziellen Realitäten. Die Schuldenbremse müsse eingehalten und auf Steuererhöhungen verzichtet werden.

Christian Lindner
Christian Lindner wirbt dafür, die Wettbewerbsfähigkeit und das Vertrauen in die Marktwirtschaft zu stärken.

Die Haushaltsberatungen gestalten sich laut Finanzminister Christian Lindner so kompliziert wie lange nicht. Es müssten jetzt Prioritäten gesetzt werden. Mit Blick auf die Aufstellung der Eckwerte für den Bundeshaushalt 2024 fühle er selbst jedoch keinen gesteigerten Druck, sagte der FDP-Chef der Welt am Sonntag. „Im Gegenteil müssen die Kolleginnen und Kollegen ein Interesse an einer raschen Einigung haben, da ihre finanzwirksamen Projekte ja ohne Haushalt nicht vorangetrieben werden.“ Er werde erst den Schritt ins Kabinett machen, wenn er einen realistischen Etat-Entwurf vorlegen könne. Zuvor müsse im Kabinett noch einmal gemeinsam über finanzielle Realitäten gesprochen werden, mahnte Lindner an.

Lindner sieht weniger ein Einnahme-, als ein Ausgabenproblem. „Nach Jahren der Notlagenkredite, der Rücklagen und des Nullzinses ist die wirkliche Finanzlage sichtbar. Wir haben starke Einnahmen, aber die Ausgaben steigen viel zu schnell. Dieser Staat hat ein Kostenproblem. Es ist unsere moralische Pflicht gegenüber den Jüngeren, die Staatsfinanzen wieder in Ordnung zu bringen.“

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Vorrang für das, was Wirtschaftskraft und Wachstum stärkt

Seit längerem warnt Lindner zudem vor hohen Kosten wegen der aktuellen Tarifverhandlungen, die den finanziellen Spielraum für den Bund noch kleiner machen könnten, als er ohnehin schon sei. Die Haushaltsplanung für 2024 sei mit keiner Etatberatung der vergangenen zehn Jahre zu vergleichen. In den vergangenen Jahren hätten niedrige Zinsen und steigende Staatseinnahmen geholfen. Die Realität sei nun eine andere. „Zum ersten Mal seit über zehn Jahren müssen wir konsolidieren“, pocht er auf der Einhaltung der Schuldenbremse.

Dabei stehen dem Finanzminister zufolge nicht nur Vorhaben seiner Kollegen, sondern auch seine eigenen Projekte auf dem Prüfstand. „Meine Vorhaben stehen auch unter dem Vorbehalt einer Gesamteinigung auf den Haushalt“, sagte er. „Das gehört zur Fairness.“ Lindner würde er gerne eine zusätzliche „Bildungsmilliarde“ einplanen. Aber jede Parteinahme für das eine Vorhaben sei zwingend mit der Frage verbunden, auf was man dafür verzichte. Er werbe dabei jedoch dafür, allem Vorrang einzuräumen, was Wirtschaft und Wachstum stärke. „Denn daraus ergeben sich wieder Spielräume.“

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Unternehmer- und Erfindergeist entfesseln

Es habe in den vergangenen Jahren durch die Corona-Pandemie und die Energiekrise ein strukturelles Defizit gegeben, sagte der FDP-Chef in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Viele politischen Projekte seien nicht nachhaltig finanziert. „Deshalb werde ich jetzt das Problem lösen, dass wir ein strukturelles Defizit haben, indem wir an die Ausgaben herangehen“, fügte er hinzu. „Wir sind in der Situation, dass über Jahre der Appetit der Politik nach Mehrausgaben größer war als die Fähigkeit der Bürger, den Wohlstand zu erwirtschaften. Und das muss jetzt korrigiert werden.“

Die wirtschaftliche Zeitenwende sei noch nicht bei allen angekommen. Alle hätten gute Argumente und Vorhaben. „Aber die steigende Zinslast, steigende Sozialausgaben und andere Kosten zwingen uns dazu, Prioritäten zu setzen.“ Lindner mahnt: „Erst muss der Wohlstand erwirtschaftet werden, dann kann er verteilt werden.“ Daher plädiert er dafür, die Wettbewerbsfähigkeit und das Vertrauen in die Marktwirtschaft zu stärken. Unternehmer- und Erfindergeist müssten entfesselt werden. „Dann haben wir die Chance auf beachtliche Wachstumsraten aufgrund der massiven Investitionstätigkeit.“ Lindner ist überzeugt: „Deutschland kann in den 20er-Jahren dauerhaft Wachstumsraten von weit über zwei Prozent erleben, wenn wir es richtig machen.“

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Haushaltspolitik nachhaltig gestalten

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bekräftigte am Montag am Rande der Parteigremiensitzungen, dass es mit der FDP keine Steuererhöhungen geben werde. Es müsse darum gehen, solide Staatsfinanzen zur Richtschnur guten Regierungshandelns zu machen. Steuererhöhungen und strukturelle Mehrbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger und für die Wirtschaft würden nicht nur von der FDP, sondern auch gemäß des Koalitionsvertrages ausgeschlossen.

Er stellte klar: „Alles muss in Deutschland nachhaltig sein. Merkwürdigerweise vergessen wir oft in Deutschland, dass auch Finanzpolitik nachhaltig sein muss.“ Seiner Partei sei es daher außerordentlich wichtig, dass für künftige Generationen keine Belastungen durch eine falsche Finanzpolitik entstehen würden. Auch die Koalitionspartner müssten lernen, „dass man mit dem Geld, was der Staat zur Verfügung hat, arbeiten muss und dass kein Geld vom Himmel fallen wird.“ Die Politik müsse insgesamt mit dem Geld, was zur Verfügung steht, auskommen.

Auch sei solide Haushaltspolitik ein Instrument zur Inflationsbekämpfung. Er rechnete vor: „Wir haben heute eine völlig andere Zinsentwicklung als vielleicht vor drei, vier Jahren. Das heißt, die Schulden von heute würden unsere eigene Handlungsfähigkeit in der Politik wegnehmen. Und das wollen wir nicht. Das sollten wir auch nicht zulassen.“